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Herr der Finsternis

Herr der Finsternis

Titel: Herr der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Gelegenheiten sprach, als meine afrikanischen Jahre länger und länger wurden und die Gefahren, die mich bedrohten, immer schrecklicher. Und ich glaube, es ist ein nützliches Gebet. Ich glaube, wenn man sich direkt an den Herrn wendet und offen und aufrichtig zu Ihm spricht, ist dies tausend und aber tausend Male wirksamer, als wenn man Rosenkranzperlen zählt und Kerzen anzündet und kniend seine Paternoster und Ave-Marias murmelt und sich vor irgendwelchen Priestern in schönen Roben und majestätischem Pomp erniedrigt.
    Nach diesem Gebet kehrte ich in meine dunkle Zelle im Presidio zurück; denn obwohl ich nicht mehr länger unter Bewachung stand, hatte man mir kein angenehmeres Quartier gegeben. Wenn ich von meiner Reise zurückkehrte, sagten sie mir, würde ein Haus in der Stadt bereitstehen. (Es hatte keinen Sinn mehr, mich zu bewachen. Sie wußten, daß ich nicht fliehen würde. Wohin könnte ich gehen? Und wie? Ich konnte nicht nach England schwimmen.)
    Kurz darauf kam Doña Teresa zu mir. Sie trug einen dunklen Umhang und einen Schleier über ihr hübsches Gesicht.
    »Du siehst, ich habe mein Wort gehalten«, sagte sie.
    »Ich bin überaus dankbar.«
    »Don João hat warmherzig und mit großem Lob von dir gesprochen. Er sagt, du wärst ein Mann mit Fähigkeiten und Kraft und Klugheit und in deiner offenen Art auf gewisse Weise diplomatisch und durchaus vertrauenswürdig.«
    »Aye, das bin ich.«
    »Und daß du auch von großer Bescheidenheit seist.«
    »Aye, Doña Teresa! Ich bin berühmt dafür, und zwar zu Recht.«
    »Du hast auch andere Begabungen, für die du ebenfalls berühmt sein könntest, doch von diesen weiß Don João nichts.«
    »Nay«, sagte ich. »Als wir über unserem Wein und unserem Schweinsfischbraten saßen, sagte ich ihm, wie oft ich deinen Körper genossen und wie bewundernswert ich dich besprungen und welche Geräusche des äußersten Vergnügens ich deinen Lippen entlockt habe. Und er beglückwünschte mich und sagte, er hätte wie ein Holländer über dir geschwitzt, ohne dich zur Ekstase zu bringen, und fragte mich, ob ich in dieser Hinsicht ein Geheimnis habe, in das ich ihn einweihen könnte. So sagte ich daraufhin…«
    »Andres!«
    »… es sei ganz einfach, man müsse nur den Mund ganz nah an dein linkes Ohr bringen…«
    »Andres!«
    »… und auf englisch zu dir sprechen, gewisse erhitzende Worte wie ›Käse‹ und ›Butter‹ und ›Seidel‹ sagen, und daß du, wenn du diese Worte vernimmst, in solch eine Raserei gerätst, daß es aller Körperkraft eines Mannes bedarf, dich zu reiten, ohne zerrissen zu werden, und…«
    »Ich bitte dich, hör auf damit!« rief sie, wobei sie ihr Gelächter zwar zurückhielt, sich jedoch ein Kichern gestattete.
    »… und augenblicklich den Gipfel des Vergnügens erreichen würdest, nur weil du ein paar Worte der englischen Sprache vernommen hättest. Und so hat Don João mir gedankt und mir befohlen, ihn in meiner Sprache zu unterweisen, was ich auch getan habe, und wenn er das nächste Mal deinen Körper besitzt, wirst du, schätze ich, wohl hören, wie er in den innigsten Augenblicken einige gute alte Worte der englischen Sprache murmelt, ›Spinnennetz‹ und ›Messerschmiedehandwerk‹ und so weiter. Und ich rate dir, Doña Teresa, sie mit gewaltigen Bewegungen deiner Hüfte und Stößen deiner Mitte und mit tiefem Keuchen und Stöhnen in deiner Kehle zu erwidern, denn sonst hat er mich der Lüge überführt, und ich werde bei deinem Don João an Rang und Ansehen verlieren.«
    »Du bist ein sehr törichter Mann«, sagte sie liebevoll.
    »Ich bin nach langen Monaten der Gefangenschaft befreit worden, und ich glaube, vor Aufregung ist mein Gehirn ganz weich geworden.«
    »Wirst du auf englisch zu mir sprechen?«
    »Und um dir zu gefallen, sogar auf pollackisch oder in der Zunge der Türken.«
    »Sprich englisch mit mir.«
    »Ich bin Euer treuester Diener und höchster Bewunderer«, sagte ich auf Englisch, überaus schwülstig und mit einer Verbeugung.
    »Nein«, sagte sie, »noch nicht, noch nicht! Flüstere mir diese Dinge ins Ohr, wie du es angeblich tust, wenn wir ganz innig sind!«
    »Ah, sicher.«
    Sie nahm den Schleier ab und legte ihr schönes Gesicht bloß, das für mich mehr und mehr eine verborgene Mohrenschönheit besaß – die vollen Lippen, die breiten, hohen Wangenknochen. Und dann legte sie mit einer ähnlichen Geste den Mantel ab, drehte sich und wirbelte herum, während sie die kleine Schnalle löste, die ihn an

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