Herr Klee und Herr Feld | Roman
Prinzipal der Sippe, gehörte zum ehrwürdigen Direktorium der Diamantenbörse. Ihre Mutter Dorit war ein patente Frau, eine ausgezeichnete Köchin und Kuchenbäckerin.
Als Fanny das erste Mal mit ihrem neuen Freund, dem jungen Professor Kleefeld, nach Antwerpen reiste, war allen bis auf Moritz klar, dass er das hübsche Haus in der Mozartstraat nicht unverlobt verlassen würde. Er ließ sich mehr oder weniger passiv in diese Ehe schubsen. Bereits am ersten Abend wurde er vom alten Trindel in die Bibliothek gebeten und darüber ausgefragt, ob er denn finanziell in der Lage sei, eine Frau und hoffentlich bald viele Kinder zu ernähren. Bis dato hatte er weder an Heiraten gedacht, noch um Fannys Hand angehalten.
Trotzdem gab er bereitwillig Auskunft. So kam es, dass Moritz verlobt wurde, kaum dass er es merkte. Fanny war nicht die Frau seiner Träume, aber sie war eine treue Seele und eine gute Partie. Als Moritz eine Woche später zurück in die USA flog, fiel ihm ein Satz von Vance Packard ein, den er vor Jahren gelesen hatte: Warum man sich nach einem Cabriolet sehnt und sich doch eine Limousine kauft!
Ein halbes Jahr später. Die Trindels ließen es sich nicht nehmen, ihrer einzigen Tochter ein beeindruckendes Hochzeitsfest im Hilton auszurichten. Allein die Anzeige im Jüdischen Gemeindeblatt von Antwerpen füllte eine ganze Seite, ein pathetischer Text mit Verweisen auf den Holocaust, Zitaten aus der Thora, dazu Fotos der Delinquenten. Man gab sich die Ehre.
Die Trindels kamen aus aller Welt angereist, keiner wollte sich dieses Ereignis entgehen lassen. Einige dachten sicher, ein Wunder, dass die noch einen abgekriegt hat – den schmock müssen wir uns ansehen! So lernte Moritz seine zukünftige Verwandtschaft aus Toronto, Montevideo, Haifa und Paris kennen. Von seiner Seite waren die Gäste überschaubar: Seine Mutter und sein Bruder Alfred.
Nach der Sache mit David ließen die Brüder die Mutter ein Jahr lang leiden. Nun aber war es an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen und Frieden zu schließen. Da war diese Hochzeit ein guter Anlass, denn wie sollte man den Trindels erklären, dass die Mutter des Bräutigams nicht teilnehmen würde? Moritz war glücklich, als er seinen Bruder am Flughafen Brüssel begrüßen konnte. Gemeinsam fuhren sie zum Bahnhof und holten ihre Mom ab. Als sie aus dem Zug stieg, umarmten sich die drei und hielten sich lange fest.
Die Trindels waren von Baby begeistert, insbesondere Onkel Hyman begrabschte die attraktive Mutter des Bräutigams wann immer er konnte. Sie gehörte ja jetzt zur Familie, ließ er seine eifersüchtige Gattin wissen. Alfred, von den Trindels in aller Bescheidenheit als weltberühmter Hollywoodstar eingeführt, zog die gesamte Aufmerksamkeit auf sich und genoss das Fest im Ballsaal des Luxushotels. Er tanzte mit allen jüdischen Jungfrauen und war höchst begehrt. Nur Fanny konnte ihren Schwager vom ersten Augenblick an nicht leiden. Und er sie auch nicht. Alfred hatte sich für seinen Bruder eine andere Gattin gewünscht. Eine sinnliche, frauliche, humorvolle und unkomplizierte Person, die offen und neugierig war, kurz: die zu ihm passte! Was er hier sehen musste, war eine verwöhnte, überhebliche, missgünstige, aseptische klafte. Fanny wusste sofort, dass sie ihren zukünftigen Mann von seinem Bruder fernhalten musste, denn sie fürchtete seinen zweifellos negativen Einfluss. Alfred war für sie ein selbstverliebter, oberflächlicher, egoistischer Mensch. Ein Schauspieler eben.
Der stand nachts mit Onkel Hyman an der Bar und diskutierte über Politik. Die Familie war glücklich, dass ihre Fanny verheiratet war, nur dass sie zeitweise in Deutschland leben würde, machte ihr Sorge.
Hyman bekannte, dass es ihm von seiner Frau nicht gestattet war, deutsche Produkte zu kaufen. Sie wollte nichts mit Deutschland zu tun haben. Er gestand Alfred, dass er so gern einen deutschen Fernseher oder eine deutsche Waschmaschine besitzen würde. Von einem Mercedes gar nicht zu reden.
Was für einen Wagen fährst du?, fragte ihn Alfred.
Ich habe einen französischen Wagen, sagte Onkel Hyman und schaute sich verstohlen nach seiner Frau um, die an einem der Tische saß. Dann flüsterte er: Mit einem Volkswagen-Motor, aber das darf sie nie erfahren!
Die meisten der Hochzeitsgäste waren bereits gegangen. Es war lang nach Mitternacht, als Aron Trindel seinen Schwiegersohn in den holzgetäfelten Klubraum des Hiltons rief. Es roch angenehm nach Leder.
Auf einem
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