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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Möglichkeit bot, den Speisesaal zu verlassen, sogar schicklich in Begleitung ihrer Schwester, und sie nickte. „Ja, ich würde sie sehr gern sehen.“
    „Ich auch“, ließ sich Daisy vom anderen Ende der Tafel her vernehmen. Sofort stand sie auf und nötigte damit alle Gentlemen, sich ebenfalls von ihren Stühlen zu erheben. „Wie aufmerksam von Ihnen, sich an unser Interesse für die Insektenwelt Hampshires zu erinnern, Mylord.“
    Westcliff half Lillian beim Aufstehen. „Atmen Sie durch den Mund“, flüsterte er ihr zu. Bleich und schweißbedeckt, wie sie war, gehorchte sie.
    Alle Blicke waren auf sie gerichtet. „Mylord“, sagte einer der Gentleman, Lord Wymark. „Darf ich fragen, auf welche seltene Art von Schmetterlingen Sie sich beziehen?“
    Einen Augenblick lang zögerte er, dann erklärte Westcliff: „Die purpurgefleckte …“ Er hielt inne, ehe er fortfuhr: „… Silberne Acht …“
    Wymark runzelte die Stirn. „Ich halte mich für so etwas wie einen Fachmann, Mylord. Und während ich die Goldene Acht sehr wohl kenne, die nur in Northumberland vorkommt, habe ich von einer Silbernen Acht noch nie etwas gehört.“
    Eine Pause entstand. „Es ist ein Hybrid“, sagte Westcliff. „Morpho purpureus practicus. Soweit ich weiß, hat man ihn allein in der Umgebung von Stony Cross beobachtet.“
    „Wenn ich darf, würde ich gern ebenfalls einen Blick auf die Kolonie werfen“, erklärte Wymark und legte seine Serviette auf den Tisch, um sich zu erheben. „Die Entdeckung eines neuen Hybriden ist immer bemerkenswert …“
    „Morgen Abend“, erklärte Westcliff mit fester Stimme. „Die Silberne Acht – reagiert sehr empfindlich auf menschliche Gegenwart. Auf keinen Fall möchte ich eine so sensible Spezies gefährden. Ich halte es für das Beste, sie in kleinen Gruppen von zwei oder drei Personen zu besichtigen.“
    „Jawohl, Mylord“, entgegnete Wymark offensichtlich verstimmt und setzte sich wieder. „Dann morgen Abend.“
    Dankbar ergriff Lillian Westcliffs Arm, während Daisy den anderen nahm, und dann verließen sie sehr würdevoll den Saal.

10. KAPITEL
    Die Übelkeit hätte Lillian beinahe überwältigt, als Westcliff sie zum äußeren Gewächshaus führte. Der Himmel hatte sich lilafarben verfärbt, die herabsinkende Dunkelheit wurde nur vom Licht der Sterne erhellt und von den gerade entzündeten Fackeln. Sobald sie die frische, süße Abendluft spürte, atmete sie sie in tiefen Zügen ein.
    Westcliff geleitete sie zu einem Stuhl und brachte für sie weit mehr Mitgefühl auf als Daisy, die sich an eine Säule lehnte und von Lachkrämpfen geschüttelt wurde.
    „Oh – oh, Himmel …“, stieß sie hervor und tupfte sich die Tränen von den Augen. „Dein Gesicht, Lillian – du wurdest so grün wie eine Birne. Ich dachte schon, du würdest dich vor allen Leuten übergeben.“
    „Das dachte ich auch“, sagte Lillian und schüttelte sich.
    „Mir scheint, Sie schätzen Kalbskopf nicht sehr“, meinte Westcliff und setzte sich neben sie. Er zog ein weiches weißes Taschentuch aus seinem Mantel und tupfte damit Lillians feuchte Stirn ab.
    „Ich mag überhaupt nichts“, erklärte Lillian matt, „das mich ansieht, kurz bevor ich es essen soll.“
    Daisy holte lange genug Atem, um zu sagen: „Es hat dich nur ganz kurz angesehen …“ Sie hielt inne und fügte hinzu: „Bis seine Augen herausgenommen wurden!“ Wieder schüttelte sie sich vor Lachen.
    Lillian blickte zu ihrer Schwester hin und schloss vor Schwäche die Augen. „Um Himmels willen, musst du unbedingt …“
    „Atmen Sie durch den Mund“, erinnerte Westcliff sie. Er wischte ihr mit dem Taschentuch über das Gesicht und beseitigte so die letzten Spuren des Schweißes. „Versuchen Sie, den Kopf nach unten zu halten.“
    Gehorsam senkte Lillian ihre Stirn auf die Knie. Sie fühlte seine Hand nahe an ihrem kühlen Nacken, wo er die Starre mit exquisiter Sanftheit wegmassierte. Seine Finger waren warm und ein wenig rau, und die leichte Massage war so angenehm, dass die Übelkeit bald nachließ. Er schien ganz genau zu wissen, wo er sie berühren sollte, fand mit den Fingerspitzen die empfindsamsten Stellen an ihrem Nacken und ihren Schultern und beseitigte den Schmerz. Während sie stillhielt, spürte Lillian, wie ihr ganzer Körper sich entspannte und sie gleichmäßig und tief atmete.
    Viel zu bald fühlte sie, wie er sie aufrichtete, und sie musste einen Protest unterdrücken. Verlegen stellte sie fest, dass

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