Herbstfeuer
ihres Vaters zuhören musste.
„Sobald du zum Hindernis wirst für ein potenzielles Geschäft, packst du deine Koffer und reist zurück nach New York. Bisher ist diese Suche nach einem Gemahl in England teuer und improduktiv. Ich warne dich, Tochter, wenn deine Taten meine Verhandlungen mit dem Earl gefährdet haben …“
„Ich bin sicher, dass es so schlimm nicht ist“, mischte sich Mercedes rasch ein, als ihr Traum, einen adligen Schwiegersohn zu angeln, in Gefahr zu geraten schien. „Lillian wird sich bei Lord Westcliff entschuldigen, Lieber, und damit wird alles wieder seine Ordnung haben. Du wirst sehen.“ Sie blieb einen halben Schritt hinter ihm zurück und warf ihrer ältesten Tochter über die Schulter hinweg einen drohenden Blick zu.
Ein Teil von Lillian hätte sich am liebsten zu einem winzigen Ball zusammengerollt, während ein anderer kurz davor stand, vor Wut zu platzen. Gewöhnlich ließ ihr Vater nicht zu, dass irgendetwas oder irgendjemand seine Geschäfte störte, davon abgesehen interessierte es ihn nicht, was sie tat. Bisher hatte er von seinen Töchtern nur erwartet, dass sie ihn in Ruhe ließen. Hätte es ihre drei Brüder nicht gegeben, Lillian hätte niemals auch nur die geringste männliche Aufmerksamkeit erhalten.
„Um sicherzugehen, dass du die Gelegenheit erhältst, den Earl um Verzeihung zu bitten“, fuhr Thomas Bowman fort und blieb stehen, um Lillian einen Blick aus harten Augen zuzuwerfen, „bat ich ihn, uns vor dem Dinner in der Bibliothek zu empfangen. Dort wirst du dich bei ihm entschuldigen, bis er und ich gleichermaßen zufrieden sind.“
Abrupt blieb Lillian stehen und sah ihn mit großen Augen an. Bei der Vorstellung, dass Westcliff diese Szene arrangiert haben könnte, um sie zu demütigen, loderte ihre Abneigung heiß und glühend wieder auf. „Weiß er, warum du ihn um ein Treffen gebeten hast?“, brachte sie heraus.
„Nein. Ich glaube auch nicht, dass er eine Entschuldigung von einer meiner schlecht erzogenen Töchter erwartet.
Wie auch immer – wenn du keine zufriedenstellende Entschuldigung zustande bringst, wirst du England bald zum letzten Mal sehen – und zwar vom Deck eines Dampfschiffs nach New York.“
Lillian war nicht so dumm, die Worte ihres Vaters für eine leere Drohung zu halten. Sein Ton ließ keine Zweifel an der Ernsthaftigkeit seiner Absichten. Und die Vorstellung, England verlassen zu müssen und von Daisy getrennt zu werden …
„Jawohl, Sir“, sagte sie.
Schweigend ging die Familie weiter.
Im nächsten Moment fühlte sie, wie die Schwester ihre kleine Hand in die ihre schob. „Es hat nichts zu bedeuten“, flüsterte Daisy. „Sag es schnell, und dann ist es vorbei …“
„Ruhe!“, brüllte der Vater, und sie ließen einander los.
Tief in Gedanken versunken, achtete Lillian wenig auf ihre Umgebung, während sie ihre Familie zur Bibliothek begleitete. Die Tür war bloß angelehnt, und ihr Vater klopfte nur ein einziges Mal, ehe er seine Frau und die Töchter in den Raum schob. Es war eine schöne Bibliothek mit einer zwanzig Fuß hohen Decke, verschiebbaren Leitern und Galerien, die eine nicht zu schätzende Anzahl von Büchern enthielten. Das Aroma von Leder, Samt und frisch gewachstem Holz hing schwer in der Luft.
Lord Westcliff, der sich über den antiken Schreibtisch gebeugt hatte, die Hände auf der Oberfläche verschränkt, blickte von seinen Papieren hoch. Er richtete sich auf und kniff die Augen zusammen, sobald er Lillian sah.
Dunkel, ernst und makellos gekleidet, war er das perfekte Abbild des englischen Aristokraten, mit korrekt gebundenem Halstuch und straff zurückgekämmtem dichtem Haar. Es war vollkommen unmöglich, in ihm den Mann wiederzuerkennen, der übermütig und unrasiert im Stallhof mit ihr zu Boden gesunken war.
„Vielen Dank, dass Sie einverstanden waren, mich hier zu treffen, Mylord“, sagte Thomas Bowman kurz angebunden. „Es wird nicht lange dauern.“
„Mr. Bowman“, begann Westcliff leise, „ich hatte nicht mit dem Vergnügen gerechnet, auch Ihre Familie hier zu treffen.“
„Ich fürchte, das Wort ‚Vergnügen‘ trifft den Sachverhalt nicht ganz“, erwiderte Thomas verstimmt. „Wie es aussieht, hat eine meiner Töchter sich in Ihrer Gegenwart schlecht benommen. Sie möchte ihr Bedauern darüber aussprechen.“ Er schob Lillian nach vorn. „Fang an.“
Westcliff runzelte die Stirn. „Mr. Bowman, es ist nicht nötig …“
„Gestatten Sie meiner Tochter zu
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