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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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tot zu sein, als eine Woche hier zu verbringen. Hier wirst du eine Schwadron armer Soldaten sehen, die sich wie Kamele nach einem Windstoß sehnen. Teile deine Kraft ein, Engländer. Du wirst sie brauchen.«
    »Warum wurde das Fort dann an solch einem Ort erbaut?«
    »Um den Schwarzen Einhalt zu gebieten, daß sie uns nicht aus dem Hinterland überfallen. Wenn jemand nach São Paulo de Luanda marschieren will, muß er hier vorbei oder an dem Fluß entlang, der im Norden liegt, dem Mbengu, der nicht so leicht zu überqueren ist. Und es gibt noch einen Grund. Vor uns liegt ein Ort namens Kambambe, etwa so weit entfernt, wie Muchima hinter uns liegt, und in Kambambe, sagt man, gibt es ergiebige Silberminen.«
    »Ach?«
    Henrique lachte schallend. »Sieh an, wenn man von Schätzen spricht, erwacht der Pirat sofort. Wisse, Engländer, daß es uns noch nicht gelungen ist, die Minen von Kambambe zu finden. Doch wir wissen, daß das Silber dort ist. Wir glauben, daß es zu den Minen von König Solomon gehört.«
    »Aye?«
    »Aye. Es gibt einige, die behaupten, daß Solomons Gold, das er für den Tempel von Jerusalem zusammentrug, über das Meer aus diesen Ländern gebracht wurde. Dies ist fürwahr nicht einmal unwahrscheinlich, denn im Landesinneren gibt es ein Reich namens Monomotapa, wo bis zu diesem Tage viele alte Gebäude großer Baukunst und einzigartiger Architektur, wie man sie in keiner der benachbarten Provinzen findet, erhalten geblieben sind. Und wenn wir uns den Weg zum Herzen dieses Landes bahnen, Engländer, werden wir Monomotapa für uns ergreifen und Ophir { * } und seine Schätze nehmen, die denen von Peru und Mexiko gleichkommen, die die Spanier geraubt haben. Deshalb haben wir hier unser Fort errichtet, da dies der Anfang des Landesinneren ist, das den Weg nach Monomopata öffnet.«
    Ich lauschte Henriques Berichten über die Minen des Königs Solomon aufmerksam und nahm mir vor, diese Nachricht ans Ohr der Königin Elisabeth zu bringen, wenn ich jemals nach Hause zurückkehren sollte. Ich hätte ihr gern ein neues Peru, ein neues Mexiko auf den Herd gelegt. Sollen die Portugiesen diese Minen finden, sagte ich mir, und dann werden wir sie ihnen abnehmen als Entschädigung für meine Leiden.
    Der arme Henrique sah keinen goldenen Schatz. Unter dem scheußlichen Gewicht der Hitze von Masanganu, die wie ein hinabstürzender Himmel über uns hing, erlitt er einen Blutsturz und lag zitternd vor Schüttelfrost in dem kleinen Haus, in dem die Portugiesen dort ihre Kranken aufbewahrten, und jede Woche kam der Arzt, um ihn zur Ader zu lassen, was ihm jedoch keine Erleichterung verschaffte. Ich besuchte ihn und sah, wie das Fleisch unter seinem Schweiß verbrannte und er von Tag zu Tag mehr zu einem Skelett wurde. Er war einmal ein untersetzter, starker Mann gewesen, und nun war er ein Totenschädel und Knochen, ein schrecklicher Anblick, der lebendige Tod. Nach Ablauf von zwei Monaten war nichts mehr von ihm übrig, und er starb.
    Danach kam ein Offizier der Garnison Masanganu zu mir, dessen Name Vicente de Menezes lautete, und sagte: »Im Logbuch stehst du als Lotse ausgewiesen, Engländer.«
    Ich war einen Augenblick lang verblüfft, doch dann fiel mir die Lüge wieder ein, die ich Luiz Serrão vorgetragen hatte.
    »Aye«, sagte ich.
    »Nun denn«, sagte dieser Vicente de Menezes, der hager und von grüner Gesichtsfarbe war und ebenso von der Hand des Todes umklammert schien, »die Pinasse muß jetzt mit Depeschen und gewissen Gütern nach São Paulo de Luanda zurückgeführt werden, und Henrique ist tot. Ich befehle dir, sie an seiner Stelle den Fluß hinabzuführen.«
    Ich widersprach nicht. Ich war zwar kein Lotse, hatte jedoch gewisse Kenntnisse über diese Kunst, und keiner der Portugiesen hier sah aus, als habe er auch nur die geringste Erfahrung darin. Und ich glaube, zu dieser Zeit hätte ich vieles getan, um Masanganus Brennofen lebendig zu entgehen – sogar das Bild der Madonna geküßt oder römisches Kauderwelsch gemurmelt –, aye, selbst das, glaube ich. Es war nur eine Kleinigkeit, das Kommando über eine portugiesische Pinasse zu übernehmen, um mein Leben zu retten. So rückte ich meiner Verwandlung einen weiteren Zoll näher. Man hätte meinen können, daß ich ein Offizier in den Diensten König Philips geworden sei. Bei Gott, die Wendungen und Drehungen, die das Leben uns bringt!
    Und die Wendungen und Drehungen des Flusses: Zumindest an diese erinnerte ich mich, denn ich bin in dieser

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