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Herr der Moore

Herr der Moore

Titel: Herr der Moore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kealan Patrick Burke
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schlingerte als weiter geradeaus hetzte. »So helfe mir jemand!« Ihm war gleich, was die Leute am Morgen über ihn sagen würden, falls sie mitbekamen, wie ängstlich er brüllte. Mochten Sie ihn eben als Feigling auslachen; er wusste, niemand von ihnen hätte sich in seiner Lage anders verhalten. Im Moor verirrt und von einem missgestalteten Mann bedrängt, der offensichtlich einen fehlgeleiteten Rachefeldzug gegen ihn führte – logisch, dass er sich fürchtete und nicht zum Schweigen zwang, nur um Contenance zu wahren. Falls sich Stephen, dieser selbsternannte Herr der Sümpfe, als unberechenbarer Wüterich erwies, würde Campbell weiß Gott mehr verlieren.
    Am Rande seines Blickfeldes schlich ein langes, geschmeidiges Etwas am Boden durch den Nebel. Verstört bis ins Mark, bildete sich Campbell ein, himmelblaue Lichter gleich Flammenkugeln aus Sumpfgas zu sehen, die in einem dunklen Flachschädel glühten, doch dann fiel der dichte Schleier erneut.
    Ich glaube nicht an die Bestie von Brent Prior, redete er sich ein. Es gibt sie nicht.
    Endgültig kopflos machte ihn ein fürchterliches Grollen, und er rannte los, aber nach wenigen Schritten zog es ihm brüsk den Boden unter den Füßen weg. Er klatschte auf die feuchtkalte Erde, und statt erneut zu schreien, winselte er, als sich ein heißer Schmerz in seinem Gesicht ausbreitete. Nase gebrochen, dachte er mit einem seltsamen, angenehm entrückten Gefühl und rollte herum auf den Rücken. Die Wärme des Blutes, das nun in seinen Mund lief, beruhigte ihn; ein Geschmack wie von Kupfer blieb auf seiner Zunge zurück.
    Die dräuende Bewusstlosigkeit verwandelte die Augen der Kreatur, die vor ihm stand, in Sterne.
    Hier werde ich nicht sterben – nicht durch deine Hand, Mistvieh!
    Trotz der zersetzenden Pein wälzte er sich herum, raffte sich auf und taumelte blindlings davon, einmal mehr mit ausgestreckten Armen. Der gräuliche Geruch verbrannter Erde attackierte seine Sinne wie verlängerte Gliedmaßen des Geschöpfes auf seinen Fersen. Er prustete und heulte vor lauter Angst. Dann schaute er sich um und starrte vor sich hin, während das gebeugte Wesen – drahtig wie wuchtig und mit eiskalt schwelenden Augen – den Abstand zu ihm weiter verringerte.
    Aus der Hölle. Es muss geradewegs aus der …
    Tausend Nadeln stachen ihn in Gesicht und Körper. Er wurde abrupt angehalten, sein Kopf dabei zurückgeworfen. Er keuchte, als etwas in seine Finger und dann die Handballen biss. Sogleich knickten seine Beine ein. Er zitterte, blutete immer stärker und fiel auch trotz des Schocks nicht zu Boden. Nein, er hing in der Luft und hörte, wie etwas zerriss. Sein rechtes Auge war blind – ausgestochen – und tat wundersamerweise dennoch nicht weh. Die Panik allerdings drohte Campbell in den Wahnsinn zu treiben.
    Jesus … Gott hilf mir.
    Seine Finger zuckten. Schaudernd versuchte er zu schlucken und sträubte sich, als Myriaden Stacheln wie die Zähne zahlloser Nattern seine Haut durchbohrten. Es kam ihm vor, als sei er gegen eine mit Angelhaken gespickte Wand gelaufen. Sie zerrten an ihm, rissen, schnitten sein Fleisch auf. Sein zerquetschtes Auge lief aus.
    Dornen, erkannte er mit einem Lächeln, das zuletzt aufklaffte und ebenfalls blutete. Ich bin achtlos weitergegangen und habe mich nur in den Büschen verfangen.
    Ein Atemhauch wehte über seine Schulter und wurde eins mit dem Nebel. Campbell erstarrte vor Schock, und die Dornen drangen noch tiefer ein. Als er den Kopf von dem schwarzen Stachelwall wegzog, schmerzte es unheimlich. Die Haut an seinen Wangen dehnte sich, als wollten die Widerhaken ihn zurückziehen.
    »Was … bist du?«, wisperte er. Die Pein quittierte er mit Zischgeräuschen, die erst verstummten, als jemand – zweifelsfrei ein Mensch – seine Schulter packte.
    »Ich habe mich bereits vorgestellt«, sprach Stephen, »und bin nun zum Jagen zurückgekehrt.«
    Durchs verschlungene Gezweig brach gemächlich gelbes Licht herein. Der Nebel lichtete sich, und Campbell gelangte zu der finsteren Einsicht, dass die Fenster der Häuser im Dorf diese schwammigen Rechtecke warfen. Er hatte es bis zur Mauer geschafft, die die Siedlung vom Moor trennte. Fast erheiterte ihn die Ironie dahinter, doch statt Gelächter wallten Tränen auf. Die Bauern, so malte er sich aus, schwärmten vom Fox & Mare aus, rissen Witze über den betrunkenen Arzt und seinen Rauswurf aus der Taverne.
    »Helft mir«, schluchzte er, obwohl er wusste, dass sich seine brüchige Stimme nicht

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