Herr der Finsternis
Torheiten haben mich verletzt. Ich hege keinen Groll gegen Don João.«
»Er muß ein wundersam glücklicher Mann sein, daß er Menschen verletzen kann und sie ihn trotzdem noch lieben.«
»Er hat dir versprochen, daß du nach England zurückkehren darfst, nicht wahr? Und dies nicht einmal indirekt oder zwischen den Zeilen, sondern geradeheraus mit eindeutigen Worten. Doch obwohl er das Versprechen nicht erfüllt hat, dienst du ihm noch immer, und ich glaube, du liebst ihn auch.«
»Dies ist nicht das gleiche«, sagte ich. »Er hat keinen Grund und keine Verpflichtungen, mich jemals freizulassen. Er macht mir die Freiheit nur zum Geschenk, das er mir gewähren kann, wann immer er will, oder auch gar nicht, und ich habe in dieser Angelegenheit nichts zu sagen. Doch dich denken zu lassen, er würde dich heiraten, obwohl er die ganze Zeit über wußte, daß dies unmöglich war…«
»Ich habe dir gesagt, dies war eine Selbsttäuschung meinerseits. Meine Augen waren vor der Wahrheit blind. Ich will nicht abstreiten, daß ich zutiefst enttäuscht bin und daß die Erkenntnis, wie weit ich davon wirklich entfernt war, sehr schmerzlich war. Doch ich hasse ihn deshalb nicht. Ich bleibe sein Freund.«
»Doch du bist nun die Frau von Souza.«
»Fürwahr.«
»Warum Souza?«
»Er ist stattlich. Er ist ehrgeizig. Ich wollte gern heiraten, und da ich Don João nicht haben konnte, nun, da war es an der Zeit, einen anderen zu wählen. Und ich habe Souza gewählt.«
»Und er hat keine Einwände, daß du Don Joãos Geliebte gewesen bist?«
»Warum sollte er? Die Männer suchen hier keine Jungfrauen. Und es gerät ihm zur Ehre, daß alle wissen, daß er so einen hohen Preis wie Doña Teresa de Costa errungen hat.«
»Und wie denkt Don João in dieser ganzen Sache?«
»Nun, da ich fürwahr verheiratet bin«, sagte Doña Teresa, verschlagen lächelnd, »ist sein Gewissen mir gegenüber erleichtert. Und er hat nichts verloren.«
Ich starrte sie an. »Du beabsichtigst noch immer…«
»Er ist der Gouverneur, nicht wahr? Wenn er mich noch attraktiv findet, gerät es mir dann nicht zum Vorteil, sein Begehren zu befriedigen? Gerät es nicht auch meinem Gatten zum Vorteil?«
Es war fast wie am englischen Hofe, dachte ich, dieses Verkuppeln von Frauen um der eigenen Vorteile willen, dieses Zwinkern mit der Unzucht. Ich nehme an, daß es überall das gleiche Spiel ist.
»Es erstaunt mich«, sagte ich nach einem Augenblick, »daß sich Souza vor der gesamten Gemeinde Hörner aufsetzen läßt, nur um einen kleinen Vorteil zu erringen. Hat der Mann keine Scham?«
»Ah, es wird nicht so öffentlich geschehen, wie du anscheinend glaubst. Wir werden vorsichtig sein. Man muß ja schließlich auf den Anstand achten, nicht wahr?«
»Muß man das?«
Nun lachte sie. »Andres, Andres, du schaust so finster drein!«
»Dieses Geschäft ist mir nicht genehm, einem jüngeren Offizier eine abgelegte Mätresse zur Frau zu geben und dann hinter dem Rücken des neuen Gatten herumzuschleichen und…«
»Ach, was bist du fromm! Und als ich glaubte, mit Don João verlobt zu sein und insgeheim zu dir kam, war dies dir immerhin doch so genehm, daß du mich nicht zurückgewiesen hast, Andres.«
»Das war etwas anderes!« rief ich.
»War es das? Wie ich es sehe, wohl kaum. Ich werfe dir Scheinheiligkeit vor, lieber Andres, und eine falsche Moral.« Sie bot mir erneut die Süßspeisen an, wie es sich für eine Gastgeberin geziemte, und dann rutschte sie eng zu mir und sagte mit leiser, volltönender Stimme, die mich wie eine heiße Klinge durchfuhr: »Es hat sich nichts geändert, nur, daß ich nun verheiratet bin. Ich habe Don João zu meinem Vorteil benutzt. Ich benutze Fernão genauso. So war es, und so wird es sein. Verstehst du, was zwischen ihnen und mir geschieht, ist eine Art Geschäft, ein rein geschäftlicher Vorgang. Zwischen dir und mir ist es nicht das gleiche. Und wir bleiben, wie wir sind. Erinnerst du dich, wie es sich anfühlte, als ich in deinen Armen lag? Nein, das hast du nicht vergessen. Ich habe es auch nicht vergessen. Und es ist schon ein Jahr her, nicht wahr? Das ist eine viel zu lange Zeit. Ich erinnere mich an deinen Körper, an seine Größe, seinen Geschmack, wie er sich anfühlt. Ich erinnere mich an alles an dir. Ich hoffe, du wirst mir auf deine fromme englische Art nicht sagen, daß ich dir nun, da man mich eine Ehefrau nennt, zu heilig bin. Nun, Andres?«
Ihr Blick ruhte auf mir. Ihre Haut war gerötet, ihre Lippen
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