Herr der Daemmerung
und so. Ich war nur - ich war eifersüchtig, weil sie dir alles durchgehen ließen, und ...« Sie schüttelte grimmig den Kopf, dann fuhr sie fort und zuckte mit den Schultern, als hasse sie es, das zuzugeben. »Und ja, weil du so hübsch und selbstbewusst bist und alles. Ich habe mich deshalb mies gefühlt, und ich wollte dir weh tun. Also, wie auch immer. So: Es tut mir leid.«
Sie ging davon, wobei ihr Gang ein wenig wackelig war.
»Claire.«
Claire blieb stehen, dann drehte sie sich um.
Jez sprach ein wenig zögernd, weil sie einen Kloß im Hals hatte. »Es ist okay. Und - danke.«
»Ja.« Claire grinste und zuckte schwach die Achseln. »Wir sehen uns später.« Sie wandte sich ab und ging weiter.
Wir sehen uns später, dachte Jez. Sie war plötzlich müde und seltsam aufgewühlt. Da war einfach zu viel in ihr: Traurigkeit und Erleichterung und Sorge und ein neues Gefühl für Claire. Sie verschränkte die Arme vor der Brust, schaute sich erneut auf dem Bahnsteig um und versuchte, sich zu entspannen und tief durchzuatmen.
Da sah sie zwei Werwölfe, die direkt auf Claire zusteuerten.
Kapitel Fünfzehn
Jez erkannte sie sofort - nicht wer sie waren, aber den Typ. Sie waren Wölfe, und sie waren Schläger.
Irgendjemand hatte sie angeheuert.
Sie hatte ihren Kampfstock nicht dabei, aber sie brauchte ihn nicht. Sie konnte spüren, wie sich ein gefährliches Lächeln auf ihren Lippen ausbreitete; teils aus Vorfreude und teils aus schierem Zorn. Plötzlich war sie nicht mehr müde, ihr tat nichts mehr weh, sie war nichts anderes als in perfektem Einklang mit ihrem Körper, und sie brannte darauf, ihn als Waffe zu benutzen.
Wie ein roter Blitz schoss sie mühelos an Claire vorbei und warf das menschliche Mädchen zu Boden, bevor sie vor den Wölfen stoppte. Ein Junge und ein Mädchen. Sie waren sofort alarmiert und nahmen Kampfhaltung ein.
Hinter sich konnte Jez ein »Au« von Claire hören.
»Guten Morgen und willkommen in der Bay Area«, sagte Jez zu den Wölfen; dann trat sie dem Mädchen ins Gesicht.
Das Mädchen flog rückwärts. Sie war nicht außer Gefecht gesetzt, aber Jez hatte ihren geplanten gemeinsamen Angriff ruiniert. Der Junge wusste das, aber er war ein Wolf, also knurrte er und stürzte sich auf Jez, statt darauf zu warten, dass seine Partnerin sich erholte.
Oh, Göttin, das ist zu einfach. Als er ihr ins Gesicht schlagen wollte, drehte Jez sich zur Seite und ließ seine Faust an sich vorbeischnellen. Dann warf sie den linken Arm um seine linke Hüfte und hielt ihn beinahe wie in einer Umarmung umfangen. Doch es war eine tödliche Umarmung. Im gleichen Moment verpasste sie ihm mit der Rechten einen Kinnhaken und schlug mit genügend Wucht zu, um ihn zu betäuben.
Er taumelte in ihren Armen und knurrte. Borstige Haare brachen ihm durch die Gesichtshaut.
»Süße Träume«, wünschte ihm Jez. Dann umschlang sie mit ihrem linken Bein sein rechtes direkt über dem Knie und warf ihn auf den Bahnsteig. Er schlug mit dem Kopf auf dem Beton auf und erschlaffte.
Irgendwo hinter Jez hatte eine Art hohes, dünnes Kreischen eingesetzt. Claire. Jez ignorierte es und ignorierte auch die zwei oder drei Leute, die auf die Treppe zueilten - und den Aufzug nach unten mieden, weil er sich direkt neben Jez befand. Sie konzentrierte sich ganz auf die Werwölfin, die wieder auf den Beinen war.
»Tu dir einen Gefallen und versuch nicht mal irgendetwas«, sagte sie grinsend. »Du spielst weit unter meiner Liga.«
Das Mädchen, das rötlich braunes Haar hatte und einen entschlossenen Gesichtsausdruck, antwortete nicht. Sie bleckte lediglich die Zähne und sprang auf Jez zu.
Und sie griff mit beiden Händen nach Jez’ Gesicht. Man sollte meinen, sie würden dazulemen, dachte Jez. Vor allem nach dem, was gerade geschehen ist. Noch während sie das dachte, vollführte ihr Körper die richtigen Bewegungen. Sie packte den führenden Arm des Mädchens mit beiden Händen, dann drehte sie ihn und brachte die Werwölfin aus dem Gleichgewicht. Sobald das Mädchen flach auf dem Boden lag, setzte sie an dem Arm, den sie immer noch festhielt, einen Ellbogenhebel ein.
»Beweg dich nicht, oder ich werde dir den Ellbogen brechen«, sagte sie freundlich. Das Mädchen krümmte sich vor Schmerz, spuckte, wehrte sich und tat sich noch mehr weh.
Geistesabwesend bemerkte Jez, dass Claire aufgehört hatte zu kreischen. Sie schaute auf, um sich davon zu überzeugen, dass es ihrer Cousine gut ging, und sah, dass Claire
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