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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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so weit geführt.
    »Das ist etwas anderes«, sagte ich. Woraufhin sie mit den Achseln zuckte und mich um mehr Gedichte bat. Ein jedes, das ich aufsagte, bereitete ihr Vergnügen, selbst Tom O’Bedlams Lied, wenngleich mich dieses, wenn ich tiefer über seine Bedeutung nachsinne, melancholisch stimmte und ich es kein zweites Mal aufsagen wollte:
     
    Mit einem Heer wilder Phantasien
Deren Herr ich bin,
Mit einem Feuerspeer, und einem Luftroß
Ich in die Wildnis ging.
Ein Geist und Schatten von Ritter
forderte mich zum Turnier
zehn Meilen hinter dem Ende der Welt;
mir dünkt, dies ist keine Reise hier.
     
    Und das war alles von England, das mir geblieben war, eine Aufzählung der Könige und ein paar klingelnde Verszeilen, ein Feuerspeer und ein Luftroß, während ich zehn Meilen hinter dem Ende der Welt in den Armen der schwarzen Frau lag. Und doch gab ich nicht die Hoffnung auf, nach Hause zurückkehren zu können.
5
    Dann kam die Zeit für mich, meine Muskete zu nehmen und für die Portugiesen in den Krieg zu ziehen; mittlerweile war ich wohl selbst ein halber Portugiese, allein der bloßen Tatsache wegen, so lange unter ihnen gelebt zu haben. So brach ich auf, mit einem schurkischen, bösartigen Heer von Taschendieben, Zinswucherern und stutzerhaften Falschwiegern, dem Abschaum von Lissabon, den die Richter des alten Königs Philip ausgeschickt hatten, Angola gegen die Mächte der Finsternis zu verteidigen.
    Ich verabschiedete mich von Matamba, sehr ausgiebig und liebevoll und unter vielen Tränen, da ich bezweifelte, daß ich sie jemals wiedersehen würde, und marschierte mit meinen neuen Gefährten nach Sowonso, einer Stadt, die von einem Fürsten regiert wird, der dem Herzog von Mbamba gehorcht, und von dort aus nach Saminabansa und dann nach Namba Calamba, die einem hohen Fürsten unterstand, der sich uns widersetzte.
    Wir brannten seine Stadt nieder, und daraufhin unterwarf er sich uns und stellte uns dreitausend Negerkrieger zu Verfügung, die unsere Truppe verstärkten. Von dort aus marschierten wir zur Stadt von Sollancango, einem kleinen Fürsten, der sehr verzweifelt gegen uns kämpfte, doch zur Unterwerfung gezwungen wurde; und dann nach Kumbia ria Kiangu, wo wir viele Monate lang blieben. Von diesem Ort aus führten wir zahlreiche Angriffe und brachten viele Fürsten zur Unterwerfung. Wir waren fünfzehntausend Mann stark, unsere Schwarzen mitgezählt, und marschierten zu dem Berg, der als Ngombe bekannt ist. Doch zuerst verwüsteten wir ganz Ngazi, ein Land im Norden des Flusses Mbengu und weit im Osten von São Paulo de Luanda, und dann stießen wir auf den Fürsten, der von seiner Hauptstadt aus Ngombe beherrschte.
    Dieser Fürst von Ngombe trat uns mit mehr als zwanzigtausend Bogenschützen entgegen und tötete viele unserer Männer. Doch mit unseren Kanonen richteten wir ein großes Unheil unter ihnen an, woraufhin er sich auf den Berg zurückzog, einen seiner Hauptmänner zu unserem General João de Velloria schickte und verkündete, er würde sich ihm am nächsten Tag unterwerfen.
    Am Morgen betrat der Fürst von Ngombe unter großem Pomp unser Lager, mit Trommeln und Flöten und großen Elfenbeintrompeten, und wurde königlich empfangen; und er gab viele Geschenke, die General de Velloria und seine Offiziere sehr bereicherten. Wir zogen in seine Stadt auf dem Gipfel des Berges, wo es eine große Ebene gab, auf der viel Ackerbau betrieben wurde; sie war voller Palmen, Zuckerrohr, Kartoffeln und anderen Wurzelgemüses, und es wuchsen dort viele Orangen und Limonen. Dort gab es auch einen Baum namens Ogheghe, der eine Frucht trägt, die wie eine gelbe Pflaume aussieht, einen sehr süßlichen Geruch hat, sehr schmackhaft und ein Heilmittel gegen Galle und die Blähsucht ist. Hier gab es auch einen sauberen Fluß, der den Bergen entsprang und bis zur Stadt floß.
    Wir lagerten fünf Tage dort, und dann marschierten wir in das Landesinnere und verwüsteten und brandschatzten es sechs Wochen lang, und dann kehrten wir mit einem großen Vorrat an Muscheln, die in diesem Land die Währung darstellen, wieder nach Ngombe zurück. Hier schlugen wir unser Lager eine Meile von diesem angenehmen Berg entfernt auf und blieben mehrere Monate dort.
    Wenn ich Euch von diesen Abenteuern berichte, von unserem Brandschatzen, den Plünderungen und Eroberungen, dann bin ich mir durchaus bewußt, daß ich Euch nichts davon berichtet habe, was während dieser Jahre währenden Märsche durch die inneren Provinzen in

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