Herr Klee und Herr Feld | Roman
einzige Hotel im Ort, das eine Garage anbot.
Das renovierte Fachwerkhaus lag an der Hauptstraße, unweit des Bahnhofs. Es war fünf Uhr nachmittags, als sie ihr Zimmer bezogen.
Bei der jungen Frau an der Rezeption hatte Moritz die Anmeldung ausgefüllt.
So, Herr Kleefeld, ihr Schlüssel …
Da kam ein älterer Mann aus dem Nebenraum und sagte:
Grüß Gott. Hat hier auch mal a Familie Kleefeld geben.
Vermutlich ist das unsere, sagte Alfred.
Des warn fei Juden.
Ach so, sagte Moritz, na dann …
Zimmer vierundzwanzig, sagte die junge Frau, im ersten Stock.
Moritz war unter der Dusche und Alfred lag angezogen auf dem Bett. Er hatte seinen Laptop aufgeklappt vor sich, wählte eine Nummer auf seinem Handy und sagte dann:
Herr Bühler? … Kleefeld hier … ja, danke, alles bestens … morgen früh … sehr schön … wie heißt die Dame? … Frau Rose … gut, ja … so machen wir’s … Guten Abend.
Er beendete das Gespräch, als Moritz, nur mit einem Handtuch bekleidet, aus dem Bad kam.
Morgen früh um zehn auf dem Friedhof, sagte Alfred.
Wo sind meine Hausschuhe?, fragte Moritz.
Eine Frau Rose wird uns führen.
Ich hatte sie doch mitgenommen, da bin ich ganz sicher.
Alfred sprang auf und zeigte neben das Bett.
Hier sind sie!
Wenn das schon so anfängt, dachte er.
Ich wusste doch, dass ich sie mitgenommen habe, war Moritz zufrieden, früher hat die Stöcklein immer meinen Koffer gepackt, ich musste mich um nichts kümmern.
Wie ich das hasse, sagte Alfred, als er vor dem Kleiderschrank stand, befestigte Kleiderbügel! Als hätte man nichts anderes im Sinn, als ihre verschissenen Bügel zu klauen. Ich gehe jetzt duschen!
Er wollte ins Bad, da klingelte sein Handy. Er lief hin, sah auf die Nummer, murmelte: Wer ist das denn?, und nahm das Gespräch an.
Ja, bitte, sagte er … Zamira? … Ja, alles okay, danke. Und Sie? … Fein, dann noch viel Spaß … Ciao!
Moritz schaute Alfred fragend an.
Stell dir vor, sie ruft aus Beirut an, um zu fragen, ob wir gut angekommen sind.
Unglaublich, das Mädchen ist nicht von dieser Welt.
Die Bedienung schaute etwas verwundert auf Moritz, der seinen koscheren Teller in den Händen hielt, und sagte:
Ja, an Fisch hammer da. Sie kenna a Forelle aus der Pegnitz ha’m oder an Zander aus der Regnitz.
Dann nehme ich den Karpfen aus der Schnegnitz, sagte Moritz gut gelaunt.
Als die Frau dumm schaute, sagte er freundlich, den Zander, mit Salzkartoffeln. Auf diesen Teller, bitte. Und du?
Er sah Alfred an.
Ich nehme die sechs Nürnberger Rostbratwürstchen und den Kartoffelsalat mit Speck.
Ha’m Sie auch an Deller?, fragte die Frau.
Nein, sagte Alfred, Sie können diesen nehmen!
Er zeigte auf den Teller seines Bruders.
Wie jetzt?, fragte die Frau, aber da sagte Moritz schnell:
Der Herr wollte nur einen schlechten Witz machen.
Er gab ihr den Teller.
Alfred nahm sich eine Laugenbrezel aus einem Korb.
Irgendwie anrührend, wenn ich denke, dass Louis Kleefeld als kleiner Junge sicher auch mal hier in diesem Lokal war.
Moritz schaute sich um. Es war eine mittelalterlich anmutende, rustikale Gaststube mit dunklen Deckenbalken und Fachwerkwänden.
Na, ganz bestimmt, meinte Moritz, unser Großvater Jakob war ja Viehhändler, da wurde jeder Handel im Wirtshaus begossen, so war das damals. Das hat mir unser Vater noch erzählt.
Dein Vater.
Unser Vater! Moritz wurde ärgerlich. Sei nicht blöd!
Mein Vater ist David Bermann, basta!
Dein leiblicher Vater, okay, aber du bist ein Kleefeld, dein ideeller Vater ist Louis Kleefeld. Sonst wäre ich nicht dein Bruder. Und ich bin doch dein Bruder, oder?
Alfred biss in die Brezel und sagte kauend:
Wenn du meinst.
Die Bedienung kam und brachte zwei Suppen.
An guten, die Herrn, sagte sie, als sie die Tassen abstellte.
Entschuldigung. Wir haben keine Suppe bestellt, sagte Moritz.
Die ist fei immer dabei. Tagessuppe, erklärte die Frau, oder mögen’s ka Suppen?
I mag a Suppen! Eierstich, herrlich, rief Alfred, hundert Jahre nicht mehr gegessen!
Moritz wollte ihr seine Suppentasse reichen, aber Alfred sagte:
Nein. Die esse ich auch noch.
Die Frau lächelte und ging.
Hmm, schwärmte Alfred, die Suppe ist ein Gedicht.
Moritz war davon überzeugt, denn er sagte sehnsüchtig:
Ja, sieht gut aus. Und riecht lecker.
Ist garantiert koscher, komm schon.
Ich habe keinen koscheren Löffel dabei.
Hier, sagte Alfred und reichte ihm seinen Löffel, ich bin doch dein Bruder. Und wenn ich nicht koscher
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