Herr der Finsternis
denn ich bin ein enger Verwandter des Jaqqa-Königs geworden, und von seinem Bruder auch.« Ich legte die Hand auf ihren Arm und umfaßte ihn überaus sanft; vor dieser Berührung schreckte sie zuerst zurück, doch dann gab sie nach und schmiegte sich dagegen. Aye, wie hätte ich zulassen können, daß man sie abschlachtete? Das war eine zu schwere Rache für das Unrecht, das sie mir angetan hatte; und sie hatte mir vor diesem einen Verrat auch viel Gutes getan. Ich hätte sie am liebsten inmitten dieses kannibalischen Alptraums von ihren Fesseln befreit und sie an meine Brust gedrückt, um sie zu trösten, doch zuerst mußte ich vom Imbe-Jaqqa ihre Freiheit erbitten.
»Deine Gefährten kann ich nicht retten«, sagte ich leise. »Doch für dein Leben werde ich mich sofort einsetzen. Hab keine Angst.«
Auf der anderen Seite, wo die Fürsten der Jaqqas saßen, war alles wild und fröhlich. Sie tranken ihren mit Blut versetzten Wein, lachten lauthals und waren wegen des Festmahls sehr erheitert. Ich näherte mich dem Imbe-Jaqqa. Er betrachtete mich mit einem kleinen Anflug von Ärger oder zumindest Mißfallen. »Ich habe dir gesagt, Andubatil«, meinte er, »daß du die Gefangenen morgen befragen darfst. Nun komm zu uns und teile den Wein mit uns!«
»Ich bitte um Verzeihung, mein Fürst Calandola, doch ich habe die Gefangenen nicht befragt.«
»Nur die Frau, ha! Ich habe dich bei ihr gesehen.« Er schlug die großen Schenkel zusammen, rieb sich fröhlich mit den Händen über den eingeschmierten Körper und sagte: »Sie ist schön und saftig, diese Portugiesin! Ich werde ihre Brüste nehmen und Kinguri ihr Hinterteil, und die Schenkel, Andubatil, willst du die Schenkel haben?«
Seine gefühllosen Worte erzürnten mich zum äußersten.
»Nay!« rief ich in plötzlicher Erregung. »Nay, Fürst Calandola!«
»Also nicht die Schenkel?«
Ich schüttelte überaus energisch den Kopf. »Keinen Teil von ihr! Wir werden sie nicht essen!«
»Was sagst du da?« fragte er auf seine neugierige Art, denn es erstaunte ihn immer, wenn man sich seinem Willen widersetzte, und er schaute den, der sich ihm widersetzte, an, als würde er eine Fliege von der Größe eines Elephantos betrachten oder einen Elephanto von der Größe einer Fliege. »Sie wird nicht gegessen, Andubatil, weil du es befiehlst?«
»Mein guter Fürst«, sagte ich mit größerer Bescheidenheit, »ich erbitte eine große Gnade. Ich bitte dich, diese Frau nicht zu töten.«
»Damit du sie haben kannst, nicht wahr?«
»O Imbe-Jaqqa, diese Portugiesenfrau war mein Weib, als ich in São Paulo de Luanda lebte.«
»Ah, dein Weib«, sagte er, wie er auch gesagt hätte: deine Stiefel, deine Mütze, dein Becher. »Nun, und was hat das zu bedeuten? Du hast jetzt ein anderes Weib. Du kannst drei oder vier andere haben oder sieben, wenn du willst.«
»Nay«, sagte ich heftig schwitzend und versuchte, mein Unbehagen zu verbergen. »Ich habe sie sehr geliebt und allen anderen Frauen vorgezogen. Ich bitte dich, nicht so hungrig von ihr zu sprechen.«
»Dein Weib, Andubatil?« sagte er, über die Vorstellung nachdenkend.
»Aye, wir wurden dem höchsten Brauch entsprechend vor unserem Gott vereint«, log ich überaus fieberhaft, »und es hat mich sehr erstaunt, sie hier unter deinen Gefangenen zu sehen. Denn wir waren in den vergangenen Jahren, nach dem Verrat, der mich in Mofarigosats Hände auslieferte, voneinander getrennt. Die ganze Zeit über habe ich mich sehr nach ihr gesehnt, und nun hat man sie mir wiedergegeben.«
Kinguri lehnte sich zu uns hinüber.
»Du solltest wissen, Andubatil«, sagte er mit dunkler Stimme, »daß sie einem dieser Portugiesen, der nun tot ist und für das Fest vorbereitet wird, sehr nahe und vertraut war.«
»Ihr Bruder«, sagte ich schnell.
»Ah.«
»Aye. Don Fernão de Souza. Ich kannte ihn in meinem alten Leben; ein Mann, der sich immer sehr prachtvoll gekleidet hat. Sie waren einander sehr lieb, der Bruder der Schwester und die Schwester dem Bruder. Fürst Imbe-Jaqqa, laß mich nun zu ihr gehen und sie von ihren Fesseln befreien.«
»Die Frau ist gefährlich«, sagte Kinguri leise zu seinem Bruder; aber ich konnte es dennoch hören. »Ich habe sie mit den anderen Portugiesen gesehen, und diese behandelten sie, als wäre sie ihre Königin. Es liegt eine große Kraft in ihr. Ich fühle es, ich sehe es deutlich. Wenn wir sie leben lassen, wird sie uns Unheil bescheren.«
»Sie ist Andubatils Weib«, erwiderte Calandola.
»Er hat
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