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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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bemerkte er seinen Bruder, der auf der Couch saß.
    Du hier?, fragte er.
    Das könnte ich auch sagen, meinte Alfred und erhob sich. Danke für den Tee.
    Ich habe rote Grütze gemacht, sagte Moritz, kennen Sie das?
    Nein.
    Das schmeckt sehr lecker. Mit Sahne oder auch Vanilleeis. Wollen Sie runterkommen und probieren?
    Sie sah zu Alfred, der jetzt in der Tür stand.
    Gehen wir essen große Grütze.

[zurück]
    11
    Moritz und Alfred saßen vor dem Fernsehgerät und sahen sich die »Tagesthemen« an. Gerade lief ein Bericht über einen der zahlreicher werdenden Raketenangriffe aus Gaza, als Zamira in den Salon kam, um sich für heute zu verabschieden.
    Hier, sagte Alfred, finden Sie das richtig?
    Moritz wollte ihn bremsen.
    Freddy!
    Nein, sagte Zamira, aber haben die Menschen keine andere Chance, als sich zu wehren. Gaza ist wie ein Gefängnis. Die Menschen können nicht raus, haben die nix zu essen.
    Und deshalb muss man Raketen abfeuern und Menschen töten?
    Wissen Sie, warum die nichts zu essen haben, fragte Moritz, weil die Hamas das Geld für Waffen ausgibt.
    Zamira wurde laut.
    Nervt mich das so! Nie ist Israel Schuld! Haben Sie immer Entschuldigung. Bauen die Siedlungen, bauen die Mauer, geben die unser Geld nicht raus, lassen die keine Transporte zu, erpressen die uns seit über vierzig Jahren. Töten unsere Kinder. Aber für Sie ist Israel immer gut! Kotzt mich das an!
    Damit verließ sie das Zimmer.
    Zamira!, rief Moritz.
     
    Am Morgen kam Moritz in die Küche, wo Zamira das Frühstück zubereitete.
    Guten Morgen, sagte er.
    Guten Morgen, erwiderte sie nicht unfreundlich.
    Es tut mir leid wegen gestern Abend.
    Mir auch, sagte sie, möchten Sie ein Ei?
    Gern.
    Herr Feld, ich bin davon überzeugt, wenn es den Konflikt mit Israel nicht gäbe, dann wären die Araber nicht so radikal.
    Moritz lächelte und meinte:
    Natürlich nicht! Dann würden sie ihre Frauen nicht mehr unterdrücken, keine öffentlichen Hinrichtungen mehr machen, keine Ehrenmorde würde es mehr geben und Dieben würden die Hände nicht mehr abgeschlagen.
    Hat das nix zu tun mit Juden, sagte sie, das ist Religion, aber der Konflikt im Nahen Osten, daran sind die Israelis schuld.
    Bevor Moritz antworten konnte, kam Alfred in die Küche und mischte sich ein:
    Ja, geben Sie uns nur die Schuld. Wir kennen uns darin aus. Denn wir sind schon zuständig für Kapitalismus und Kommunismus, für Freiheit und Diktatur, für die Globalisierung und den Separatismus, für die Atombombe und den Pazifismus.
    Moritz schaut ihn an.
    Freddy, werde nicht unsachlich.
    Hasst man uns deshalb oder nicht?, wollte sein Bruder wissen.
    Warum es gibt überhaupt Antisemitismus?, fragte Zamira.
    Moritz sagte:
    Antisemitismus ist eine Geisteskrankheit.
    Antisemitismus bedeutet, die Juden noch weniger zu mögen als allgemein üblich, sagte Alfred.
    Aber woran liegt es, dass alle sie hassen?
    Moritz stand ihr gegenüber.
    Hassen Sie uns, Zamira?, fragte er.
    Nein.
    Sehen Sie, Menschen hassen nur Menschen, von deren Leben, Kultur, Sprache, Religion sie keine Ahnung haben. Das schafft Ressentiments. Menschen, die man kennt, die man akzeptiert, die hasst man nicht.
    Alfred ging dazwischen:
    Das hört sich gut an, aber was war mit den Deutschen im Dritten Reich? Haben da nicht plötzlich Nachbarn Nachbarn gehasst und denunziert, die sie jahrelang kannten und mit denen sie oft sogar befreundet waren?
    Moritz widersprach:
    Das war kein Hass. Das waren Neid, Häme, Gleichgültigkeit.
    Das wird die Toten von Auschwitz sehr beruhigen, sagte Alfred.
    Wenn alle Deutschen ihren jüdischen Freunden geholfen hätten …, sagte Zamira.
    Moritz schüttelte den Kopf.
    So funktioniert leider die Welt nicht.
    Und Alfred sagte:
    Bei Ihnen bringen sich ja die eigenen Leute gegenseitig um.
    Warum? Sagen es mir. Sie kennen sich aus doch.
    Zuerst einmal grenzt sich eine Gruppe nach außen ab, sagte Moritz. Sie beschwört Harmonie und Solidarität. Die Gruppe und ihre Entstehung werden idealisiert. Dann beginnen Konflikte über Programme, Rollen, Richtlinien. Die Ziele und deren Erreichung werden infrage gestellt. Misstrauen macht sich breit, schließlich bilden sich Subgruppen und das führt zu Machtkämpfen. Je ähnlicher sich die Gruppen sind, desto gewalttätiger sind sie gegeneinander. Man verlangt nach sozialer, positiver Identität und wenn man diese gestört glaubt, sucht man den Feind zuerst in der Gruppe.
    Warum sind Menschen so, Herr Feld?, fragte Zamira.
    Moritz dachte nach und Alfred

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