Herr der zwei Welten
machten, ganz zu Morsenas Erstaunen, sehr viel Aufsehen um die Andersartigkeit ihrer Bewohner, als sie es von den Buntländern kannte. Obwohl sich doch die Erdenbewohner viel ähnlicher waren, als es die Menschen der Bunten Welt, ihrem Äußeren nach waren.
Auch sie wählten verschiedene Farbbezeichnungen. Aber, so dachte Morsena, waren diese Bezeichnungen nicht gerade gut gewählt. Da gab es die Weißen, deren Haut nicht wirklich weiß war. Die Gelben waren nicht gelb und die Roten nicht rot. Auch die Hautfarbe der Schwarzen hatte wenig Ähnlichkeit mit wirklichem Schwarz. Diese Tatsache hatte das Lichtwesen bisher immer ein wenig belustigt. Nur schade, dass sie keinen Mund besaß, um richtig zu lachen!
Aber das wirkliche Problem der Erdlinge war ein ganz anders! Morsena wusste, das hatte sie schon vor sehr langer Zeit herausgefunden, dass die meisten Erdenbewohner das Gefühl der wahren Liebe nicht kannten. Das war ihr größtes Problem. Deshalb gab es in ihrer Welt Kriege und Mord. Deshalb waren die Erdenmenschen selten glücklich!
Die Liebe war für Morsena das Wichtigste, in jeder Existenz! Die Bunten Völker waren da anders. Für sie war Liebe nicht nur ein Wort. Nicht nur ein Begriff, der zeitweise galt! Morsena war sehr traurig geworden, als sie erkannte, wie allein sie war. Aber sie hatte einen Traum, den sie verwirklichen wollte. Sie wollte ein Wesen erschaffen, das sie später einmal für sich selbst formen konnte. Dazu, das hatte sie erkannt, musste ein viertes Volk in die Bunte Welt. Platz dafür hatte diese Welt ja genügend. Morsena hatte sich, als der Gedanke erst einmal Fuß gefasst hatte, auch in anderen, weiter entfernten Welten umgesehen, aber sie hatte schnell begriffen, dass die Lebewesen anderer Welten nicht geeignet waren, ihrem Experiment zu dienen. Nur die Erdlinge brachten die Voraussetzung hierfür mit. Das vierte Volk musste also von der Erde stammen!
Aus diesem Grund hatte sie lange gesucht, hatte die Menschen auf der ganzen Erde lange Zeit beobachtet, um geeignete Exemplare zu finden. Es war ein schwieriges Unterfangen, denn jedes dieser Exemplare musste zumindest die Voraussetzung für die wahre Liebe besitzen. Und Morsena brauchte mehrere Exemplare, die sie zur selben Zeit in die Bunte Welt brachte. Doch nun? War sie ihrem Traum jetzt wirklich näher gekommen? Hatte sie die Richtigen nun endlich gefunden? Einen ihrer Auserwählten kannte sie schon eine geraume Zeit. Er teilte sich, nach Morsenas Meinung, das Leben und den Tod recht geschickt ein. Aus diesem Grund existierte er wohl auch noch, während viele andere bereits im Rachen des Todes für immer verschwunden waren. Eigentlich war das eine traurige Sache mit dem Sterben. Aber es hatte Zeiten gegeben, da hatte Morsena nichts sehnlicher gewünscht, als ebenfalls sterben zu können. Denn seit sie die anderen Welten kannte, seit sie dem Leben in der Bunten Welt und auf der Erde zugesehen hatte, seitdem kannte sie auch die Einsamkeit. Aber sie, Morsena, würde vielleicht niemals sterben! Sie hatte keine andere Wahl, als diese schreckliche Einsamkeit zu ertragen. Doch wenn ihr Plan eines Tages gelingen würde, gäbe es vielleicht ein Wesen, das ihr Leben und ihre Welt teilen würde. Teilen konnte! Vielleicht konnte sie dann, mit diesem neu geschaffenen Wesen, aus ihrer langen Einsamkeit fliehen. Morsena zweifelte nicht daran, dass dies irgendwann einmal wahr werden würde. Im Gegenteil, sie dachte mit Freude an die Zeit, die dann für sie kommen würde! Es musste herrlich sein, zwei verschiedene Substanzen, jede ausgestattet mit eigenem Willen, in Liebe zu vereinen. Vielleicht hatte sie diese Gruppe von Erdlingen diesmal richtig ausgewählt. So lange, bis es soweit war, dass sie ihr Experiment in die nächste Stufe bringen konnte, konnte sie zumindest träumen. Träumen und hoffen! Zuerst musste sie aber die Erdlinge in der Bunten Welt ansiedeln. Sie mussten hier eigenes Land bekommen und es besiedeln. Dann, wenn ihre Nachkommen reif sein würden, würde sie die Völker mischen. Dann … Dann wäre sie niemals mehr allein!
*
Das Wasser des kleinen Teiches war köstlich. Karon war wieder ganz der Alte. Er löcherte sie ständig mit Fragen über dies und jenes und war wie aufgedreht. Es war Nacht und die beiden vollen Monde standen am nächtlichen Himmel. Doch Karon war durch nichts zum Schlafen zu bewegen. Er wirbelte zwischen den Erwachsenen herum und spielte im klaren Wasser des Sees, als gälte es jeden einzelnen seiner
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