Herr der Daemmerung
könnte.
Die Situation war alles andere als komisch. Claire steckte wirklich in Schwierigkeiten - weil Jez in Schwierigkeiten steckte.
Ihre ganze Tarnung war aufgeflogen. Alles, wofür sie im vergangenen Jahr gearbeitet hatte - Claire
konnte alles zunichte machen. Claire wusste zu viel, und Claire hasste sie genug, um ihr Wissen zu benutzten.
»Ich denke ... ich weiß nicht, was ich denken soll.« Claire schluckte. »Wer war dieser Junge?«
»Einer meiner komischen Freunde. Richtig?«
»Er kam mir gar nicht so komisch vor. Wenn er Dinge sagte - ich weiß nicht. Sie klangen ...« Claires Stimme verlor sich. Schließlich fand sie sie wieder und setzte beinahe unhörbar hinzu: »Real.«
»Klasse.« Ich werde sie umbringen müssen. Was bleibt mir anderes übrig?
»Es ist kein Spiel, nicht wahr?«, fragte Claire und sah sie an. Alle Wut war jetzt aus den dunklen Augen gewichen. Ihre Augen waren jetzt einfach verwirrt und verängstigt.
Dann schüttelte Claire den Kopf. »Aber ich meine, es ist unmöglich. Vampire und Gestaltwandler und Hexen - es ist alles einfach ...« Wieder verlor sich ihre Stimme.
Jez sah sie einfach nur an, mit Augen, die vielleicht weniger silbern sein mochten als vor einem Jahr, die jedoch - wie sie wusste - immer noch ziemlich seltsam waren. Und nach einigen Sekunden verlor Claires Blick seine Schärfe, und ihr ganzer Körper schien in sich zusammenzufallen, als habe sie etwas Entscheidendes verloren. Ihre Unschuld vielleicht, dachte Jez grimmig.
»Oh Gott, es ist wahr«, flüsterte Claire. »Ich meine, es ist wirklich wahr. Das ist der Grund, warum du ständig unterwegs bist, oder? Du bist unterwegs – und tust etwas.«
Jez antwortete: »Ja.«
Claire sackte an das Wachhäuschen gelehnt noch mehr in sich zusammen. »Oh Gott. Ich ... Gott. Ich fühle mich so seltsam. Es ist so, als sei - als sei gar nichts so, wie ich dachte.«
Ja, dieses Gefühl kenne ich, ging es Jez durch den Kopf. Wenn die ganze Welt sich dreht und du dich innerhalb von zwei Sekunden anpassen musst. Das ist mir auch passiert, vor einem Jahr.
Aber nichts davon würde Claire helfen. »Es tut mir leid«, war alles, was Jez sagen konnte.
Claire schien sie nicht zu hören. Sie sprach mit einer Stimme, die nur ein gehauchter Atemzug war. »Das ist der Grund ... das ist der Grund für all das merkwürdige Zeug mit deinem Vater. Warum niemand etwas über seine Familie weiß und all das. Ich wusste von Anfang an, dass mit dir etwas nicht stimmt; ich konnte nur nicht erkennen, was es war.«
Na toll, dachte Jez. Jetzt kommt’s. Sie bemühte sich um eine ausdruckslose Miene, während Claire sich vor ihr aufrichtete und sie mit einem Blick irgendwo zwischen Staunen und Grauen musterte.
»Dieser Junge - er sagte, du seist nur halb menschlich. Was bedeutet, dass du zur Hälfte ... etwas anderes bist?«
»Ich bin halb Mensch und halb Vampir«, bestätigte Jez leise. Das Interessante war, dass es so leicht über ihre Lippen kam. Sie hatte diese Worte bisher nur zu einer einzigen Person gesagt: Hugh.
Jetzt schaute sie Claire an, um festzustellen, ob sie ohnmächtig werden oder einfach so zu Boden fallen würde.
Claire tat keins von beidem. Sie schloss nur die Augen. »Weißt du, was das wirklich Irrsinnige ist? Ich glaube es.« Sie öffnete die Augen wieder. »Aber … ich wusste nicht, dass das überhaupt möglich ist. Halb und halb.«
»Das wusste niemand, bis ich geboren wurde. Ich bin die Einzige.« Jez musterte ihre Cousine und begriff, dass sie wirklich nicht ohnmächtig werden würde. Als sie wieder zu sprechen begann, klang ihre Stimme herausfordernder, als sie es beabsichtigt hatte. »Also, jetzt, da du Bescheid weißt, Claire, was wirst du deswegen unternehmen?«
»Wie meinst du das, was ich deswegen unternehmen werde?« Claire schaute sich um, dann senkte sie die Stimme, und ihre Augen glitzerten interessiert. »Hör mal - musst du, hm, Blut trinken und alles?«
»Nicht mehr«, antwortete Jez knapp. Was war das denn? Wer hätte gedacht, dass die fleißige, brave Claire ein solches Interesse an Vampiren haben würde?
»Aber du meinst, du hast es früher getan?«
»Bevor ich bei euch eingezogen bin. Damals dachte ich, ich sei ein vollständiger Vampir. Aber ich habe herausgefunden, dass ich ohne Blut leben kann, so lang ich meine Kräfte nicht benutze.«
»Du hast Kräfte? Wirklich? Von welcher Art?«
»Von gar keiner Art. Hör mal, das reicht jetzt mit der Fragerei. Ich habe dir gesagt, dass ich kein Vampir
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