Hercule Poirot schläft nie
schlechter Kerl, wissen Sie.«
Poirot lauschte teilnahmsvoll, während Sir George se i nem angestauten Groll Luft machte: Der Mangel an E nergie und Standvermögen bei der jüngeren Generation. Die Rücksichtslosigkeit der Mütter, die ihre Kinder ve r zogen und immer für sie Partei ergriffen. Der Fluch der Spielleidenschaft, vor allem bei Frauen. Die Verrücktheit, um höhere Einsätze zu spielen, als man es sich leisten konnte. Sir George sprach ganz allgemein und spielte nicht direkt auf seine Frau oder seinen Sohn an, aber er war ein so ehrlicher und offener Mensch, dass sich u n schwer erraten ließ, auf wen seine Worte gemünzt waren.
Plötzlich unterbrach er sich.
»Entschuldigen Sie, ich sollte Sie nicht behelligen mit Dingen, die weitab vom Thema liegen, schon gar nicht mitten in der Nacht – beziehungsweise frühmorgens.«
Er unterdrückte ein Gähnen.
»Ich schlage vor, Sir George, Sie begeben sich nun zur Ruhe. Haben Sie vielen Dank für Ihre überaus lieben s würdige Hilfe.«
»Gut, ich werde mich hinlegen. Meinen Sie wirklich, es besteht eine Chance, die Pläne wiederzubekommen?«
Poirot zuckte die Achseln. »Warum nicht? Ich will es jedenfalls versuchen.«
»Na ja, ich gehe jetzt. Gute Nacht.« Er verließ das Zimmer.
Poirot blieb in seinem Sessel sitzen und blickte nac h denklich an die Decke. Dann zog er ein kleines Noti z buch hervor, blätterte bis zu einer leeren Seite und b e gann zu schreiben.
Mrs Vanderlyn?
Lady Julia Carrington?
Mrs Macatta?
Reggie Carrington?
Mr Carlile?
Darunter notierte er:
Mrs Vanderlyn und Mr Reggie Carrington?
Mrs Vanderlyn und Lady Julia?
Mrs Vanderlyn und Mr Carlile?
Er schüttelte unzufrieden den Kopf und brummte: »C’est plus simple que ca.«
Dann fügte er noch ein paar Sätze an.
»Sah Lord Mayfield einen Schatten? Wenn nicht, warum hat er es behauptet? Hat Sir George etwas gesehen? Er erklärte, nichts gesehen zu haben, nachdem ich den Rasen untersucht hatte. Anmerkung: Lord Mayfield ist kurzsichtig liest ohne Brille, braucht aber ein Monokel, um Gegenstände am anderen Ende des Zimmers zu erkennen. Sir George ist weitsichtig. Deshalb sind seine Augen in diesem Fall verlässlicher als die von Lord Mayfield. Doch Lord Mayfield behauptet steif und fest, er habe etwas gesehen, und lässt sich durch seinen Freund nicht vom G e genteil überzeugen!
Kann ein Mensch so über allen Verdacht erhaben sein, wie Mr Carlile zu sein scheint? Lord Mayfield beteuert nachdrücklich seine Unschuld. Zu nachdrücklich. Warum? Weil er ihn insg e heim verdächtigt und sich über seinen Verdacht schämt? Oder weil er einen Verdacht gegen eine andere Person hat? Das hieße, jemand anders als Mrs Vanderlyn?«
Er steckte das Notizbuch ein, stand auf und ging hinüber ins Arbeitszimmer.
5
Lord Mayfield saß an seinem Schreibtisch, als Poirot ins Arbeitszimmer trat. Er drehte sich hastig herum, legte den Federhalter weg und blickte Poirot fragend entgegen.
»Nun, Monsieur Poirot, ist Ihr Interview mit Sir George beendet?«
Poirot lächelte und nahm Platz.
»Ja, Lord Mayfield. Er hat mich über einen Punkt au f geklärt, der mir einiges Kopfzerbrechen bereitet hatte.«
»Und was war das?«
»Der Grund für Mrs Vanderlyns Hiersein. Sie begreifen, ich hielt es für möglich…«
Mayfield erkannte sofort die Ursache von Poirots etwas übertriebener Verlegenheit.
»Sie dachten, ich habe eine Schwäche für die Dame? Keine Spur! Weit davon entfernt. Komisch. George dac h te das gleiche.«
»Ja, er erzählte mir von dem Gespräch, das Sie über di e ses Thema hatten.«
Lord Mayfield machte ein ziemlich betretenes Gesicht.
»Mein kleiner Plan ging leider schief. Ärgerlich, zugeben zu müssen, dass eine Frau einen hereingelegt hat.«
»Ah, aber noch hat sie es nicht geschafft, Lord Ma y field.«
»Sie denken, wir haben noch eine Chance? Na, das freut mich zu hören. Ich möchte gern glauben, dass es stimmt.« Er seufzte. »Mir scheint, ich habe mich wie ein kompletter Esel benommen – vor lauter Freude über meinen hübschen Plan, die Dame in eine Falle zu l o cken.«
Hercule Poirot zündete sich eine seiner kleinen Zigare t ten an.
»Wie war denn eigentlich Ihr Plan, Lord Mayfield?«
»Nun…« Lord Mayfield zögerte. »Die genauen Einze l heiten hatte ich mir noch nicht überlegt.«
»Sie haben mit niemand darüber gesprochen?«
»Nein.«
»Auch nicht mit Mr Carlile?«
»Nein.«
Poirot lächelte. »Sie handeln gern
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