Herr Tourette und ich
Minuten in Anspruch nehmen würde. Das Krankenhaus liegt links vom Bus, für mich südlich. Ich drehe mein Gesicht nach rechts, nach Norden, mache das Fenster auf, atme die reine Luft ein, denke an Gretzky, Eishalle, Pfannkuchen, schließe das Fenster, schön – Zucken im Bauch .
Als der Bus steht, muss ich sofort zum Sportgeschäft laufen. Mehrere Monate habe ich darauf gewartet, habe geträumt, über Form, Farbe und Länge nachgedacht, und jetzt ist der Tag gekommen, der Höhepunkt der Saison – der Kauf eines neuen Hockeyschlägers. Ich darf einen neuen Bauer-Schläger kaufen, wenn ich ein paar Kompromisse eingehe, oder Gegenleistungen, wie Papa es zu nennen beliebt. Ich habe mich bereit erklärt, nach dem Kauf des Bauer-Schlägers diesen Kumpel von Johnsen zu besuchen, diesen besonderen Arzt. Papa schlägt vor, dass ich in das Sportgeschäft gehe und eine halbe Stunde lang Schläger ausprobiere, während er bei einer großen Tasse Kaffee die Hauptstadtzeitungen liest. Wenn ich ausgesucht habe, welchen Schläger ich will, hole ich ihn ab, oder er holt mich im Sportgeschäft ab, wenn er alle Zeitungen gelesen hat.
Nachdem ich eine dreiviertel Stunde lang Schläger ausprobiert habe, gehe ich zu Papa ins Café. Er liest eine der Hauptstadtzeitungen, trinkt Kaffee und isst ein Brot mit weißem Ziegenkäse und roter Paprika.
Rot = Süden = Schweiß = Ansteckung = Tod = Zucken im Bauch = ich nehme die rote Paprika und werfe sie in den Mülleimer. Jetzt wird Papa nicht mit rotem Tod angesteckt werden.
Papa reagiert, wenn auch nicht so, wie ich es erwartet habe. Er setzt unser Gespräch fort, als sei nichts geschehen:
»Hast du dich entschieden?«
»Ich habe mich entschieden. Der Schläger heißt Bauer Maple Leafs. Vorne hat er ein verstärktes Blatt. Mein alter hatte nicht im Entferntesten einen derart guten Schlag.«
»Du bist also zufrieden?«
»Ich bin also zufrieden.«
Minuten später. Papa nimmt sich die Beilage vor und fragt:
»Kannst du mir etwas erzählen?«
»Yes, Sir.«
»Versprichst du es?«
»Ich verspreche es.«
»Kannst du mir erzählen … warum du im Bus das Fenster aufgemacht hast?«
Pause.
»Hast du geschwitzt?«
»Nein …«
Lange Pause.
»Es war also nicht zu warm im Bus?«
»Nein …«
Pause.
»Hat es schlecht gerochen?«
»Nein …«
Pause.
»Es war also alles in Ordnung?«
»Nein …«
»Was war denn nicht in Ordnung?«
»Sollten wir jetzt nicht den Schläger kaufen?«
»Du hast versprochen, zu erzählen.«
»Was soll ich erzählen?«
»Warum du im Bus das Fenster aufgemacht hast. Warum du deine Stiefel mit Geschirrspülmittel wäschst, die Arme ausstreckst, Geräusche machst und in die Hände klatschst. Ist dir bewusst, dass du das tust?«
Es fängt an, im Körper zu jucken, ich schwitze, die Augenlider gehen rauf und runter wie ein verdammtes Jojo, Kopfschmerzen habe ich auch. Köcherfliegenverdammt – Zucken im Bauch, Geräusch .
Die Leute glotzen mich an. Papa glotzt die Leute an.
»Bist du satt?«
»Ja …«
Papa redet weiter:
»Bist du satt?«
»Nein …«
»Du kannst mein Brot essen.«
»Ich mag keine Brote.«
»Was möchtest du dann?«
»Napoleonkuchen.«
»Napoleonkuchen?«
»Napoleonkuchen. Mit Backpflaumen drin.«
Das Sportgeschäft hat massenhaft Schläger zur Auswahl, aber keinen einzigen Puck. Es fehlt mir also die richtige Probe, dieser professionelle Schlägertest, wie ihn Gretzky und die Jungs machen. Ich merke, wie es im Körper blubbert, es zuckt im Unterleib, ich genieße, fühle mich groß und stark. Mit dem Schläger in den Händen bin ich unschlagbar, ganz einfach outstanding. Wenn Papa in einen Laden geht, warte ich draußen. Ich lehne mich mit beiden Händen auf den Schläger, wie es die Profis machen, wenn sie während des time-out-Briefings dem Trainer zuhören. Yes Sir .
Wir gehen die Hauptstraße hinauf, dann nach rechts, am Friseur vorbei, eine kleine Treppe hinauf, die uns in ein kleines Büro führt, ein kleines Büro, das genauso gut ein kleines Wartezimmer sein kann. Das Zimmer ist grün und klein. Die Wände, die Decke, die Stuhlpolster, der Aschenbecher, alles ist grün. Nicht hellgrün oder weihnachtsbaumgrün, sondern grün. Ganz einfach grün.
Wir sind allein im Zimmer, und es ist sehr still. Das Einzige, was ich höre, sind gedämpfte Stimmen vom Friseur nebenan, und dann höre ich Papas Atem, als wäre er nervös oder hätte eine schlechte Kondition. Es dauert
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