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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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und Zuckungen am Grab auf und ab, woraufhin schließlich die Erde aufgeschüttet wurde. Danach zogen sie sich zum Schlag einer Trommel in ihre Stadt zurück, und in der Nacht hörten wir aus der Ferne die Geräusche eines fröhlichen Festes mit Gott weiß welchen götzendienerischen Freuden und abscheulichen Vergnügungen.
    Es gab in dieser Nacht keinen Schlaf für uns. Wer konnte schon sagen, welche Trauernden in der Nähe waren oder welche Wachen oder welche Zumbi? Bei den ersten rosa Streifen der Morgenröte im Himmel schien alles ruhig zu sein, und wir stahlen uns gen Norden davon. Und wir über querten den Fluß, rasteten erneut, marschierten am Tag weiter und drangen, wie wir hofften, allmählich ins Königreich Kongo vor, und dabei kamen wir uns beinahe vor wie die Kinder Israels, die aus der Wüste in das verheißene Land marschierten.
3
    Als wir zwei Meilen nördlich vom Fluß Dande entfernt waren, stießen wir auf eine Gruppe Neger, ein Dutzend oder mehr junge Jäger oder Krieger, gut bewaffnet, aber anscheinend freundlich. Sie sprachen die Sprache der Schwarzen aus Angola und fragten uns, wohin wir reisten.
    »Wir gehen zum Kongo«, sagte ich.
    »Dann geht ihr in die falsche Richtung«, sagten sie, was mich sehr überraschte, da ich sicher war, die Karte dieser Gegend genau im Kopf zu haben. Doch sie sagten, sie würden uns führen, denn sie seien Mushikongos, das hieß Kongomänner, und würden uns in das Land Mbamba bringen, wo der Herzog von Mbamba residierte, der einer der wichtigsten Fürsten des Königreichs Kongo war.
    Mich beunruhigte dieses Abkommen, und Cristovão und seine Zigeuner auch, wie ich ihnen zugute halten muß. Doch die Portugiesen, die bei uns waren, mißtrauten meiner Führung und waren bereit, sich von diesem Schwarzmohren geleiten zu lassen, und sie vertraten ihre Auffassung so fest, daß ich nachgab und glaubte, ich könne mich doch im Irrtum befinden, was die richtige Reiseroute betraf.
    So gingen wir etwa drei Meilen in östliche Richtung, tiefer ins Landesinnere, bis wir sicher waren, eine falsche Richtung eingeschlagen zu haben. Denn wir orientierten uns an der Sonne, und als wir an diesem Nachmittag die Hügel hinaufstiegen, lag sie genau hinter uns. So wandten wir uns wieder nach Westen. Daraufhin bauten sich die Schwarzen schnell vor uns auf und hoben ihre Bogen und Pfeile und Speere, bereit, auf uns zu schießen.
    Ich sah Cristovão an, und er mich, und ich sagte: »Wir müssen uns den Weg freikämpfen.«
    »Aye«, sagte er, und wir richteten unsere Musketen auf sie. Die Schwarzmohren zeigten daraufhin keine Furcht, und wir schossen gleichzeitig sechs Musketen ab, was vier von ihnen tötete und die anderen sehr erschreckte, und sie flohen in das Unterholz. Doch sie folgten uns vier oder fünf Meilen und verletzten zwei aus unserer Gruppe mit ihren Pfeilen.
    Am nächsten Tag erreichten wir die Grenze von Mbamba, der südwestlichen Provinz des Königreichs Kongo, und marschierten den ganzen Tag über. Des Nachts hörten wir die Brandung der See. Dies bereitete mir großes Vergnügen, da ich die glücklichsten Tage meines Lebens in Hörweite des Meeres verbracht hatte und wie jeder Engländer engherzig und verdrossen werde, wenn ich auf irgendeine große trockene Ebene getrieben werde, die weit entfernt von der Brandung und den Meeresbrisen liegt. Doch nun vernahm mein Ohr das Ansteigen und Fallen der Wellen, das schönste Geräusch, das unsere Erde hervorbringen kann.
    Mein Plan sah vor, daß wir uns in einen zivilisierten Teil des Kongo durchschlugen, denn dieses Land hat eine gewisse Ordnung, und sein Volk ist alles andere als rückständig und kommt dem Geheiß Jesu nach.
    Die Portugiesen haben dort einen großen Einfluß, doch ich fürchtete nicht, ihnen in die Hände zu fallen, da sie nichts von meiner Flucht aus Angola wußten, und vielleicht konnte ich vorgeben, ein Holländer zu sein, der irgendwo Schiffbruch erlitten hatte und Zuflucht suchte. Oder aber die Schwarzmohren selbst würden mir helfen, einen Hafen zu erreichen, und ich würde dort ein Schiff nach England nehmen. Ich hatte mir noch einige andere dieser Pläne ausgearbeitet für den Fall, daß die bei den besten Möglichkeiten nicht durchführbar waren. Doch letztendlich waren alle diese meine Pläne zum kläglichen Scheitern verurteilt, denn das Unheil überkam uns, als wir erschöpft nach Norden unterwegs waren, nur ein paar Meilen vom Meeresufer entfernt.
    Es war am frühen Morgen, und wir befanden uns,

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