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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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die
Idee, dass er sich diesen Schwachsinn aus den Fingern gesogen hat, bloß um
einen Aufreißer zu landen und euch zu leimen?«
    Feuersang hätte Grabowksy mit Wonne seine ganz persönliche Meinung
aufs Auge gedrückt, beließ es aber bei einer Floskel: »Hier geht es um ernste,
um sehr ernste Vorwürfe, Bruno, und denen muss in
jedem Fall nachgegangen werden. Können Sie mir nicht wenigstens sagen, wer Sie
ans Heiligenkreuz-Spital vermittelt hat? Das ist doch eigentlich eine Klinik
für Gestopfte. Wie also sind Sie dorthin gekommen?«
    »Das Heiligenkreuz-Spital hat auch eine Abteilung für
Kassenpatienten«, mischte sich der beaufsichtigende Arzt ein.
    Feuersang schnaubte erbost. »Herr Doktor! Leiten Sie die Vernehmung oder ich ?«
    »Sie haben sie geleitet, Herr Inspektor.«
    »Abteilungsinspektor.«
    »Bitte, dann eben Herr Abteilungsinspektor !
Aber die Zeit ist längst überschritten. Sehen Sie nicht, wie hinfällig der
Patient ist? Eine weitere Beanspruchung kann ich beim besten Willen nicht
verantworten.«
    Feuersang versuchte es ein letztes Mal: »Durch Ihr Schweigen bringen
Sie viele Menschen in Gefahr, Bruno. Vielleicht auch solche, die Ihnen in den
letzten Wochen geholfen haben.«
    Grabowsky zuckte nur mit seinen knochigen Schultern. Ein Götz-Zitat
ohne Worte.
    ***
    Unmittelbar nach Feuersangs Bericht wurde Jacobi telefonisch in
Waschhüttls Büro zitiert. Kaum war er eingetreten, legte der Oberst auch schon
los: »So geht das nicht, Jacobi. Wir sind hier weder im Pentagon, noch haben
wir dessen Kapazitäten. Weider blockiert fast alle Leitungen des Referats, und
das gesamte LGK jagt nur noch diesem … diesem
Hirngespinst von Ihnen hinterher. Die übrige Arbeit bleibt liegen. Abgesehen
davon haben Sie es nicht mal der Mühe wert gefunden, Hofrat Kandutsch und mich
in Ihr Monsterprojekt einzuweihen. Außerdem haben Sie vergessen – rein zufällig
natürlich –, mich über die Festnahme dieses Aidskranken in Kenntnis zu setzen.
Wie heißt er doch gleich?«
    »Bruno Grabowsky, Herr Oberst. Ich war eben dabei, einen
provisorischen Bericht auf Band zu sprechen, als ich zu Ihnen gerufen wurde.
Und die Formulierung Hirngespinst muss ich
zurückweisen. Es war vereinbart, im Fall Cermak weiterzuermitteln, und nichts anderes
tun wir. Mittlerweile erhärtet sich der Verdacht, dass wir einem der größten
Verbrechen der Nachkriegsgeschichte auf der Spur sind.«
    »Soso. Überheben Sie sich nur nicht! Ich nehme an, Ihre
diesbezüglichen Vermutungen stützen sich auf die Phantastereien eines gewissen
Kurt Schremmer. Ich erinnere mich noch mit Schaudern an seinen Reißer
›Alpenstrahlen‹. Wer hatte denn am Ende den Scherben auf? Wir, das LGK ! Eine anrüchigere Informationsquelle haben Sie sich
wohl nicht aussuchen können, was?«
    »Schremmers Ermittlungsergebnisse basieren manchmal auch auf
Spekulationen, das ist wahr«, räumte Jacobi ein, »aber er wäre kein guter
Journalist, würde er nicht hie und da instinktiv auf den Busch klopfen. Und
selbst mit diesen Blindschüssen trifft er häufig ins Schwarze. Wie auch damals
mit den geheimen Atommülltransporten. Die haben ja tatsächlich stattgefunden
und waren nicht im Geringsten ein Hirngespinst.«
    Gelassen hielt Jacobi dem Was-erlauben-Sie-sich-Blick seines
Vorgesetzten stand, doch hinter seinen Dackelstirnfalten rumorte es kräftig.
Wer hatte Waschhüttl auf Schremmer gebracht? Seine Leute bestimmt nicht. Die
konnten den Oberst allesamt nicht leiden. Der Tipp musste von außen gekommen
sein.
    »Und selbst wenn die Grabowsky-Akte nur aus Spekulation bestehen
würde, wie Sie unterstellen«, fuhr er fort, »so stünden immer noch der
unbekannte Teilhaber Cermaks und der Mordanschlag auf Sarah Feldbach zur
Debatte.«
    Er ließ bewusst unausgesprochen, wer in beiden Fällen der Initiator
der Ermittlungen gewesen war und damit Schlimmeres verhütet hatte. Waschhüttl,
der monomanische Beamte, hatte den Weltmann Vogt nie gemocht – eine
Gefühlsregung, die auf Gegenseitigkeit beruhte. Vogt war als
Sicherheitsdirektor ein Ass gewesen und hätte seinen behäbigen Nachfolger
Kandutsch im direkten Vergleich zehnmal in den Sack gesteckt. An seinen
Mitarbeitern hatte er vor allem Intuition und gesunden Menschenverstand
geschätzt. Aktenerlediger und Radfahrer hatte er verabscheut und das Waschhüttl
nicht nur einmal spüren lassen. Eben deshalb hätte dieser seine Stellungnahme
liebend gern ignoriert. Aber Vogt hatte mächtige Freunde – und Feinde, die ihn
immer

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