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Herr Klee und Herr Feld | Roman

Herr Klee und Herr Feld | Roman

Titel: Herr Klee und Herr Feld | Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Bergmann
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bin, bist du’s auch nicht.
     
    Alfred lag wach und starrte an die Decke. Neben ihm saß sein Bruder, ein Kissen im Rücken, und las. Es war unmöglich für ihn, mit Moritz in einem Zimmer zu schlafen.
    Warum hast du ein Doppelzimmer genommen?
    Ich habe nicht nachgedacht, sorry.
    Ich kann aber nicht schlafen, sagte Alfred.
    Dann lies etwas.
    Ich habe keine Lust zu lesen.
    Dann schlaf.
    Ich bin es nicht gewöhnt, neben einem anderen zu schlafen.
    Zwei Nächte wirst du es aushalten. Es gibt Schlimmeres.
    Ich kann nicht furzen, wie ich will, mich nicht an den Eiern kratzen, aufstehen, Licht machen, Fernsehen, was weiß ich.
    Jetzt konnte Moritz nicht mehr lesen und ließ das Buch sinken.
    Weißt du, oft denke ich noch an unser Zimmer in der Bockenheimer Landstraße. Ich habe dich beneidet, du hast am Fenster geschlafen und konntest immer rausschauen.
    Ich weiß, erinnerte sich Alfred. Gegenüber haben die Kreitlings gewohnt, die hatten zwei Töchter.
    Na sicher. Wie hießen die noch?
    Ursel und Bärbel.
    Genau.
    Alfred setze sich auf.
    Die Bärbel war erst vierzehn, aber hatte schon Riesendinger. Ich habe immer gehofft, sie mal nackt zu sehen.
    Die Ursel war ein blitzgescheites Mädchen, sagte Moritz.
    Das war mir nicht wichtig, damals.
    Es kommt mir vor, als sei das gestern gewesen.
    Es war gestern!
    Wahnsinn, wie schnell die Zeit vergeht. Plötzlich ist man alt.
    Und das ist große Scheiße!
    Findest du?, fragte ihn Moritz.
    Ja, das finde ich. Altwerden ist scheiße! Immer tut dir was weh. Der Rücken, die Gelenke. Ich könnte den ganzen Tag stöhnen.
    Ich nicht?, fragte Moritz. Was glaubst du? Ich bestehe nur aus Schmerzen.
    Na, sicher. Aber man nimmt es als gottgegeben hin. Es ist eine Tatsache, dass man als älterer Mensch ziemlich geschlagen ist.
    Du hast recht.
    Aber es hat auch einen Vorteil. Es kann morgen schon alles vorbei sein.
    Du hast also keine Angst vor dem Tod?, fragte Moritz.
    Nein, aber vor dem Sterben. Ich möchte nicht leiden. Du musst mir versprechen, dass du bei mir den Stecker ziehst, wenn es so weit ist.
    Quatsch! Davon wollte Moritz nichts hören. Du wirst mich sowieso überleben!
    Er sagte nach einer Pause:
    Apropos, wenn du mich überlebst, wirst du das Haus erben.
    Alfred streckte den Daumen nach oben:
    Wow! Dann eröffne ich ein Bordell!
    Du kannst machen, was du willst, sagte Moritz, ohne weiter auf Alfreds Vorschlag einzugehen, aber es kommt nicht infrage, dass nach deinem Tod dein entzückender Sohn Howard …
    Harold!
    … Harold alles erbt!
    Keine Angst. Was soll ich machen?
    Du vermachst es einer jüdischen Stiftung. Die Adresse schreibe ich auf.
    Alfred sah seinen Bruder an und legte die Hand an die Schläfe:
    Aye, Sir!
     
    Moritz kam mit seinem Teller vom Frühstücksbuffet, wo er sich Butter und Käse geholt hatte. Alfred tunkte ein Croissant in seinen Milchkaffee und schien belustigt.
    Lachst du über mich?, fragte sein Bruder.
    Ausnahmsweise nicht, flüsterte Alfred, aber es ist immer wieder eine große Show, allein reisende Geschäftsmänner am Buffet zu beobachten. Hilflos wie Säuglinge. Der da hinten, guck jetzt nicht hin, wollte partout seine Laptoptasche nicht loslassen und jonglierte seine Essen wie Rastelli. Sein Kollege lief vier Mal, bis er alles hatte. Unbeholfen. Aber zu Hause, da machen sie den dicken Max: Trude, wo bleibt mein Frühstück!
    Moritz musste grinsen. Manchmal war es vergnüglich, mit Alfred unterwegs zu sein. Solange er sich andere als Opfer ausguckte.
    Entschuldigung, rief Moritz der Bedienung zu, kann ich noch einen Milchkaffee bekommen?
    Kommt sofort, sagte sie.
    Ich sage es dir jetzt zum letzten Mal, zischte Alfred seinem Bruder zu, du musst dich nicht dafür entschuldigen, wenn du was bestellst! Die Frau ist dafür da, dich zu bedienen, kapiert? Das ist ihr verdammter Job!
    Damit verdient sie ihr Geld.
    Habe ich tatsächlich wieder »Entschuldigung« gesagt?
    Ja, du hast gesagt: Entschuldigung, kann ich noch einen Milchkaffee bekommen!
    Es wird nicht mehr vorkommen, sagte er, Entschuldigung.
     
    Annegret Rose, eine schlanke, vornehm wirkende Frau um die sechzig, wartete am Gitter des alten jüdischen Friedhofs, als der Mercedes anhielt und die Brüder Kleefeld dem Wagen entstiegen. Man begrüßte sich höflich und anschließend gingen die drei durch das verzierte Tor mit dem Davidstern. Zuerst betraten sie die restaurierte Leichenhalle, die aus der Gründerzeit stammte. Aus einer Epoche, als sich die Juden zu emanzipieren begannen, als sie die

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