Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
wir Sie nicht aufhalten“, erwiderte Lillian und entdeckte fasziniert eine gewisse Ähnlichkeit mit Westcliff im Gesicht der jungen Frau – nichts Bemerkenswertes, aber ein bestimmter Ausdruck der Augen, und das Lächeln …
    „Kommen Sie mit“, schlug Lady Olivia vor. Offensichtlich durch einen plötzlichen Impuls veranlasst, streckte sie die Hand aus. „Gerade hatte ich eine überaus interessante Unterhaltung mit dem Earl. Gern würde ich mit Ihnen darüber sprechen.“
    Gütiger Himmel. Er hatte es also seiner Schwester erzählt. Und vermutlich auch seiner Mutter. Lillian warf einen furchterfüllten Blick zu Daisy, die aber keine große Hilfe war.
    „Ich gehe in die Bibliothek und hole mir einen Roman“, verkündete Daisy gut gelaunt. „Der, den ich jetzt habe, ist ziemlich enttäuschend, und ich habe keine Lust, ihn zu Ende zu lesen.“
    „Gehen Sie zur letzten Reihe rechts, zwei Bretter über dem Boden“, schlug Lady Olivia vor. „Und schauen Sie hinter die Bücher, die vorne stehen. Da habe ich meine Lieblingsromane versteckt – schlimme Geschichten, die ein unschuldiges Mädchen nicht lesen sollte. Sie werden dadurch für immer verdorben sein.“
    Daisys dunkle Augen leuchteten auf, als sie das hörte. „Oh, vielen Dank!“ Ohne einen Blick zurück ging sie davon, und Lady Olivia lächelte.
    „Kommen Sie“, sagte sie und zog Lillian durch das Frühstückszimmer. „Wenn wir Schwestern werden sollen, wollen Sie bestimmt einige Dinge wissen. Ich bin eine unerschöpfliche Informationsquelle, und im Augenblick fühle ich mich ausgesprochen gesprächig …“
    Belustigt ging Lillian mit ihr zur Orangerie, die vom Frühstückszimmer abging. Es war warm, und es duftete gut.
    Die Sonne hatte beinahe ihren höchsten Stand erreicht, und durch die Gitter im Boden drang warme Luft herauf.
    „Es ist noch nicht ganz sicher, dass wir Schwestern werden“, bemerkte Lillian, als sie sich nebeneinander auf eine Bambusbank setzten. „Falls der Earl angedeutet hat, dass etwas festgelegt wurde …“
    „Nein, so weit ist er nicht gegangen. Doch er hat seine ernsthaften Absichten Ihnen gegenüber zum Ausdruck gebracht.“ Lady Olivias haselnussbraune Augen blitzten vor Heiterkeit, gleichzeitig lag ein wachsamer Ausdruck darin. „Zweifellos sollte ich zurückhaltend und taktvoll sein, aber ich kann es einfach nicht ertragen und muss die Frage stellen – werden Sie seinen Antrag annehmen?“
    Lillian, die sonst nie um Worte verlegen war, stellte fest, dass sie jetzt ebenso stotterte wie Evie. „Ich – ich …“
    „Verzeihen Sie“, sagte Lady Olivia mitleidig. „Alle, die mich kennen, werden bestätigen, dass ich mich gern in anderer Leute Angelegenheiten mische. Ich hoffe, ich habe Sie nicht gekränkt.“
    „Nein.“
    „Gut. Mit Menschen, die leicht gekränkt sind, scheine ich nicht gut klarzukommen.“
    „Ich auch nicht“, bekannte Lillian. Ihre Schultern entspannten sich, und beide lächelten. „Mylady, die Situation – auch wenn Sie wohl keine Einzelheiten kennen, außer, der Earl hat …“
    „Nein“, wurde sie von Lady Olivia beruhigt. „Wie immer hat mein Bruder kein Wort über Einzelheiten verloren. Er ist ein unerträglich verschwiegener Mann, der es mag, neugierige Menschen wie mich zu quälen. Fahren Sie fort.“
    „Die Wahrheit ist, ich würde seinen Antrag gern annehmen“, erklärte Lillian offen. „Aber ich habe noch ein paar Vorbehalte.“
    „Natürlich haben Sie die“, erwiderte Lady Olivia sofort. „Marcus ist ein einschüchternder Mann. Er macht alles gut und sorgt dafür, dass jeder das weiß. Niemand kann sich auch nur mit den einfachsten Dingen beschäftigen, wie zum Beispiel dem Zähneputzen, ohne dass er einen Rat dazu gibt, ob man besser außen oder innen anfängt.“
    „O ja.“
    „Ein schwer zu ertragender Mann“, fuhr Lady Olivia fort, „der darauf besteht, Dinge absolut zu sehen – richtig oder falsch, gut oder schlecht. Er ist eigensinnig und überheblich, nicht zu reden davon, dass es ihm unmöglich ist, einen Fehler einzugestehen.“
    Zweifellos wäre Lady Olivia noch länger mit ihrer Auflistung von Marcus’ Fehlern fortgefahren, doch Lillian verspürte den Wunsch, ihn zu verteidigen. Schließlich war es nicht ganz gerecht, ein so einseitiges Bild von ihm zu malen. „All das mag wahr sein“, sagte sie, „nur muss man Lord Westcliff gleichfalls zugutehalten, dass er ehrlich ist. Sein Wort hält er immer. Und selbst wenn er übermäßig

Weitere Kostenlose Bücher