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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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England in diesem Augenblick nur ein Phantom, und einen Großteil der Zeit über lag mein Verstand in einem trüben Grenzland zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen. Ich hatte die Lebensweise der Jaqqas zuerst nur angenommen, weil sie mich vielleicht der Küste und der Hoffnung auf meine Heimat näherbringen könnten; doch auf irgendeine Art war während meiner Reisen mit ihnen ihre Infektion in meinen Körper eingedrungen, und sie tobte noch immer in einer fernen Ecke meines Seins. Ich dachte, ich hätte endgültig mit den Jaqqas gebrochen, als ich Kulachinga zu Don João Coutinho schickte, um Calandola zu verraten; ich dachte, diese Tat markiere ein für alle Mal meine Ergebenheit an die christliche Zivilisation; und doch stand ich hier im Urwald des Kongos und erzitterte, denn sollte ich sie dort in jenem Ollicondi-Hain finden, würde ich eine neue Allianz mit ihrem Herrn der Finsternis eingehen.
    Doch, Gott sei gedankt, wir begegneten keinen Jaqqas und erreichten ungehindert die bedeutendste Provinz des Königreichs Kongo.
    Dies war nun der Ort, wo die Portugiesen zum ersten Mal auf dieser Seite Afrikas Wurzeln geschlagen und sich in ein Königreich eingeschmuggelt hatten, das schon reich und durchaus zivilisiert gewesen war. Es gab hier schon seit langer Zeit schwarze Könige. Als die Portugiesen kamen, vor hundert Jahren oder noch früher, hatten sie dieses Volk dazu verleitet, den papistischen Glauben anzunehmen und Verbündete Portugals zu werden, was mit der Zeit jedoch nur bedeutete, daß Portugal sie verschluckte. Christen wurden sie, mit christlichen Bräuchen und Kleidern und Namen, und sie brüsteten sich ständig damit, diese neuen Bräuche hätten ihnen große Vorteile gebracht, während die Portugiesen in aller Stille durch Schmeichelei und Betrug den Wohlstand aus ihrem Land sogen. Ich fürchte, dies ist die alte Geschichte, die sich wiederholen wird, wo auch immer die Tücke Europas der Unschuld des Paradieses begegnet.
    Die Hauptstadt dieses Königreichs trug den Namen Mbanza, was in ihrer Sprache nur »Die Stadt« oder »Der königliche Hof« bedeutet, und als sich die Portugiesen hier niederließen, nannten sie sie São Salvador de Mbanza, was nun ihr offizieller Name ist. Obwohl sie wegen der Jaqqa-Invasion vor dreißig Jahren und anderer Kalamitäten ihre größte Zeit schon hinter sich hatte, bot sie uns noch immer einen großen Anblick, als wir uns ihr näherten, waren wir doch durch dichten Urwald, vorbei an Marschen und Sümpfen, über Schluchten und Flüsse zu dem Hochland marschiert, auf dem die Stadt etwa einhundertundfünfzig Meilen vom Meer entfernt liegt.
    Sie sitzt auf einem großen und hohen Berg, den die Portugiesen Outeiro nennen und der fast gänzlich aus Fels besteht, wenngleich er auch eine Eisenader aufweist, von der die Einheimischen bei ihrem Hausbau großen Nutzen ziehen. Dieser Berg hat auf seiner Spitze eine große und sehr fruchtbare Ebene, auf der in einem Umkreis von etwa zehn Meilen viele Häuser und Dörfer stehen, in denen fast einhunderttausend Menschen hausen und wohnen. Das Erdreich ist fruchtbar und die Luft frisch und rein; es gibt viele Quellen mit gutem Wasser und einen Überfluß an allen Arten von Vieh.
    Diese Stadt São Salvador hat bis auf ein kleines Stück im Süden weder eine Einfriedigung noch eine Mauer; diesen Stadtteil ließ der erste König errichten und übergab ihn später den Portugiesen als Residenz. Ansonsten sind nur der königliche Palast und die Häuser der Adligen von Mauern umgeben. Zwischen dem portugiesischen Stadtteil und dem königlichen Palast befindet sich ein großer Platz, auf dem eine Kirche erbaut wurde; dahinter liegt ein schöner Marktplatz. Die Mauern der portugiesischen Stadt und der des Königs sind sehr dick, doch die Tore werden des Nachts nicht geschlossen und auch nicht durch Wächter gesichert. Die Gebäude der hohen Männer bestehen aus Kreidefels und Stein, doch die anderen aus sehr eng geflochtenem Stroh: Die einzelnen Räume, Speisezimmer, Galerien und so weiter sind nach europäischem Brauch mit sehr kunstvollen Matten behangen. In den Innenhöfen liegen Gärten, in denen eine Vielzahl von Kräutern wächst und verschiedene Baumsorten angepflanzt wurden. Es gibt zehn oder elf Kirchen zu Ehren der unterschiedlichsten Heiligen und eine Jesuitenschule und Schulen, in denen die Knaben unterrichtet und in der lateinischen und portugiesischen Sprache unterwiesen werden.
    Wir suchten zuerst den Hof des Königs

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