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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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Werkzeuge aussehen, nur so konnte es funktionieren, ihre ganze Macht zu entfesseln und sie dennoch zu bändigen.
    Auf einmal wusste Hiroshi, dass er nur so die letzten Geheimnisse der Nano-Roboter erfahren würde.
    Die Frage war bloß, ob es, wenn er sich darauf einließ, je wieder einen Weg zurück geben würde.
    Aus der selbst gewählten Klausur zu kommen war wie eine Erlösung. Hiroshi fühlte sich, als sei er eingefroren gewesen und wieder aufgetaut worden. Die Speisesäle waren jetzt voll und laut, aber das störte ihn nicht im Mindesten, im Gegenteil, er kam sich dadurch angenehm unsichtbar vor. Er beobachtete alte Ehepaare und junge Familien, quengelnde Kinder, Streit und Harmonie. Am Strand war er nun beileibe nicht mehr der einzige Spaziergänger; Kinder in dicken bunten Parkas tobten über den Sand, warfen Steine ins Wasser oder ließen Drachen steigen, während ihnen ihre Eltern lächelnd zusahen. Und es war behaglich, abends in der Bierbar zu sitzen, an einer Theke, über der ein Fernseher alles überdröhnte, die Gespräche der anderen, das Rattern der Spielautomaten und das Klacken der Billardkugeln im Hintergrund.
    Hier erfuhr Hiroshi Kato von der Katastrophe.
    Zuerst war da ein wettergegerbter Mann auf dem Bildschirm, der eine blaue Strickmütze auf dem Kopf trug und aufgeregt gestikulierend »Überall! Überall! Bis zum Horizont!« rief, was alles Mögliche bedeuten konnte und Hiroshi nur verwundert die Stirn runzeln ließ. Sein Bier kam, der erste Schluck schmeckte gut, und das Bild wechselte zu einem Strand, der mit irgendwelchen weißen Dingern bedeckt war, die Männer in Schutzanzügen und mit Atemmasken vor dem Gesicht auf Lastkarren schaufelten.
    Die weißen Dinger waren tote Fische.
    Hiroshi setzte das Glas ab, mit einem jähen Gefühl nahenden Unheils.
    »Eine Katastrophe für die Fischerei«, erklärte ein bebrillter Mann in einem Anzug, Professor an der Universität von Tokio.
    Wissenschaftler gingen davon aus, dass es sich um eine bislangunbekannte Seuche handele, erläuterte der Moderator der Sondersendung. Dafür spreche vor allem das Ausbreitungsmuster: Trage man die Meldungen, wo überall riesige Teppiche toter Fische gesichtet worden seien, auf eine Weltkarte auf, dann sehe man deutlich, dass die Epidemie ihren Ursprung vor der südjapanischen Küste habe. Ein Diagramm wurde eingeblendet, das diese Aussage grafisch untermalte. »Die Vereinten Nationen«, fügte der Moderator hinzu, »haben eine Sondersitzung einberufen.« Die Suche nach dem Erreger laufe bereits auf Hochtouren.
    Hiroshi saß starr vor Entsetzen. Er hatte etwas falsch gemacht, entsetzlich falsch.
    Er zahlte, ließ den Rest seines Biers stehen, kehrte auf sein Zimmer zurück und musste an sich halten, unterwegs nicht zu rennen. Der Flur, obwohl inzwischen weitgehend ausgebucht, lag still und leer. Mit dem Zauberstab und einem weiteren Komplex seiner Quecksilbersammler ging Hiroshi zu dem Aquarium vor dem Aufzug. Der Fisch glotzte ihn an, als ahne er, was los war.
    »Tut mir leid, mein Freund«, flüsterte Hiroshi schmerzvoll. »Aber ich muss es ganz sicher wissen.«
    Er gab die Naniten ins Wasser, aktivierte sie und wartete. Nichts. Um nicht so auffällig herumzustehen, setzte sich Hiroshi in die kleine Sitzgruppe neben dem Aufzug, wo niemals jemand saß, und nahm einen der dort ausliegenden Prospekte in die Hand, als lese er. Der Fisch starrte ihn weiterhin unverwandt an.
    Gerade als Hiroshi sich fragte, ob der Komplex in dem Aquarium wohl genügend Rohstoffe finden mochte, um sich zu replizieren, geschah es: Der Fisch schloss die Augen, zuckte mehrmals unkontrolliert, drehte sich dann und trieb mit dem Bauch nach oben zur Wasseroberfläche.
    Hiroshi legte den Prospekt weg, stand auf und ging in sein Zimmer zurück. Daran hatte er nicht gedacht. Die Fische, die in den heutigen Ozeanen lebten, hatten natürlich das darin befindliche Methylquecksilber im Körper eingelagert, genau wiealle anderen Verschmutzungen, die das Meerwasser inzwischen enthielt. Die Sammelroboter, die er auf die Reise geschickt hatte, waren zu winzig, als dass sie einen Unterschied zwischen Wasser und dem Körper eines Fisches machten; sie rissen den Tieren das Quecksilber aus dem Leib, und wenn sie das zu oft taten, töteten sie sie damit.
    Und in diesem Fall nutzte ihm der Selbstmordbefehl nichts, denn unter Wasser erreichten die Funkwellen die Naniten nicht.
    Hiroshi brauchte sieben Tage ununterbrochener Arbeit, um einen weiteren Komplex

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