Herr der Finsternis
Eroberungen, sagte, daß er diese und jene Stadt zerstört, diesen und jenen Häuptling gebraten, diese und jene Provinz verwüstet habe. Und bei wieder anderen Gelegenheiten sprach er nachdenklicher, fast so gedankenvoll wie der weise Kinguri, über den Sinn seines Zorns, seine Hoffnung, der Verderbtheit auf Erden womit er natürlich seßhafte Zivilisationen meinte ein Ende zu bereiten, und über die Unterschiede zwischen Afrika, wie er es sah, und Europa, wie ich es beschrieb.
Ich glaube, er hatte keinen rechten Eindruck von solchen Ländern wie England und Frankreich und Spanien und hielt sie für nur etwas belebtere Orte als Angola und den Kongo. Denn es fiel ihm schwer, meine Worte über Straßen und Landstraßen zu verstehen, über große Häfen, Kathedralen und Paläste und alle anderen solche Dinge, die in seinem Land unbekannt waren. Er stellte sich vor, er würde sie sehen, wenn ich von ihnen sprach, doch wie ich seinen Worten entnahm, war seine Auffassung von ihnen viel geringer als die Wirklichkeit. Oder täuschte ich mich in ihm? Wir können niemals wirklich sehen, was in den Gedanken eines anderen vor sich geht, bis wir in den Himmel kommen, wo alles durchscheinend ist.
Oftmals ging ich nun mit bestimmten Fürsten des Stammes auf die Jagd, meistens mit Kinguri, doch auch mit seinen Gefährten Kulambo und Ngonga. Diese Männer waren tapfer und kühn und sagten wenig, sondern bewegten sich mit der starken und tödlichen Schnelligkeit großer Raubkatzen. Wir trennten uns dabei von dem Stamm, nahmen Lanzen oder Bögen oder Schwerter mit, und fielen zu unserem Vergnügen über die Tiere der Wildnis her, die Gazellen und Zevveras und Antilopen, und dann und wann über einen Leoparden, der des Nachts durch die Baumgipfel schlich, oder einen jungen Löwen. Niemals nahm ich bei diesen Streifzügen meine Muskete mit, da das Pulver und die Munition nicht zu ersetzen waren. Doch einmal bedauerte ich dies, nämlich, als ich allein mit dem großen, breitschultrigen Ngonga jagte.
Wir waren in die Dickichte im Osten gegangen, verfolgten die Fährte eines schnellen Geschöpfs und kamen ihm näher, denn sein Geruch wurde stärker. Doch dann traten wir plötzlich zwischen zwei dicken Schlingpflanzen, die sich wie wütende Schlangen wanden, auf eine Lichtung, und da lag unser Tier, und fünf Männer eines Stammes aus dem Landesinneren hatten sich darum geschart und zogen ihre Speere aus ihm.
Als sie uns erblickten, deuteten sie auf uns und riefen in einem unbekannten Kauderwelsch. Ich glaube, sie kamen von so weit her, daß sie nicht einmal wußten, was ein Jaqqa war, denn sie zeigten trotz Ngongas Größe, seines majestätischen Erscheinungsbildes, der Jaqqa-Zähne und der Jaqqa-Narben keinerlei Furcht vor ihm. Wohingegen ein jedes Volk aus dem Busch, das gewußt hätte, daß es einem Jaqqa gegenüberstand, sofort geflohen wäre. Was mich betraf, so zeigten sie mehr Verwirrung, wohl, weil sie mich für einen Geist aus dem Jenseits hielten; doch sie zeigten auch vor mir keine Furcht, so daß sie entweder äußerst tapfer oder äußerst töricht waren.
Noch immer ihre wirren, dickzüngigen Laute ausstoßend, »Jagh, ghagh ghagh jagh!« oder so ähnlich, stürmten sie uns mit gezückten Waffen entgegen. Doch ihre Geschicklichkeit kam ihrem Mut nicht gleich. Ich parierte einen Stoß mit meinem Speer und stieß den Mann zu Ngonga, der ihn mit einem mächtigen Schlag mit der scharfen Klinge seines Schwertes an der Schulter traf und seinen Oberkörper glatt durchtrennte. Gleichzeitig stieß Ngonga einen Angreifer zu mir, in die Reichweite meiner Klinge, und ich hieb dem Mann schnell den Kopf von den Schultern. Die drei Überlebenden wollten nicht fliehen, sondern setzten starrköpfig ihren Angriff fort. Es kam sie teuer zu stehen, denn wir schlugen sie in Stücke. Es dauerte nur einen Augenblick.
Wir sahen einander an, schwer atmend, aber freudig erregt in der schönen Hitze, die einem vollbrachten Kampf folgt.
»Was ist das für ein törichtes Volk?« fragte ich ihn.
Er hob die Achseln. »Sie sind Fleisch«, sagte er. »Das ist alles, was sie sind, und mehr auch nicht.«
Auf diese Art verbrachte ich die Zeit, die wir außerhalb des Landes von Makellacolonge lagerten. Wir griffen nicht an, brachen aber auch nicht auf, und unter meinen Jaqqa-Brüdern, die ungeduldig und argwöhnisch wurden, herrschte eine schlechte Stimmung. Sie verstanden nicht, warum wir so lange warteten. Calandola gab uns keinen Hinweis; er wurde von
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