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Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition)

Titel: Herr: Die Schattenherren 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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ihr nicht zu nähern, um ihr Gesicht zu studieren. Ja, das war sie. Seine Mutter. Ganz sicher. Auch die Art, wie sie sprach, passte zu seiner Erinnerung.
    Jittara ging zwischen ihnen hindurch, umrundete den Tisch, stellte sich neben Bren. Bei jedem zweiten Schritt klackte der Zeremonialstab auf den Steinboden. »Was soll mit ihr geschehen, Herr?«
    Für Jittara war Brens Mutter ohne Bedeutung. Sie war eine Dunkelruferin, wie ihr Hunderte unterstanden. Jittara würde alles tun, was Bren vorschlüge, denn der einzige Wert dieser Frau bestand darin, dass Jittara durch sie Brens Dankbarkeit erwerben könnte. Sie würde ihr die Fingernägel ausreißen oder die Hände mit duftenden Salben pflegen lassen, würde sie blenden oder ihr einen Palast mit Bediensteten zur Verfügung stellen. Alles hing allein von Brens Wünschen ab.
    Dies war die Frau, die Bren das Leben geschenkt und es anschließend zerstört hatte. Aber sie war auch die Frau, die ihn zu dem geformt hatte, was er jetzt war.
    »Ich habe mich noch nicht entschieden. Schaff sie mir aus den Augen, aber behalte sie in der Nähe.«
    Attego erhob sich, als Bren selbst den Raum verließ. Er wollte allein sein. Allein mit den Schatten dieser Nacht und denen lange zurückliegender Nächte.

    Der Palast war festlich hergerichtet. Hunderte von Kerzen beleuchteten in Öl gemalte Bilder von stolzen Schiffen und selbstbewusst blickenden Damen. Durch die aufgeklappten Türen der Südwand konnte man auf die Bucht hinaussehen, wo sich Stygrons Licht mit dem der beinahe schon untergegangenen Sonne mischte und die bedächtig tanzenden Wellen rot färbte. Mehrere Dreimaster und eine Galeere aus Eskad hatten an den Kais keinen Platz mehr gefunden und weiter draußen Anker geworfen. Sie waren als dunkle Silhouetten zu erkennen.
    Nalaji beobachtete die Gesellschaft, die sich zur Hälfte aus den Edelsten Ejabon-vor-dem-Nebels und Priestern aus aller Herren Länder zusammensetzte. Nur der ondrische Schattenkult war nicht vertreten. Seinen Klerikern hätte nicht gefallen, was man heute Nacht versuchen würde.
    Ein Priester des milirischen Stiergottes Terron und ein Diener des Rabenköpfigen führten ihre Debatte so hitzig, dass es Nalaji nicht gewundert hätte, wenn sie mit körperlicher Gewalt aufeinander losgegangen wären. Stritten sie sich über das Ausmaß des Frevels, den zu begehen sie alle gemeinsam beschlossen hatten? Manche taten ihren Plan auch als simple Notwendigkeit ab. In Zeiten wie diesen würde ein Zaudern nur zeigen, dass die Menschen es nicht wert seien, die Welt zu besitzen.
    Der Milirier schnaubte, als hätte er selbst die Nüstern eines Stiers, und senkte den Kopf, als würde es ihm auch an den Hörnern nicht fehlen. Den Geboten seines Gottes folgend, kräftigte er seinen Körper, was seinem schwellenden Nacken den passenden Umfang gab.
    Auf den meisten Anwesenden lastete jedoch Stille. Die Musikanten hatte man fortgeschickt, Haussklaven mühten sich, Wein und Gebäck von ihren überfüllten Tabletts zu bekommen. Mit dem Rebensaft hatten sie halbwegs Erfolg, mancher versuchte, seine Nerven zu beruhigen.
    Sogar Kiretta machte einen unruhigen Eindruck. Inzwischen zeigten die Rauschkräuter, mit denen Nalaji sie betäubt hatte, kaum noch Nachwirkungen. Auf der Südwinds Braut hatte sich die starke, neugierige … lebendige Piratin Respekt verschafft.
    Aber jetzt, in Ejabon, hatte die Lebendigkeit Nachdenklichkeit Platz gemacht. Offenbar sorgte sich auch Kiretta wegen des bevorstehenden Rituals. Seit nur noch jene an Bord geblieben waren, die dem Krieg dienen wollten, bestand kein Grund mehr für Geheimhaltung. Kiretta war zu klug, um nicht zu begreifen, welcher Gefahr sie sich aussetzten, indem sie etwas versuchten, das noch kein Sterblicher gewagt hatte.
    »In hundert Meilen Umkreis gibt es keinen sichereren Platz als diesen Saal«, raunte Nalaji ihr zu. Eigentlich war Kiretta kein schlechter Mensch. Nalaji ertappte sich immer wieder bei der Frage, ob sie eine geeignete Partnerin für Keliator geworden wäre, hätte sie ihre Kindheit in Ilyjia verbracht und nicht in einer Stadt, wo sie sich als Diebin hatte durchschlagen müssen. Dass sie zu einer Figur im Spiel der Schatten geworden war, musste nicht ihre Schuld gewesen sein. Kaum jemand verfügte über genügend Kraft und Erfahrung, um sich erfolgreich zu wehren, wenn es darauf ankam.
    »Sicherheit hat mich noch nie interessiert.« Kiretta schwenkte das Weinglas in ihrer Linken. »Wer etwas erleben will, muss

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