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Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
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treulosen Freund. »Ich wollte erst den OP-Plan überprüfen. Da gab es einige Überschneidungen. Ich kann aber auch gleich nachschauen, wenn es sehr wichtig ist.«
    »Nein, kein Problem. Dann bis später.«
    Sie nickt ihm zu, und die beiden verlassen einträchtig das Vorzimmer.
    Dann ist es endlich still. Gedemütigt krabble ich unter dem Schreibtisch hervor, falle auf den Besucherstuhl und reibe mir sprachlos die schmerzenden Knie.
    »Kaffee?«, fragt Frau Glocke.
    »Ja, ein Kaffee wäre jetzt nicht schlecht.«
    Frau Glocke verschwindet und kommt kurz darauf mit einer Tasse in der Hand zurück.
    Ich bin froh, dass ich gerade nicht alleine bin, sonst würde ich wahrscheinlich ganz erbärmlich heulen oder einfach so zusammenbrechen. Meine Welt steht Kopf. Vielleicht habe ich deswegen immer noch das Gefühl, mich gleich übergeben zu müssen.
    »Sie sind ganz blass. Hier, trinken Sie den«, sagt sie in mütterlichem Tonfall. Dabei öffnet sie ihre Schublade, zaubert ein kleines Fläschchen Cognac hervor und schüttet einen ordentlichen Schluck in die Tasse.
    Der Kaffee mit Schuss tut gut. Irgendwie bringt die innere Wärme ein Stück Normalität zurück in mein Leben, das eben völlig aus den Fugen geraten ist.
    »Wie lange geht das schon?«, frage ich die Sekretärin mit zitternden Händen. War mir nicht eben noch furchtbar heiß gewesen?
    »Tja …«, druckst Frau Glocke herum.
    Ich verstehe, dass sich die Gute wie immer zu Stillschweigen verpflichtet fühlt, also formuliere ich meine Frage etwas geschickter:
    »Seit wann hat denn mein Verlobter diese ganz besonderen Bereitschaftsdienste? Ich meine, hat er schon öfter mal seinen Dienst nicht wahrnehmen können?«
    »Na, so seit etwa vier, fünf Monaten. Aber ganz genau kann ich es natürlich auch nicht sagen. Ich bin mir auch nicht wirklich sicher, ob an der Sache was dran ist …«
    »Schon gut. Machen Sie sich keinen Stress deswegen. Aber bitte sagen Sie meinem Vater nichts, ja? Ich muss erst einmal selbst damit klarkommen.«
    »Selbstverständlich, keine Frage. Es tut mir übrigens wirklich leid.«
    »Ja, mir auch.«
    Vor allem tue ich mir selbst leid.
    »Ist sie Krankenschwester? Das können Sie mir ruhig sagen, ich bekomme das so oder so raus.«
    »Nein, sie ist Assistenzärztin, Victoria Schmidl. Sie arbeitet in der Kardiologie.«
    Eine Ärztin? Automatisch bin ich davon ausgegangen, Christian würde mich ganz klassisch mit einer Krankenschwester betrügen.
    Viele Schwestern haben Affären mit Ärzten, das hat er mir selbst mal erzählt. Und dabei hat er sich auch noch über die armen Idioten lustig gemacht, wie er seine Kollegen so treffend genannt hat. Die könnten ihren Piepmann einfach nicht in der Hose lassen, dort, wo er hingehöre. Ganz deutlich kann ich noch Christians höhnisches Lachen hören, das ihm dabei rausgerutscht ist. Dass Ärzte sich ihre Liebschaften im Arbeitsumfeld aussuchen, ist sicherlich normal, das wird bei anderen Berufsfeldern genauso sein. Mein Kollege Krüger hat mich schließlich auch eine Zeit lang angebaggert. Jetzt hat er es auf die Mallowski abgesehen, der die Avancen zu gefallen scheinen. Ob sie weiß, dass Krüger zu Hause Frau und Kind und in der Garage neben seinem Porsche einen Kombi stehen hat? Gelegenheit macht eben doch Liebe – oder schafft zumindest die Voraussetzung für eine Affäre.
    Dass Christian auch zu diesen besagten Idiotenkollegen gehört, hätte ich allerdings niemals für möglich gehalten. Er hat sich eine Ärztin geangelt, mit der er mich betrügt, was zwar gewissermaßen für ihn spricht, die Sache für mich aber noch schlimmer macht. Denn so wie es aussieht, scheint es eine ernstere Geschichte zu sein.
    Kapitel 6
    Wie konnte ich sie nur anfassen!
    Ich sitze in meinem Auto und versuche, einen klaren Gedanken zu fassen. In einer halben Stunde habe ich den Vorführtermin für das Röntgengerät. Der Krüger sitzt angeblich irgendwo in Bayern mit seinem Porsche fest, die Schmelzer geht nicht ans Handy und mein blöder Freund betrügt mich. Und dann lässt er sich auch noch von mir erwischen.
    Und ich?
    Ich habe das Gefühl, als hätte das alles gar nichts mit mir zu tun. Ich fühle mich wie gelähmt. Eigentlich müsste ich doch in Tränen ausbrechen oder wenigstens das Bedürfnis haben, irgendwas zertrümmern zu müssen. Aber ich spüre nichts, bis auf die Übelkeit und diese eigenartige Kälte, die sich in mir breitgemacht hat, und das bei den sommerlichen Temperaturen.
    Wäre ich nur nicht ans Handy

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