Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Herr Bofrost, der Apotheker und ich

Titel: Herr Bofrost, der Apotheker und ich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Neuffer
Vom Netzwerk:
hier hatte ich Ordnung geschaffen.
    Und dabei blieb es. Als ich um halb sieben meinen Kram zusammenpackte, hatte der Glastisch wieder Wasserflecken, warfen die Kissen wieder Falten, und die Zeichentischplatte war voller Radiergummikrümel. Nur mein Posteingang war immer noch vorbildlich aufgeräumt. Fünf Nachrichten, null ungelesen.
    Schweren Herzens gab ich meinen Beobachtungsposten auf, um unser Abendessen zuzubereiten. Später trennten Holger und ich uns in freundlichem Einvernehmen. Er stürzte sich auf sein Buchführungsprogramm, ich mich auf meinen Posteingang. Fünf Nachrichten, null ungelesen. Ich holte mir eine Flasche Pinot Grigio aus dem Kühlschrank und schob »E-Mail für dich« in den Videorecorder. Sah es einäugig. Das andere Auge registrierte: nix E-Mail für mich.
    * * *
    Fünf Tage später war mein Posteingang immer noch auf dem gleichen Stand. Ich wollte mich gerade bemitleiden, als Laura in Tränen aufgelöst anrief Zuerst konnte ich sie gar nicht verstehen. Aber mir war sofort klar, wer der Auslöser dieser Krise war: Lukas, das Schwein! Seit sie ihn kannte, war ihr Leben die reinste Achterbahn. Noch dazu waren die beiden Ärzte im selben Krankenhaus.
    »Lena, es ist so furchtbar«, stieß Laura hervor. »Unsere Woche in Davos ...«, sie schluchzte, »... wir ... wir können nicht fahren ...« Sie putzte sich geräuschvoll die Nase. »Er ... seine Frau ... sie ist im Krankenhaus ...« Sie schniefte. »Blinddarm oder so was. Jedenfalls muss er jetzt ...«, sie schluchzte wieder, heftig und herzzerreißend, »... hier bleiben!«
    »Ach, Laura, Schätzchen! Du tust mir so Leid!« Ja, sie tat mir Leid. Nicht unbedingt, weil diese heimliche Woche in Davos geplatzt war, obwohl das natürlich auch schlimm war, aber mein Mitleid war eher grundsätzlicher Natur. Sie tat mir Leid, weil sie sich in diesen unzuverlässigen, verlogenen, verheirateten Scheißkerl verliebt hatte.
    »Er ... er hat mich eben angerufen«, erklärte sie mit tränenerstickter Stimme. »Und übermorgen wollten wir fahren!«
    »Ich weiß, Lauralein.« Am liebsten hätte ich mitgeheult. Noch lieber hätte ich diesem rücksichtslosen, selbstsüchtigen, eigennützigen Miststück Lukas die Meinung gegeigt. Wenn er sich schon eine Geliebte hielt, musste er auch eine gewisse Verantwortung für sie übernehmen. Aber er behandelte sie wie eine dieser aufblasbaren Sex-Puppen, aus denen man bei Nicht-Bedarf die Luft herauslassen konnte, um sie diskret in einer hinteren Schrankecke zu verstauen.
    Doch das konnte ich Laura natürlich nicht sagen. Ich musste warten, bis sie das von selbst begriff.
    »Lena«, stammelte sie nun, »Lena, könntest du ...?«
    »Soll ich kommen?«
    Laura schniefte. »Ja ... bitte. Kannst du? Am Samstag? Morgen muss ich noch arbeiten, aber das Wochenende ist sowieso immer am schlimmsten.« Sie weinte schon wieder.
    »Ich weiß. Natürlich komme ich. Soll ich dich morgen Abend nochmal anrufen, damit wir uns genau verabreden?«
    »Ja.« Ihre Stimme war kaum zu hören.
    »Was machst du denn jetzt?«, fragte ich.
    »Ich weiß nicht. Vielleicht köpfe ich eine Flasche Rotwein, futtere dazu eine Schachtel Pralinen und ziehe mir irgendein altes Video rein.«
    »Aber keinen Liebesfilm!«
    »Doch, gerade. Ein richtig sattes Happy End gibt mir vielleicht den Glauben an die Liebe zurück.«
    Hm. Wenn sie meinte. Ich hätte mich an ihrer Stelle eher für einen Film entschieden, in dem die Kerle so richtig ihr Fett wegkriegten. »Welchen Film willst du denn sehen?«, fragte ich. Mir fiel beim besten Willen keiner ein, in dem sich am Ende der widerliche Ehebrecher und die ausgenutzte, vernachlässigte Geliebte kriegten – auf diese abwegige Idee kam man anscheinend nicht einmal in Hollywood.
    »Ich weiß nicht.« Laura zog geräuschvoll die Nase hoch. »Sissi?«
    Großer Gott! Das war ja nun wirklich ein drastischer Griff in die Mottenkiste! So sah Laura sich also – nicht etwa als die taffe, großstädtische Gynäkologin, die sie war, sondern als verkanntes Hascherl, das unversehens zur Kaiserin seines Herzens avanciert? Hatte sie vergessen, wie Sissi endete? Krank, einsam, unglücklich? Teil eins mochte ja noch gehen, aber auch dieses Happy End war nichts als Beschiss. Danach ging es wirklich nur noch bergab.
    »Na gut«, sagte ich. »Aber danach gehst du sofort schlafen. Komm bloß nicht auf die Idee, dir auch noch den zweiten Teil anzugucken!«
    Laura kicherte schniefend. »Ja, Mama.«
    »Und wenn du nicht schlafen kannst,

Weitere Kostenlose Bücher