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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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kam Alfreds Stimme kopfüber von unten, wenn du »nett« sagst, bist du hin und weg.
    Das wollte Moritz so nicht stehen lassen.
    Unsinn, aber ich habe das Gefühl, sie ist eine anständige Person.
    Alfred kam wieder auf die Beine. Er atmete schwer, erhob sich, haute sich in einen Korbsessel und sagte:
    Du verstehst was von Frauen!
    Nein, nur du!, konterte Moritz.
    Ich trage keine Strickwesten!
    Mit Blick auf den schnaufenden Alfred sagte Moritz:
    Was quälst du dich?
    Ich halte mich fit, widersprach er, außerdem war ich immer sportlich. Im Gegensatz zu dir, du schlamassel.
    Dafür habe ich ein gesundes Herz und einen gesunden Magen.
    Alfred nahm das Sprudelwasser und trank aus der Flasche.
    Warum nimmst du kein Glas?
    Alfred setzte die Flasche ab und wischte sich den Mund.
    Hast du Angst vor Aids oder was?
    Er reckte sich und atmete tief durch. Dann fragte er:
    Nu, was ist jetzt mit dieser Palästinenserin?
    Dass wir Juden sind, hat ihr einen Schock versetzt.
    Dass wir alte Juden sind!
    Falls sie »Ja« sagt … sie muss dir auch gefallen.
    Gefallen? Wer so aussieht, für den ist Sünde eine Tugend.
    Ich wollte sie nicht als deine Mätresse einstellen.
    Sie ist immerhin Araberin. Vielleicht ist sie ein Sleeper?, sagte Alfred.
    Ein Beisleeper! Moritz grinste.
    Nein, im Ernst, was kann man wissen?
    Moritz versuchte, die Zweifel zu zerstreuen.
    Die Hamas hat sie rekrutiert, um zwei alte Kacker in die Luft zu sprengen! Glaubst du das tatsächlich?
    Die sind zu allem fähig.
    Moritz wollte davon nichts hören.
    Sie wird den Haushalt machen und fertig.
    Deine verpischten Unterhosen waschen, sagte Alfred.
    Und dein verstunkenes Zimmer aufräumen.
    Moritz grinste wieder.
    Sein Bruder grinste zurück.
    Du alter jeckepotz!, sagte er.
    Du nudnik!, antwortete Moritz.
    Das Telefon klingelte.
    Moritz nahm den Hörer.
    Ja, bitte, sagte er.
    Professor?
    Er erkannte ihre Stimme sofort.
     
    Der Regen prasselte gegen die Erkerfenster. Ein wenig verloren wirkte Zamira in dem breiten Ledersessel. Ihr gegenüber, fast wie bei einem Verhör, saßen Moritz und Alfred. Alfred erzählte schon seit über einer Viertelstunde Belanglosigkeiten. Von irgendwelchen Dreharbeiten zu irgendeinem Film. Zamira lauschte aufmerksam, wahrscheinlich nur aus Höflichkeit, während sich Moritz langweilte. Er kannte die Geschichten zur Genüge, allerdings baute Alfred sie von Mal zu Mal aus und erfand immer neue Variationen. Nun war die Nummer mit den Zähnen dran:
    Und dann habe ich sie gebissen, hier in den Hals, die große Ornella Muti, und plötzlich waren meine Zähne fort! Mein Vampirgebiss war spurlos verschwunden. Es war in ihren Ausschnitt gefallen!
    Zamira lächelte höflich.
    Ja, ein Vampir ohne Zähne!, sagte Alfred und sah dann zu seinem Bruder.
    Du weißt, wie das ist, Moritz … Golden Gate!
    Er schüttete sich aus vor Lachen.
    Was ist so lustig?, sagte Moritz.
    Alfred sagte lachend zu Zamira:
    Sie müssen entschuldigen, aber mein Bruder hat keinen Humor.
    Moritz lächelte gezwungen.
    Wegen Alfreds Humor hatten wir als Kinder oft Stubenarrest!
    Alfred mit scharfem Ton:
    Dein Vater hatte auch keinen Humor. Das hast du von ihm.
    Das hätte er nicht sagen sollen. Moritz schaute ihn böse an.
    Onkel David hatte Humor, stimmt!, sagte er bissig.
    Alfred versuchte, die Situation zu entschärfen:
    Erzählen Sie von Ihren Eltern, Zamira.
    Ach, sagte sie, was soll ich erzählen … mein ist Vater gestorben, war ich klein. Ich bin zu meiner Tante gekommen. Bin da aufgewachsen, Schule und so.
    Sie sind Waage, sagte Alfred.
    Wow, woher wissen Sie das?
    Ich erfühle es, sagte er pathetisch.
    Nein, bitte jetzt keine Horoskope!, dachte Moritz. Er wollte das Thema beenden.
    Erzählen Sie von Ihrer Kindheit. War sie schön?
    Schön? Wir lebten im Westjordanland!
    Das saß!
    Ich wollte Krankenschwester werden.
    Moritz meinte mit Blick auf seinen Bruder:
    Da finden Sie hier ein weites Betätigungsfeld. Mein Bruder ist dauernd krank. Heute das Herz, morgen die Leber.
    Soll er ruhig reden. Ich mache jeden Tag noch Fitnesstraining. Wie alt schätzen Sie mich?
    Bring doch Frau Latif nicht in Verlegenheit.
    Alfred ließ nicht locker:
    Na, schätzen Sie.
    Ihr Bruder hat mir gesagt, wie alt Sie sind, gestand Zamira.
    Alfred war sauer.
    So? Hat er Ihnen auch gesagt, wie alt er ist?
    Ja, sagte sie.
    Alfred erhob sich. Er schaute auf die Uhr und sagte dann:
    Ich habe mich verplaudert. Die Arbeit ruft. Also, von mir aus gestorben!
    Gestorben?, fragte Zamira.
    Alfred

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