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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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herzustellen, einen, der imstande war, Quecksilbersammler zu jagen und zu zerstören. In dieser Zeit breitete sich das rätselhafte Fischsterben über die ganze Welt aus, erregte heftige öffentliche und wissenschaftliche Debatten und ließ Fachleute Schlimmes für die Zukunft der Welternährung prophezeien. Mehrere Fischarten waren bereits akut in ihrem Fortbestand gefährdet. Die Suche nach dem Erreger der Seuche dagegen war bis jetzt ergebnislos verlaufen.
    Am Morgen des Tages vor Weihnachten setzte Hiroshi seinen Jägerkomplex aus und aktivierte ihn. Dann zahlte er und reiste ab.
    In Tokio traf er seine Mutter nicht zu Hause an. Sie sei auf dem Friedhof, erklärte ihm eine Nachbarin, der er vor der Tür begegnete und die ihn kannte, obwohl er jeden Eid geschworen hätte, sie noch nie gesehen zu haben.
    »Was für ein Friedhof?«, fragte Hiroshi. »Und was macht sie dort?«
    »Der Aoyama-Friedhof«, sagte die kleine, faltige Frau. »Du kannst die U-Bahn von Hiroo bis Ebisu nehmen. Es ist die Nummer 34.«
    Der Aoyama war der begehrteste Friedhof Tokios. Man musste ziemlich reich sein und außerdem Glück bei der Verlosung haben, um seine Asche dort beisetzen lassen zu dürfen. Was tat seine Mutter dort?
    Sie war tatsächlich da und pflegte ein Grab, eine schmalegraue Marmorsäule mit einem Pflanzenbecken von der Größe einer Salatschüssel. »Ach, du bist’s«, begrüßte sie ihn, ohne innezuhalten.
    Hiroshi trat neben sie und las die Inschrift. Es war das Grab Inamotos.
    »Letzten August. Das Herz. Genau am Bon-Fest. Seltsam, oder?« Seine Mutter legte die Schaufel beiseite, mit der sie hantiert hatte, und stand auf.
    »Ist das jetzt dein neuer Job?«, fragte Hiroshi.
    Sie zog ihre grünen Gummihandschuhe aus, den Blick unverwandt auf das Grabmal gerichtet. »Er hat um mich geworben. Dreimal hat er mich gebeten, seine Frau zu werden. In unserem Alter! Dieser verrückte Mann.« Sie sah Hiroshi an. In ihren Augenwinkeln schimmerten kleine Tränen wie Quecksilberperlen. »Ich hab immer Nein gesagt. Und jetzt tut es mir leid. Jetzt, wo es zu spät ist.«
    Hiroshi sagte nichts. So standen sie eine Weile einfach da und schwiegen.
    »Manchmal denke ich, das ist das ganze Leben«, erklärte er schließlich. »Ständig erkennt man, dass man etwas falsch gemacht hat und dass es zu spät ist, es zu ändern.«
    Seine Mutter legte ihren Arm um ihn. Er hatte das Gefühl, dass sie kleiner geworden war.
    »Es ist schön, dass du da bist«, sagte sie. »Eine schöne Überraschung.«
5
    Diesmal war der Flug nach Buenos Aires anstrengender als sonst. Was vielleicht an der schlechten Luft in der Kabine lag, die ihr Kopfschmerzen und einen unangenehmen Druck hinter den Augen verursachte. Jedenfalls war Charlotte froh, dass am Flughafen alle vier auf sie warteten, Brenda, Thomas, Jason und Lamita.
    »Du bist unser gemeinsames Weihnachtsgeschenk«, meinte Brenda zur Begrüßung. »Deswegen sind wir alle gekommen.«
    Charlotte umarmte sie der Reihe nach. Nicht einmal Jason wehrte sich. Ihr war nach Weinen zumute, aber das wollte sie sich nicht anmerken lassen. An Weihnachten weinte man doch nicht!
    Lamita trug ein hübsches Kleid und sprach inzwischen schon ganz passabel Englisch und Spanisch, Letzteres sogar noch etwas besser. Und sie ließ sich, wie Charlotte auf dem Weg durch die Hallen beobachtete, von ihrem Adoptivbruder auch nicht mehr alles gefallen. Als Charlotte Brenda ein Kompliment zu Lamitas Kleid machte und die aufwendigen Applikationen darauf lobte, zog die sie beiseite und raunte: »Das hat sie sich selber gemacht, stell dir vor! Kommt sie eines Tages mit Stoffresten aus dem Sack für die Altkleidersammlung und fragt, ob sie das haben kann. Klar, sage ich. Dann bittet sie mich um Nadel und Faden und näht es sich selber auf ihr Kleid!«
    »Aber das sieht richtig gut aus«, staunte Charlotte. »Womöglich wird sie mal Modedesignerin?«
    Brenda hob die Schultern. »Irre, oder? Aber inzwischen würd’s mich nicht mehr wundern.«
    Unbarmherzige Hitze, als sie aus dem Flughafen ins Freie traten. Der Hochsommer machte ihre Kopfschmerzen auch nicht besser. Und die Fahrt in die Stadt hinein schien kein Ende nehmen zu wollen.
    »Was machen denn deine Forschungen?«, fragte Charlotte Thomas irgendwann, um auf andere Gedanken zu kommen.
    Der lachte auf. »Oje. Ganz schlechtes Thema fürs Fest der Liebe.«
    »So schlimm?«
    »Weißt du, sobald es um die Frage geht, wer wann welche Gegend zum ersten Mal besiedelt hat, wird es gleich

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