Herr der Finsternis
bleiben.«
»Genau.«
»Und um am Leben zu bleiben, hast du bei solchen Gelegenheiten auch…«
»Komm«, sagte ich.
»Stelle weniger Fragen, nimm meinen Arm und sei meine Frau, wenn du dich vor dem Kochtopf retten willst.«
Doch sie schreckte vor mir zurück. Ich bot ihr erneut den Arm an, und sie schüttelte sich ein wenig, erholte sich aber wieder, richtete sich auf und reckte die Schultern hoch. Die Augen von dem Kessel und seinem brodelnden Inhalt nehmend, diesen abgetrennten, dahintreibenden Gliedern, die dann und wann an die Oberfläche wallten, ging sie mit mir wie eine wahrhaftige Dame zur anderen Seite der Feuer. Überall um uns herum waren Horden von aufgewühlten Jaqqas, die mit den Bewegungen ihres Tanzes die Knie hochwarfen, aber in ihrem wilden Herumspringen innehielten, um mich zu grüßen, was auf Doña Teresa eine gewisse Wirkung nicht verfehlte.
Wir gingen zum Bankett-Platz der hohen Jaqqas. Als würde ich sie am Hofe Ihrer Majestät vorführen, stellte ich Doña Teresa dem Imbe-Jaqqa vor und fühlte den straffen Griff ihrer Hand an meinem Arm, als er seine glühenden, angsteinflößenden Augen auf sie legte und sie bis zu den tiefsten Geheimnissen ihrer Seele durchdrang: Sie atmete stoßweise, und ihre Brüste hoben und senkten sich überaus heftig, so groß war ihr Schrecken. Und doch glaube ich, hätte ich in dem Augenblick, da Calandolas teuflischer Blick auf sie fiel, eine Hand zwischen ihre Beine gelegt, dann hätte ich diese Stelle heiß und naß vorgefunden, und zwar auf eine lustvolle Art, bei der man das Monströse als überaus erregend empfindet.
Ich stellte sie danach Kinguri vor, der mich mit einem überaus kalten und sie mit einem kaum wärmeren Lächeln bedachte, und dann den anderen Fürsten; und wir nahmen Platz und bekamen Wein; und man reichte uns Schüsseln mit Gemüse und Brei, mit denen wir uninteressiert herumspielten, denn keiner von uns hatte unter dieser Anspannung großen Hunger. Und die Medizinmänner führten ihren Tanz auf, entzündeten Feuer von seltsamer Farbe und sangen ihre schrillen Hymnen zum Lob des Imbe-Jaqqa.
Und Doña Teresa betrachtete all das, als sei sie wahrhaftig in die Höllengrube gefahren und Zeugin der schrecklichen Feiern und Riten des Belial und Beelzebub, des Moloch und Luzifer. Und doch blieb sie äußerlich ruhig, wenngleich sie gespannt und zitternd dasaß wie die gestimmte Saite einer Harfe.
»Seit wie vielen Monaten bist du nun unter diesen Geschöpfen?« sagte sie schließlich.
»Ich glaube, es sind bald zwei Jahre. Es ist nicht einfach, zu behalten, wieviel Zeit verstrichen ist.«
Sie hielt ihre Weinschale, schaute hinein wie in die magische Glaskugel eines Zauberers und drehte sie langsam.
»Warum haben sie dich nicht erschlagen, Andres? Sie erschlagen alles auf ihrem Weg.«
»Dem ist nicht so«, sagte ich.
»Sie sind Philosophen…«
»Ha! Bist du betrunken oder nur wahnsinnig?«
»Philosophen«, sagte ich erneut, »und folgen der großen Mission, die Welt nach ihren Vorstellungen zu verändern.«
»Soviel weiß ich auch; aber dies ist keine Philosophie.«
»Ich sage dir, es ist Philosophie!« rief ich.
»Dann bist du verrückt!«
»Hör mir zu. Sie wollen die Welt in etwas verwandeln, das nach ihrer Sicht heilig ist. Sie töten, wie es die Not und der Hunger verlangen; aber sie töten nicht einfach so. Sie dienen einer höheren Sache als der bloßen Zerstörung.«
Sie blickte sich um, sah zu dem tumulthaft schreienden Calandola hinüber, zu dem kalt planenden Kinguri, zu den Tänzern, den Medizinmännern.
»Dann sind sie noch größere Teufel«, sagte sie, »als ich gedacht habe.«
»Ich glaube, darin hast du recht, Teresa.«
»Und du dienst ihnen.«
»Ja, ich diene ihnen.«
»Welche Verwendung haben sie für dich? Obwohl du stark bist, kommst du einem Dämonen-Jaqqa doch nicht gleich.«
»Ah, ich habe eine Muskete«, sagte ich.
»Das ist es. Ich hatte es übersehen. Sie verlangen wegen deiner Muskete nach dir, Andres.«
»Aye, wegen meiner Muskete, und auch wegen mir selbst. Ich bin der weiße Mokisso mit dem goldenen Haar, und sie glauben, daß eine göttliche Kraft in mir wohnt.«
Sie musterte mich eindringlich und lange. Ein Sklave kam mit Wein vorbei und bot ihn uns an; sie ließ ihre Schale bis um Rand füllen, trank aus und bat um mehr. Es war nicht der mit Blut vermischte Wein. Wäre er es gewesen, hätte ich es ihr wohl nicht gesagt. Doch davon trank nur Calandola.
»All das erstaunt mich sehr,
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