Herr der Finsternis
und die Münder offenstehend, und sie deuteten auf mich, murmelten untereinander, stießen sich an und machten Bemerkungen, kamen immer näher, strichen über meine Haut und mein Haar, und tief aus ihren Kehlen kamen seltsame, leise Rufe, wie ich sie von noch keinem Menschen oder Tier auf dieser Erde vernommen hatte. So viele kamen nach meiner Ankunft in Calicansambe herbei, um mich zu betrachten, daß ich befürchtete, bei ihrem Ansturm erdrückt zu werden. Sie schnüffelten und schnaubten und drängten zu mir, wobei sie unablässig murmelten: »Haut ist weiß, Haar ist golden… Haut ist weiß, Haar ist golden… Haut ist WEISS, Haar ist GOLDEN… O Calandola! O Sumba-Jaqqa! O Kalunga! Haut ist weiß ! Haar ist golden ! « Und es erklangen viele weitere solcher Rufe, und ein Heulen wie das gequälter Seelen, und sie tanzten auf den Fersen um mich herum, die Arme steif in die Höhe gestoßen, als hingen sie an Drähten am Himmel fest.
Dies verängstigte mich sehr. Doch ich blieb standhaft, lächelte sie an, nickte und verbeugte mich leicht und akzeptierte ihre Neugier, wie der Papst in Rom die Ehrerbietungen einer schrecklichen Vielzahl von Papisten hingenommen hätte, oder wie ein König, den seine Untertanen mit Ehrfurcht begrüßen. Doch meine Hand umschloß fest die Muskete, und ich war entschlossen, ein paar laute Schüsse in die Luft zu feuern, wenn diese dicht gedrängte Menschenmenge mir gefährlich nahe kommen sollte.
Sie alle waren mit abscheulichen Schmieren eingeölt – ob es nun das Fett von Tieren oder von Menschen war, konnte ich nicht sagen –, und sie waren angemalt und juwelenbehangen, und ihren Mündern, die alle weit aufklafften, fehlten immer die Schneidezähne.
Ich kam mir vor wie im Mittelpunkt eines großen Strudels der Fremdartigkeit, der mich leicht tiefer und immer tiefer zerren konnte, bis in die fernen Kreise der Hölle. Es war, als wäre ich in meiner ganzen Zeit in Afrika nur durch Dschungel und Wüsten und Sümpfe und Flüsse gewandert, um zu dieser Zeit an diesem Ort und bei diesem Volk einzutreffen, den wilden Menschenfressern, dessen Fürst, der Imbe-Jaqqa, sicherlich das Wesen und die Natur des Herrn der Finsternis hatte. Und nun war ich hier, und mein schreckliches Schicksal hatte sich erfüllt.
Während die Jaqqas diesen Tanz aufführten, erklang ein scharfer Schrei vom Rand des Kreises, der sich dann rasch auflöste, um einem Jaqqa von gewaltiger Größe Platz zu machen. Ich erkannte ihn nach einem Augenblick als Kinguri, Bruder des Calandola. Er umarmte mich, als sei auch ich sein Bruder, und hieß mich in ihrem Lager willkommen. Als er sprach, verstummten alle anderen.
»Was ist deine Absicht, Weißer?« sagte Kinguri.
»Unter euch zu leben.«
»Ah, und wirst du ein Jaqqa sein?«
»Ich werde nicht länger ein Portugiese sein«, sagte ich. »Denn sie haben mir nur Leid zugefügt und mich verraten, und nun mache ich sie zu meinen Feinden.«
»Dann ist unser Feind auch dein Feind, was uns zu Blutsverwandten macht«, sagte Kinguri. »Denn wir beabsichtigen, große Trauer über deine Feinde, die Portugiesen, zu bringen, und wir werden dich neben uns stellen, wenn wir dieses Werk angehen. Wie wirst du genannt?«
»Andrew Battell ist mein Name.«
»Andubatil«, sagte Kinguri.
Ich wollte ihn schon berichtigen, doch dann lächelte ich und sagte mir, nay, denn in diesem schwülen Urwald begann ein neues Kapitel meines Lebens, und ich konnte gleichzeitig gut einen neuen Namen annehmen.
»Aye«, gab ich laut zurück. »Ich bin Andubatil!«
»Komm zum Imbe-Jaqqa«, sagte er.
Ich wurde in einen entlegenen Teil der Stadt geführt, wo die Jaqqas hausten. Denn sie hatten neben dem Ort Calicansamba ein eigenes Dorf für sich errichtet und dort die Palisade geöffnet, so daß man ungehindert vom Dorf der Jaqqas in die Stadt der Einheimischen gehen konnte. Es ist der Brauch der Jaqqas, wo auch immer sie ihr Lager aufschlagen, obwohl sie manchmal nur eine Nacht an einem Ort bleiben, ihren Ruheplatz mit einer starken Palisade zu umgeben, die sie aus dem Holz errichteten, das dieser Ort bot. Wenn sie also einen Ort erreicht hatten, wo sie ein Lager aufschlagen wollten, fällte ein Teil von ihnen Bäume und schnitt die Äste ab, und der andere Teil errichtete einen Kreis mit zwölf Toren darin. Ein jedes dieser Tore unterstand einem der Hauptmänner der Jaqqas, von denen es zwölf an der Zahl gab und die alle ihrem Fürsten und General Imbe Calandola ewige Treue geschworen hatten.
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