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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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eines Staubsaugers. Sie schaute ratlos, als ein junger Briefträger hinter ihr sein gelbes Fahrrad aufbockte.
    Morgen. Wollen Sie da rein?, fragte er.
    Ja, sagte die Frau.
    Der Briefträger meinte:
    Das dauert, bis die aufmachen, die zwei Zausel.
    Er öffnete mit sicherem Griff die Gartenpforte am inneren Drehknopf.
    Dann drückte er der jungen Frau die Post in die Hand.
    Darf ich? Einer ist sicher da …
    Und damit radelte er weiter.
    Sie klingelte an der Tür. Das Staubsaugergeräusch brach ab.
     
    Moritz zog rasch die Kittelschürze aus. Er blickte kurz in den Garderobenspiegel, ordnete mit den Fingern ein wenig sein Haar und öffnete die Tür.
    Davor stand eine attraktive junge Frau.
    Sie war ein wenig größer als er, hatte das hübscheste Lächeln, die weißesten Zähne und die wärmsten Augen der Welt, als sie mit einer angenehmen Stimme sagte:
    Guten Tag. Mein Name ist Zamira Latif. Hier, Ihre Post …
    Moritz nahm ihr den Packen aus der Hand.
    Kleefeld, bitte treten Sie doch ein, es ist leider etwas …
    Zamira betrat den Flur und schaute sich um. Dabei sagte sie:
    Danke, dass Sie haben sich gemeldet auf meinen Brief.
    Das ist doch eine Selbstverständlichkeit, erwiderte Moritz.
    Er warf die Post auf eine Konsole und zog den Staubsauger zur Seite.
    Bitte, legen Sie doch ab.
    Moritz wollte ihr helfen, aber sie hatte blitzschnell die Jacke ausgezogen und hängte sie an den Haken. Ein Mobiltelefon spielte eine arabische Melodie.
    Entschuldigung, sagte sie, und fingerte ihr Handy aus dem Rucksack. Sie schaute auf das Display und schaltete das Gerät aus.
    Er machte eine Handbewegung und zeigte zum Salon. Sie ging los.
    Zamira sah sich im Zimmer um. Es war ein großer Raum, von dem man durch eine Flügeltür ins Speisezimmer sehen konnte.
    Woher kommen Sie? Sie haben nichts darüber geschrieben.
    Berlin.
    Ich meine, woher stammen Sie?
    Aus Hebron.
    Ah, Hebron, sagte Moritz mit belegter Stimme.
    Er musste sich räuspern. Ausgerechnet eine Palästinenserin, dachte er. Sympathisch wirkt sie ja, aber wenn sie erfährt, wo sie hier gelandet ist, haut sie wieder ab. Oder, so kam ihm plötzlich angstvoll in den Sinn, wusste sie es bereits! Vielleicht war sie Teil eines heimtückischen Plans? Eine arabische Mata Hari.
    Sie spielen Klavier, sagte sie und zeigte auf den Steinway-Flügel, der in der Ecke stand.
    Ein wenig, meinte Moritz, Lang Lang bin ich nicht. Eher Kurz Kurz.
    Sie musste lachen.
    Spiel ich Geige, sagte sie.
    Ich spiele Geige, verbesserte er sie.
    Sie spielen Geige?
    Nein, ich habe Sie nur korrigiert. Sie sagten: Spiele ich Geige. Es heißt aber: Ich spiele Geige. Zuerst das Pronomen, dann das Verb.
    Klar. Mache ich immer den gleichen Fehler.
    Bevor er etwas sagen konnte, verbesserte sie sich:
    Ich mache immer den gleichen Fehler!
    Moritz schaute sie an und dachte:
    Wer Geige spielt, konnte kein schlechter Mensch sein. Obwohl, wenn er ans Dritte Reich dachte, an die musischen Bestien. Hatte Heydrich nicht Geige gespielt? Oder war es Mengele?
    Dann können wir ja Hauskonzerte geben, sagte er.
    Sie lächelte.
    Die junge Frau schaute hinüber zu einer Staffelei, die dekorativ vor dem Fenster stand und auf der sich Fannys letztes Werk befand, ein Aquarell von ihrer Reise in die Provence. Lavendelfeld mit Olivenbäumen. Nichts Berühmtes, aber auch nicht schlecht. Alfred machte sich hin und wieder lustig über das amateurhafte, naive Bild, aber Moritz mochte es nicht wegstellen. Er wollte, dass der Geist seiner Frau nach wie vor präsent blieb in diesem Haus.
    Sie sind Künstler?, fragte sie.
    Nein, das hat meine Frau … als sie noch gelebt hat, natürlich. Ich bin Soziologe … und Psychologe.
    Ah, Psychologe! Haben Sie zu tun mit Verrückten?
    Er lachte.
    Im Augenblick nur mit einem!
    Sie verstand es nicht. Er winkte ab. Unwichtig.
    Ich war an der Universität.
    Wow, sagte sie, sind Sie ein Professor!
    Na ja, jeder ist, was er ist …
    Sie verwirrte ihn.
    Unser Hausmädchen war über dreißig Jahre bei uns.
    Jetzt fiel ihm auf, dass sie im Zimmer herumstanden.
    Bitte, setzen Sie sich doch. Möchten Sie etwas trinken?
    Nein, vielen Dank, sagte sie, während sie in einem Sessel Platz nahm.
    Sind Sie schon lange hier? Sie sprechen wunderbar deutsch.
    Ich war in Beirut auf der deutschen Schule.
    Tatsächlich?
    Darf ich das Haus sehen?, fragte sie plötzlich.
    Warum wollte sie jetzt das Haus sehen? War sie auf die Kleefelds angesetzt? Sollte sie sich den Plan einprägen für das Kommando, das in wenigen

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