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Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge

Titel: Herr aller Dinge - Eschbach, A: Herr aller Dinge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Eschbach
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lesen. »Den Kaffee so stark wie möglich. Und dazu Orangensaft, eine Riesenkanne am besten.«
    »Ja, Mister Bennett«, antwortete Madeleine. »Kommt gleich.« Madeleine stammte aus Louisiana, und einer ihrer größten Vorzüge war, dass sie noch wusste, wie sich Dienstboten zu benehmen hatten. Zu dumm, dass sie bald in Rente ging; ein angemessener Ersatz für sie würde sich vermutlich nicht so leicht finden lassen.
    Den großen Glaskrug mit frischem Orangensaft brachte sie sofort, und James stürzte das erste Glas hinunter, während er die Baseballseiten überflog. Kopfweh plagte ihn, nach wie vor. Als endlich der Kaffee vor ihm stand, fiel ihm die Unruhe auf, die im Haus herrschte.
    »Was ist denn heute los?«, fragte er, als Madeleine ihm den Teller mit dem Rührei und dem Speck hinstellte.
    Sie neigte den Kopf zur Seite. » Perihelion- Treffen. Merkur, am Montag.«
    »Ach so.« James massierte sich die schmerzenden Schläfen. »Auch das noch.«
    Die Perihelions , das war schlicht und einfach der Freundeskreis seines Vaters, die alle ein Faible für Astronomie hegten. Irgendwann waren sie auf die abstruse Idee gekommen, sich immer an den Sonntagen zu treffen, die dem Perihel eines Planeten (mit Ausnahme der Erde selbst) am nächsten lagen. Und das Perihel, was war das noch mal? Der sonnennächste Punkt auf der Umlaufbahn, wenn er sich recht erinnerte. Gerade war James sich nicht ganz sicher, aber egal, die Regel war jedenfalls, dass das jeder für sich alleine auszutüfteln hatte. Es wurden keine Verabredungen getroffen, und wer sich vertat, musste wahlweise einen bestimmten Betrag in die sogenannte Lost-in-Space -Kasse zahlen oder vor versammelter Gruppe David Bowies Lied Major Tom singen.
    An all dem gab es mehrere Dinge auszusetzen. Erstens wardiese Perihel-Regel ziemlich bescheuert – manchmal sahen sie einander ewig nicht, dann wieder hockten sie einen Sonntag nach dem anderen zusammen. Soweit James das verstanden hatte, war Merkur der wichtigste Taktgeber, weil er immerhin alle siebenundachtzig Tage ein Perihel hatte. Andere Planeten würden überhaupt nie wichtig werden; der Uranus etwa hatte sein nächstes Perihel erst im März 2050.
    Zweitens war Dad, was Freunde anbelangte, entsetzlich unwählerisch. Wer mit ihm das Zimmer in Harvard geteilt oder am College mit ihm in einer Mannschaft gespielt hatte, den betrachtete James Michael Bennett II. lebenslänglich als Freund, egal, ob derjenige es zu etwas gebracht oder auf ganzer Linie versagt hatte. Deswegen hockten bei diesen Treffen steinreiche Juristen neben langhaarigen Bibliothekaren, erfolgreiche Unternehmer neben biederen Handwerkern, berühmte Autoren neben versponnenen Spät-Hippies. Und nicht genug, dass er in seinem Club Champions und Blindgänger mischte: Da Dad gern so tat, als seien alle Menschen gleich – er hatte in seinem Büro sogar ein teures Faksimile der Unabhängigkeitserklärung aufgehängt, all men are created equal, bla, bla, bla –, gefiel es ihm, dass es ein bunter Zoo geworden war: Weiße, Neger, Schlitzaugen, wie es sich halt ergeben hatte. Dad nannte Mexikaner, Russen, Juden seine Freunde und hielt ihm, seinem erstgeborenen Sohn, Vorträge über Weltoffenheit, globales Denken und Aufklärung, wenn er nur ein Sterbenswörtchen dagegen zu sagen wagte.
    »Wir müssen reden.«
    James zuckte zusammen, als die Stimme seiner Mutter unvermittelt in seine Gedanken drang. Und dann auch noch mit so einem Satz, der beängstigend nach: Da ist ein Mädchen bei uns gewesen, das behauptet, von dir schwanger zu sein klang.
    »Guten Morgen«, sagte er betont harmlos und wartete erst mal, was kam.
    »Es ist mir egal, wann du aufstehst«, erklärte Mutter und setzte sich ihm gegenüber, »aber lass es bitte, um zwei Uhrnachmittags ›Guten Morgen‹ zu mir zu sagen.« Sie war erstaunlich braun gebrannt; ihr blondes Haar sah dadurch beinahe unecht aus, obwohl es das nicht war – sie benutzte ja nicht einmal Lippenstift.
    »Versuch ich mir zu merken«, erwiderte James. Vielleicht ging es doch um was anderes. Bisher hatte er immer Glück gehabt. Oder vielleicht einfach gute Kondome.
    »Eure Verlobung«, kam Mutter endlich zum Thema. »Das müssen wir allmählich angehen. So etwas kann man nicht ewig hinauszögern. Wir müssen einen Termin festsetzen, Einladungen verschicken … Das braucht alles Vorlauf, Zeit und so weiter. Gute Restaurants mit Festsälen, die groß genug sind, sind oft auf Monate ausgebucht.« Sie schlug die Mappe auf, die sie

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