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Herr der zwei Welten

Herr der zwei Welten

Titel: Herr der zwei Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sibylle Meyer
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dar, als sie dachten. Obwohl die Schlange groß war und stark genug um TsiTsi so einfach zu verschlingen, war ihr Körper doch so beschaffen, dass er keine Spuren hinterließ. Stattdessen fand Bernhard ganz andere Abdrücke. Die Abdrücke erinnerten an Pferdespuren, wiesen aber keine gerade Linie an den Abdruckenden auf und außerdem waren sie auch viel kleiner. Bernhard zeigte sie Dervit. Aber auch er konnte sich keinen Reim darauf machen. Da weder von der Gallert-Schlange noch von TsiTsi etwas zu entdecken war, mussten sie sich wohl auf gut Glück für eine Richtung entscheiden. Sie konnten nur hoffen, dass es nicht der falsche Weg war.
    „Hoffentlich finden wir meine Frau noch lebend. Hoffentlich suchen wir in der richtigen Richtung nach ihr!“ sprach Dervit das aus, was auch die anderen dachten. Julie dachte an TsiTsi. Die Gelbländer hatten zwar gesagt, dass ihr nichts geschehen würde, aber wie groß musste ihre Angst dennoch sein! Schließlich wusste sie nichts davon, dass die Gallert-Schlange sie nur von einem Ort zum anderen transportierte. Außerdem war sie ganz allein, in einem fremden Land. Julie hätte sicher sehr große Angst. Aber TsiTsi besaß eine Menge Mut und Ausdauer, erinnerte Julie sich. Diese beiden Eigenschaften würden ihr jetzt sicher helfen! Julie schickte einen stummen Trost für die kleine blaue Frau, hinauf zu den weißen Wolken, die über ihnen am blauen Himmel standen.
    Sie selbst fühlte sich elend und zerknirscht, obwohl sie nicht allein war. Sie war dankbar für die Tatsache, dass sie ihre unfreiwillige Reise in diese fremde Welt nicht hatte alleine antreten müssen. Sie wollte sich auch gar nicht vorstellen, wie schlimm es gewesen wäre, hätte sie sich plötzlich allein in der Bunten Welt wiedergefunden. Doch nun fragte sie sich, ob sie jemals zurück in das Blaue Land kommen würden. Es war schon so, dass sie das Blaue Land als ihre Heimat betrachtete, stellte Julie ziemlich verwundert fest. Sie dachte an Liz, Pieter und die kleine Steff. Wie würde es Thela ergehen, in der ganzen Zeit, in der ihre Eltern nicht da waren? Sicherlich kümmerte sich jeder, Liz und Pieter, aber auch die anderen Blauen liebevoll um das kleine Mädchen. Aber dennoch war sich Julie sicher, dass Thela ihre Eltern und ihren Bruder sehr vermisste. Was würde die Kleine sagen, wenn sie ohne ihre Mutter nach Hause kommen würden? Julie wollte sich das gar nicht vorstellen!
    Den ganzen Tag über liefen sie durch das Gelbe Land. Zum größten Teil quälten sie sich durch stark überwuchertes Land. Zwar trafen sie hin und wieder auch auf weite Wiesen, auf denen niedrige Blumen und verschiedene Gräser gediehen, aber der größte Teil ihrer Strecke bestand aus tiefstem Dschungel. Sie schienen sich wirklich die unwegsamste Gegend ausgesucht zu haben, die dieses Land zu bieten hatte. Die Hitze machte die Suche auch nicht unbedingt leichter. Aber auch der Weg machte ihnen immer mehr zu schaffen.
    Von Zeit zu Zeit standen ihnen dermaßen großblättrige Pflanzen im Weg, dass sie gezwungen waren, sich ihren Weg im wahrsten Sinne des Wortes zu erkämpfen. Julie bereute sich in ihrer Welt nicht mehr für Botanik interessiert zu haben; hätte sie es getan, würde sie vielleicht auch hier die eine oder andere Pflanze erkennen. Sie fand es noch immer sehr seltsam, dass hier, im Gelben Land, die Vegetation die gleiche sein sollte, wie in ihrer eigenen Welt. Leider waren sie allzu oft gezwungen, Pflanzen zu brechen oder sie zumindest zu beschädigen. Das war allerdings etwas, das hier gehörig an den Nerven zerrte, denn die Pflanzen des Gelben Landes schrien ihnen ihre Angst und Schmerzen entgegen. Das Weinen und Stöhnen der Pflanzenwelt war zu ihrem ständigen Begleiter geworden. Julie glaubte nicht, dass sie diese Geräusche jemals wieder vergessen könnte. Sie war psychisch am Boden, und das Gefühl, bald vollkommen wahnsinnig zu werden, wenn diese Schreie nicht bald verstummten, wurde so langsam zur Gewissheit. Sie konnte diese Schmerzensschreie nicht länger ertragen; wollte keiner Pflanze mehr wehtun! Wann war das alles endlich vorüber?
    Das Seltsamste aber war, dass essbare Pflanzen nicht klagten. Hatten sie kein Schmerzempfinden? Oder weshalb blieben sie still, wenn sie als Mahlzeit vorgesehen waren? Die Beeren, die sie gesammelt hatten, hatten jedenfalls keinen Laut von sich gegeben.
    Aber nicht nur seelisch, auch rein körperlich war die Gruppe am Ende ihrer Kräfte angelangt. Sie alle hatten viele tiefere

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