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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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so ein, dass sie dort eine ausgedehnte Pause einlegte. Dies war ihr letzter Sommer; wenn sie jetzt nicht Eis aß, wann dann?
    Die Stille kehrte zurück, verließ sie nicht mehr. Wenn sie unterwegs war, betrachtete sie das Treiben der Menschen mit einem Blick, als gehöre sie bereits nicht mehr dazu. Die meisten hatten es eilig, viele wirkten unzufrieden, begierig, ärgerlich, und niemand schien sich dessen bewusst zu sein, dass er lebte und was für eine unglaubliche Sache das an sich schon war. Charlotte beobachtete es mit Nachsicht, weil sie sich gut daran erinnerte, dass sie genauso gewesen war.
    Schließlich begann sie Briefe zu schreiben, an frühere Freunde, an ehemalige Liebhaber, an alle, bei denen sie, wenn sie an sie dachte, das Gefühl hatte, dass noch etwas zu klären, noch etwas zu sagen war.
    Sie schrieb Gary an seine alte Adresse in Belcairn, weil sie die in London nicht mehr hatte. Sie schrieb ihm, wie es um sie stand und dass sie oft daran denken musste, wie sie sich in Moskau getroffen hatten und an den Abend unter der Brücke in Istanbul. Dass ihr seine Hingabe an seine Arbeit imponiert hatte und auch, dass er unbestechlich geblieben war, als er das gefälschte Cembalo gekauft hatte. Dass sie ihn geliebt habe, solange es eben gegangen war, dass sie froh war, ihn gekannt zu haben, und dass sie ihm und Lilith alles Gute wünschte.
    Sie schrieb an Adrian, einfach um ihm zu danken, wie er dieExpedition geführt hatte. Er war der Einzige, der postwendend antwortete, mit einem langen, einfühlsamen Brief, in dem er seine Bestürzung über ihr Schicksal zum Ausdruck brachte und ihr alles Gute wünschte. Sie musste weinen, als sie seinen Brief gelesen hatte, und dann wieder lachen, als sie ein Postscriptum entdeckte, wonach er sie von Morley grüßen solle, der leider beim Umräumen seines Bücherregals von der Leiter gefallen sei und sich einen komplizierten Unterarmbruch zugezogen habe, weswegen er zurzeit eine unzumutbare Sauklaue habe.
    Sie schrieb sogar an James. Das war ein schwerer Brief, der sie viele Tage kostete. Sie gestand ihm schließlich, die ganze Zeit geahnt zu haben, dass er nebenbei Affären hatte – dass jede Frau so etwas ahne –, dass sie aber die Augen davor verschlossen und sich gesagt habe, dass das nichts mit ihr zu tun hätte, sondern dass er eben etwas ausleben müsse. Sie fügte hinzu, dass sie inzwischen ihr eigenes Verhalten damals dumm fand; dass ihr heute klar war, dass ihr sein Verhalten auf eine eigenartige Weise geschmeichelt hatte – denn die anderen Mädchen hatte er ja immer wieder aufgegeben, um zu ihr zurückzukommen –; dass sie sich auf diese Weise eine würdelose Selbstbestätigung verschafft hatte. Sie schrieb ihm, dass sie es bedauerte, nicht von Anfang an klare Verhältnisse gefordert zu haben, und dass sie darin, dies nicht getan zu haben, ihren eigenen Anteil am Scheitern ihrer Beziehung sehe.
    Zum Schluss versuchte sie, einen Brief an Hiroshi zu schreiben, aber das wollte ihr nicht gelingen. Es hätte so viel zu sagen gegeben und zugleich nichts. All ihre Versuche, in Worte zu fassen, was sie für ihn empfand, gerieten zu konfusen Sätzen, die sie beim Wiederlesen selber nicht mehr verstand. Warum waren sie nie ein Paar geworden, wie er es sich einmal so sehr gewünscht hatte? Sie waren sich immer sehr nah gewesen, und hätte sie nicht stets dieses Prickeln gespürt, sie hätte gesagt, dass ihr Verhältnis eher das von Geschwistern war als das eines Liebespaars. So aber verstand sie es nicht, und der Brief blieb, zahllose Male neu angefangen, unvollendet.
    »Ja, das ist sie.« Coldwell nickte und gab James das Foto zurück. »Die war damals in Hongkong bei ihm.«
    James spürte seine Unterkiefer mahlen; ein nervöser Tick, gegen den er zusehends machtlos wurde. »Und aus welchem Grund war sie dabei? Hat er dazu irgendwas gesagt?«
    Der stiernackige Mann hob die Schultern. »Es hieß nur, der Erfinder werde gemeinsam mit seiner Muse kommen. Keine Ahnung, was das sollte.«
    »Mit seiner Muse? «
    »Kennen Sie die Frau etwa?«
    James kratzte sich mit der Oberkante des Fotos über das Kinn. »Ja. Allerdings. Und ich weiß, wo sie sich im Moment aufhält.« Er legte das Bild zurück in die Mappe. »Kato wird irgendwann bei ihr auftauchen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Setzen Sie Ihre Leute in Marsch und lauern Sie ihm auf!«
    Der April neigte sich dem Ende zu und mit ihm der Spätsommer in Buenos Aires. Noch ein paar schöne Tage, hatte der

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