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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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jetzt ein anderes.«
    Ich sah, daß dies zu einem Zwist zwischen den königlichen Brüdern wurde, dem Fragen zugrunde lagen, wer die Macht hatte, und vielleicht auch einige Fragen, ob ich meine Liebe nun der Frau zuwenden würde, von der ich behauptete, sie sei mein Weib.
    Ich deutete mit dem Arm auf Kinguri und rief: »Bruder! Wie kannst du so grausam vor mir sprechen?«
    »Ich will nicht unser gesamtes Werk gefährden«, erwiderte Kinguri mit einem frostigen Lächeln, »um eine Frau zu retten, auch wenn sie die deine ist.«
    »Und eine Frau, nackt und verängstigt, gefährdet das gesamte große Werk der Jaqqas? Pfui, Kinguri! Ich habe dich für einen weisen Mann gehalten.«
    »Der bin ich auch, Andubatil Jaqqa; meine Weisheit und die deine haben sich in meinem Blut vermischt, und diese vermischte Weisheit rät mir, diese Portugiesenfrau zu fürchten. Ich sage, erschlagt sie, daß sie kein Unheil anrichten kann.«
    Ich wandte mich von ihm ab.
    »Ich wende mich an dich, Fürst Calandola…«
    »Du bist ihr zugetan?« fragte mich der große Jaqqa, noch immer sehr neugierig, als sei ihm diese Art von Leidenschaft ein gewaltiges Geheimnis.
    »Das bin ich. Ich liebe sie fast wie mein Leben selbst. Ich könnte es nicht ertragen, zu sehen, wie sie für dieses Fest erschlagen wird.«
    »Mein Bruder Kinguri mag sie nicht, und er irrt sich selten in solchen Einschätzungen.«
    »Ich sage dir, sie wird nichts Böses tun, Fürst Imbe-Jaqqa.«
    Calandola zuckte die Achseln. Ich sah, daß ihm diese Sache lästig wurde. Er senkte das Gesicht zu seinem Wein-Becher und nahm einen tiefen Schluck, und als er es wieder hob, waren die Wangen und der Mund mit der purpurnen Blutflüssigkeit bedeckt, die ihn zehnmal schrecklicher aussehen ließ. Und doch lag nun Wohlwollen in seinem Lächeln, und er nickte seinem Bruder freundschaftlich zu. »Andubatil hat mir gut gedient«, sagte er, »und ich möchte ihm den Wunsch nicht abschlagen, Bruder. Er begehrt die Portugiesenfrau. Ich sehe die Gier, die in ihm brennt.«
    »Ich bin beunruhigt, Bruder«, murmelte Kinguri.
    Ich streckte die Hand nach diesem teuflisch klugen Jaqqa aus. »Ich biete mich selbst als Sicherheit, Bruder«, sagte ich. »Sie wird unserem Volk keinen Schaden zufügen. Ich möchte gern, daß mir meine Frau zurückgegeben wird, und bitte dich, deine Einwände zurückzunehmen.«
    »So sei es«, sagte Calandola mit einer ungeduldigen Handbewegung. »Dann nimm sie also.«
    »Tausend Dank, mächtiger Imbe-Jaqqa«, sagte ich und verbeugte mich tief. Als ich aufschaute, sah ich kalte Feindschaft in Kinguris Gesicht, denn offensichtlich wollte er nicht, daß ich sie bekam, und noch weniger wollte er, daß der Imbe-Jaqqa mir trotz seiner drängenden Worte zugestimmt hatte.
    »Was die beiden anderen Portugiesen betrifft«, sagte Calandola, »so werden sie vor dem Fest morgen getötet. Sorge dafür, daß du vorher mit ihnen sprichst und erfährst, was du von ihnen erfahren kannst.«
    »Das werde ich«, sagte ich.
    Dann ging ich zu Doña Teresa und befahl dem Jaqqa, der sie bewachte, ihre Fesseln abzunehmen. Aus Respekt vor mir schickte er sich an, mir zu gehorchen, doch dann überkam ihn Zweifel, und er blickte zum Imbe-Jaqqa. Calandola lächelte, und der Wachposten ließ sie frei.
    Doña Teresa raffte ihre Fetzen zusammen, um ihre Brüste zu verbergen, dankte mir mit einem Händedruck und fragte: »Wie hast du dies bewerkstelligt?«
    »Ich habe ihnen geschworen, du seiest meine Frau, und sie haben dich mir zurückgegeben.«
    »Ah. Dann gibt es hier keine Strafe für einen Meineid?«
    Ich beugte mich zu ihr. »Dein Fall war verzweifelt«, sagte ich. »Sollte ich mich an die Nettigkeiten der Wahrheit halten und zusehen, wie du gekocht wirst?«
    »Dann bin ich hier also deine Frau?«
    »Entweder das, oder du wirst wieder in Fesseln gelegt«, sagte ich.
    »Ah. Ah, ich verstehe.« Es war Unheil in ihren Augen und ein wenig Zorn, aber auch Erheiterung, glaube ich. »Nun, und ich nehme an, dann kann ich ihnen vorspielen, daß ich deine Frau bin, Andres.«
    »Du wirst mehr tun, als es nur vorzuspielen«, sagte ich.
    »Du bist sehr offen, nun, da du ein Menschenfresser bist.«
    »Hochwohlgeborene Dame, ich habe Euer Leben gerettet. Aber ich habe meins als Sicherheit geboten, daß du in diesem Lager kein Unheil anrichten wirst. Daher wirst du dich weniger herrisch geben und mir bei dieser Vortäuschung unserer Ehe helfen, oder ich werde noch in diesem Augenblick rückgängig machen, was ich

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