Herr der Finsternis
beschweren, doch er wollte mich nicht empfangen, und sein Sekretär sagte mir geradeheraus, das Kontor sei als ehrbar bekannt. Ich hatte keine weiteren Ansprüche. Diese Spanier, die die Bank hielten, waren verschlagene Hunde, und ich war ein Engländer, der in diesem Land keine Rechte hatte. Sie hatten mich all meines Wohlstands beraubt, und damit war die Sache erledigt. Wenn ich nach England zurückgekehrt war, so ein Beamter, konnte ich ja einen Gerichtsbeschluß gegen das Kontor erzwingen. Doch ohne dieses Geld war ich nicht in der Lage, nach England zurückzukehren.
Wie also sollte ich für meine Passage bezahlen? Meine Narben versetzen? Ich hatte keine Freunde in dieser Stadt, und von den Geldverleihern wollte sich keiner mit mir abgeben; kurzum, ich war ein so hilfloser Bettler, wie ich es an dem Tag gewesen war, da man Thomas Tomer und mich in Ketten in unseren Kerker geworfen hatte.
Doch bei diesem Stand der Dinge kam mir ein guter Portugiese zu Hilfe, und zwar ein gewisser Händler namens Nicolau Cabral, der jüngere Bruder des Pinto Cabral, der auf meinen Reisen mit mir gesegelt war, als ich Lotse gewesen war. Dieser jüngere Cabral, der mich von den Erzählungen seines Bruders her kannte, suchte mich auf und sagte: »Ich beabsichtige, eine Handelsreise in das Königreich Kongo zu machen, wo meines Erachtens sehr viel Profit zu holen ist. Und mein Bruder sagt, daß Ihr ein beherzter Mann seid, in vielen Sprachen beschlagen und mit großem Wissen über die Völker dieses Landes, und so möchte ich Euch bei diesem Unternehmen als meinen Partner haben.«
Ich umarmte diesen Cabral überaus herzlich und sagte ihm, er sei meine Erlösung, denn ich stünde ohne einen Heller da und suchte eine Möglichkeit, mir die Passage in meine Heimat zu verdienen und genug Geld, um auf meine alten Tage bestehen zu können, falls ich England je erreichen sollte. Und so wurde vereinbart, daß ich ihn führen und vor Schaden bewahren und dafür einen Anteil der Profite der Reise bekommen würde, auch, wenn ich kein eigenes Kapital dafür aufbringen konnte. Überdies wolle er mir schwören, sagte er, auch wenn wir mit unserem Handel keinen Gewinn erzielen würden, mir genug Geld für meine Passage zu zahlen. Dieses Angebot bereitete mir große Freude, wenngleich ich auch sagte: »Ich glaube, es wird nicht nötig sein, Euch diese Bedingungen abzuverlangen, denn wir werden mit zahlreichen Schätzen beladen heimkommen.«
2
Auf diese Weise fand ich, der ich geglaubt hatte, zu dieser Zeit schon längst auf der Heimreise zu sein, mich erneut als Wanderer in den Wäldern und Einöden Afrikas wieder.
Doch es war keine lästige Plage. Welche Rolle spielt eine weitere kleine Verzögerung, wenn einer, wie es bei mir der Fall war, der Heimat seit über fünfzehn Jahren fern gewesen war? Ich konnte doch nicht als Bettler zurückkehren. Überdies gestehe ich Euch auch, daß ich Angst hatte, nach England zurückzukehren, obwohl dies so lange mein Traum gewesen war, denn ich hatte die Befürchtung, daß die vielen Veränderungen, die in diesem Land vonstatten gegangen waren, mich vollends verwirren würden. Und überdies hielt mich das Wissen von meinem großen Ziel ab, daß noch zu viel Afrika in mir war, ich mich noch nicht im Einklang mit dem Geist meines Heimatlandes befand und noch immer versuchen mußte, Calandola hinter mir zu lassen; denn der Geschmack des verbotenen Fleisches stieg mir manchmal noch auf die Zunge.
Wir brachen in die Provinz Mbamba auf, Nicolau Cabral und ich, die nördlich von Angola liegt, und ließen Städte namens Musulu und Lembo und Nkondo hinter uns. Dies waren christliche Orte, die schon seit langem unter dem Einfluß Portugals standen. Doch wurde hier ein sehr seltsames Christentum praktiziert, das mir höchst abstoßend vorkam.
Dies geschah, glaube ich, in der Stadt namens Musulu. Eines Abends hörte ich eine Stunde nach Sonnenuntergang, wie eine Vielzahl von Menschen sangen, doch auf solch gequälte Art und Weise, daß es mir Schrecken bereitete. Ich befragte meine Diener, was dies zu bedeuten habe, und sie antworteten, es sei das Stadtvolk, das sich in der Kirche geißeln wolle, weil es ein Freitag im März sei. Ich ging zu der Kirche, um dies selbst zu sehen, und fand dort einen römischen Priester, der zwei Kerzen angezündet hatte und die Glocke läutete.
Die Schwarzmohren verharrten vor der Kirche auf den Knien und sangen in ihrer Sprache mit einer sehr klagenden Melodie das Salve Regina; dann
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