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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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Hälfte.
    Kiretta mochte eine Liturgie brauchen, um ihre Albträume zu vertreiben. Bei Nalaji würde ausreichen, wenn Narron sie in den Arm nähme.
    »So ist es immer schon gewesen. Für mich ist er der stärkste Ritter der Welt. In seiner Gegenwart fliehen alle meine Sorgen.« Alle bis auf die eine, ihn verlieren zu können.
    Nalaji überlegte, ob sie Kiretta einen warmen Umschlag für die Brust machen sollte. Die Kräuterdämpfe würden ihr vermutlich nicht helfen, zumal das Fieber schon überstanden war, aber die Beschäftigung würde sie ablenken.
    Sie stellte gerade einige Scheite zusammen, um das Feuer für den Kessel vorzubereiten, als es klopfte. Erlöst nahm sie die Öllampe und eilte zur Tür.
    Doch sie verharrte. Narron würde nicht klopfen, er hatte einen Schlüssel, und er wusste nicht, dass sie noch wach war.
    Ihre Hand zitterte, als sie nach der Klinke griff. Sie sah über die Schulter. Der Vorhang war vor den Durchgang in das Zimmer gezogen, in dem Kiretta lag. Sie öffnete.
    Ein Gardist stand vor ihr, voll gerüstet mit Helm und dunkelgrauem Kettenhemd. Glücklicherweise einer, den Nalaji gut kannte. »Ungrann!«, rief sie.
    Etwas stimmte nicht. Ganz und gar nicht. Sein Gesicht war hart wie Stein.
    »Warum kommst du mitten in der Nacht zu mir?«
    Stumm sah er zu Boden. Seine Hand griff nach dem Schwertknauf, zögerte, fand keinen rechten Platz und verschwand hinter seinem Rücken.
    »Willst du hereinkommen?« Ihre Stimme kratzte.
    Er setzte an, den Kopf zu schütteln, nahm dann aber den Helm ab und folgte ihrer einladenden Geste.
    Sie schloss die Tür.
    Nicht Narron! Mondmutter, lass nicht zu, dass Narron etwas zugestoßen ist. Er ist mein Leben. Ich brauche ihn so sehr!
    Ungrann stand im Raum wie eine Ankleidepuppe, deren Besitzer verstorben war.
    »Quält dich wieder dein Gewissen?«, fragte Nalaji. Der Gardist haderte mit den Entscheidungen seiner Jugend, aber abtrünnige Gardisten wurden von ihren Kameraden gejagt und gerichtet. Nächtelang hatte Nalaji Ungrann zugehört, ihn getröstet, Möglichkeiten erkundet, wie er die Finsternis in seinem Innern eindämmen konnte. Aber Nalaji hatte ihn nie belogen. Mit seinen Eiden gegenüber dem Kult hatte er einen Fluch auf sich geladen, den er niemals würde tilgen können. Im Nebelland würden die Götter seine Seele quälen, während seine Opfer Frieden finden mochten.
    Ungrann schüttelte so langsam den Kopf, dass es wirkte, als wolle er sich in dem kleinen Zimmer umsehen. Seine Augen huschten umher, vermieden den Blickkontakt. »Es geht nicht um mich.«
    Nalaji zwang sich zu atmen. »Narron. Sag es. Du bringst Kunde von Narron.«
    Er schluckte. »Meine Kameraden haben einen Einarmigen gefunden.« Er starrte auf ihre Füße. »Die Leiche eines Einarmigen. Er blutete aus den Augen.«
    Nalaji schlug die Hand vor den Mund.
    »Er ist tot«, sagte Ungrann.
    »Ist das sicher?«
    »So wurde es mir berichtet, von mehr als einem Kameraden. Man will keinen Aufruhr, aber viele Gardisten wurden auf ihre Posten gerufen. Auch diejenigen, die beim S CHATTENKÖNIG Dienst tun.«
    Alles in Nalaji wollte schreien, aber wenn man jahrelang im Verborgenen lebte, lernte man, sich zu beherrschen. Sie musste nachdenken. Nur Nachdenken konnte ihr jetzt helfen. Und sie musste sich beeilen.
    »Glaubst du, er ist zufällig jemandem in den Weg gekommen?«
    »Möglich. Aber die blutenden Augen …«
    »… bedeuten, dass sie Essenz von ihm genommen haben.« Nalaji ging auf und ab wie ein gefangenes Tier. Ihre Öllampe schuf eine wandernde Kugel aus Licht, die Ungrann mal streifte, mal vollständig in die Helligkeit holte. »Vielleicht, um sie gegen ihn selbst zu wenden. Um in seinem Kopf herumzuschnüffeln. Herauszuholen, was man dort finden konnte.«
    »Wenn sie wissen, dass er der Mondmutter gehuldigt hat, hier, in Orgait …«
    »Wenn es nur das wäre!«
    »Was denn noch?«, fragte Ungrann erschrocken.
    Nalaji starrte ihn an. Natürlich, für ihn, den Gardisten, konnte schon das ein Todesurteil sein. Wenn wirklich ein Osadro Narrons Wissen an sich gerissen hatte, dann wusste dieser Schattenherr womöglich auch davon, dass Ungrann an den Andachten teilgenommen hatte.
    »Ich glaube nicht, dass sie viel gefunden haben«, flüsterte Nalaji.
    »Der Kraft der Schatten vermag nichts zu widerstehen.«
    »Nichts außer Silber.«
    Ungrann hob die Augenbrauen.
    »Man hat Narron und mir kleine Silberbarren in den Schädel appliziert. Einige Osadroi wissen davon. Es gefällt ihnen nicht,

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