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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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unangenehm. Ich war gerade am Putzen.
    Sie hätten sehen sollen unsere Wohnung.
    So unaufgeräumt?, fragte Moritz.
    Nein. Mein Mann hat alles kaputt gemacht.
    Moritz war entsetzt.
    Kaputt? Wieso?
    Weil ich weg bin …
    Ein Araber?
    Nein, sagte sie leise, deutsch.
    Moritz war erleichtert. Ein Ehrenmord hier im Haus, das hätte ihm noch gefehlt.
    Sie sind verheiratet?
    Ja, aber ich habe eingereicht die Scheidung.
    Nach einer kurzen Pause fuhr sie fort:
    Ich will, dass er mich in Ruhe lässt.
    Und? Lässt er Sie in Ruhe?, wollte Moritz wissen, er war beunruhigt.
    Er weiß nicht, wo ich bin. Wenn er wüsste …
    Das hört sich ja gut an, dachte Moritz.
    Ist er denn kräftig?
    Er trinkt. Und wenn er ist in Rage, wird er wie ein Tier!
    Wie ein Tier! Auch das noch! Die Unruhe steigerte sich bei Moritz.
    Die Polizei ist gekommen, sonst hätte er mich umgebracht!
    Umgebracht! Er sah ihn vor sich. Ein blutrünstiger Riese. Moritz würde nachher ein Valium nehmen müssen.
    Sie ging zum Spülstein und ließ Wasser einlaufen.
    Was machen Sie da?
    Spülen, sagte sie.
    Moritz stellte das Wasser ab.
    Das kommt überhaupt nicht infrage. Außerdem haben wir einen Geschirrspüler. Und wir sind uns ja auch noch nicht einig, oder?
    Ich würde gern arbeiten hier, sagte sie bestimmt.
    Das will gut überlegt sein.
    Moritz sah sich unter einem weißen Tuch vor dem Haus liegen. Zwei Füße ragten hervor. Ein Schuh und ein Strumpf waren zu sehen. Wo ist immer der zweite Schuh bei solchen Katastrophen? So ein netter Herr, würde die Nachbarin ins Mikrofon sagen, gestern hat er noch freundlich gegrüßt. Alfreds Leiche und die der Frau lagen im Hausflur. Einen verwirrten Mann mit blutverschmiertem Messer in der Hand hatte man bereits festgenommen. Eine Beziehungstat wird nicht ausgeschlossen. Der »mutmaßliche« Täter, würde es in der Tagesschau korrekterweise heißen. Er hätte keinen Nachnamen und sein Gesicht wäre gepixelt.
    Wir waren noch nicht im Keller, sagte er.
     
    Wow, Sie haben einen richtigen Weinkeller!
    Als meine Frau noch lebte, haben wir Weinreisen gemacht, nach Frankreich, und haben uns aus dem Bordeaux Weine mitgenommen. Wir waren auch im Burgund. Und an der Loire.
    Er nahm eine Magnumflasche aus dem Regal und besah sich das Etikett.
    Ist die dick, meinte Zamira.
    Je voluminöser die Flasche, desto besser das Aroma. Das ist ein Grand-Puy Ducasse von 1984 .
    Vierundachtzig, rief sie, bin ich geboren!
    Er lächelte ihr zu und sagte:
    1984 war ein gutes Jahr.
    Vierundachtzig, dachte er, da war er schon fast fünfzig. Und sie wurde gerade geboren.
    Er legte die Flasche zurück. Sie gingen weiter.
    Jetzt stand Zamira staunend vor dem Regal mit den zahllosen Einmachgläsern.
    Das ist meine Passion!
    Konfitüre ist ihre Passion? Sie verstand es nicht.
    Meine Frau war Belgierin.
    Belgien ist schön?
    Was heißt schön? Die Schokolade ist gut und das Bier. Und die Pommes frites, natürlich. Sie kam aus Antwerpen, aus dem flämischen Teil.
    Aha.
    Es gibt auch einen wallonischen Teil. Sie hat immer gern Marmeladen gemacht und an den Feiertagen hat sie kleine Konfitüregläser verschickt, an die Familie, und so ist das gekommen. Ich habe diese Tradition übernommen.
    Sie schaute ihn an.
    Das mit dem Einmachen, schob er hinterher.
    Zamira sagte:
    Haben Sie Ihrer Frau geholfen. Das ist gut. Die arabischen Männer machen das nicht. Und die deutschen auch nicht.
    Moritz’ Ton veränderte sich, als er zu erzählen begann:
    Sie war mit unserer Haushälterin vom Markt gekommen und plötzlich bekam sie mörderische Kopfschmerzen und wurde bewusstlos. Wir haben den Notarzt gerufen, sie kam sofort in die Klinik. Es war ein Aneurysma, ein Stau in einem Blutgefäß im Gehirn, und das wird immer dicker, bildet eine Beule und reißt dann.
    Schrecklich!, sagte Zamira.
    Dabei hatte sie gerade eine Krebstherapie hinter sich und war auf dem Weg der Besserung.
    Tut mir so leid, sagte die junge Frau.
    Ich konnte nicht auf der Intensivstation bleiben, es machte mich fertig. Die Haushälterin blieb, ich bin zurück nach Hause. Und ich sah das viele Obst, das auf dem Tisch lag. Und dann habe ich es geputzt. Ich habe geweint, geputzt, gekocht, geweint. Und mir gesagt, wenn ich das ganze Obst koche, dann wird sie wieder gesund.
    Sie sind ein guter Mensch, sagte Zamira, das merkt man gleich.
    Sie ist dann in der Nacht gestorben.
    Moritz wurde traurig und wollte das Thema wechseln:
    Das Einmachen beruhigt. Und man hat direkt einen Erfolg. Wenn ich eine

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