Herr und Frau Hase - Die Superdetektive
denn jetzt gehörst du mir!«
Sosehr Marlene sich auch fürchtete, irgendwie klang das komisch. So theatralisch. Aber was wusste sie schon von Füchsen? Vielleicht waren das lauter kleine Shakespeares. Noch ehe sie weiter darüber nachdenken konnte, gab es einen Ruck, und der Sack wurde nach oben gezogen.
Und dann fühlte es sich so an, als würde sie auf den Rücken unzähliger Füchse gehoben und durch die Gegend getragen. Eigentlich gar nicht mal so unbequem. Ein weiches Pelzbett – nur würde es mit der Gemütlichkeit wahrscheinlich bald ein Ende haben.
Irgendwann wurde eine Tür aufgeschlossen, und Marlene landete unsanft auf hartem Untergrund.
»Ist da jemand?«, fragte Marlene schüchtern.
»Jetzt gehörst du mir!«, tönte die Stimme.
»Hör doch mal auf damit.« Marlene riss sich zusammen. »Das klingt wirklich albern.«
»Von wegen! Das klingt ganz gruselig.«
Irgendetwas an dem weinerlichen Tonfall erinnerte Marlene an jemanden, aber sie kam nicht dahinter, an wen.
»Jedenfalls wirst du das Rumspionieren in Zukunft schön bleibenlassen. So eine Unverschämtheit!«
Dachten die Füchse etwa, Herr Hase und Marlene hätten sie beobachtet? Versucht hatten sie es ja, aber leider war ihnen nicht die geringste Fuchsspur untergekommen. Ganz im Gegensatz zu Herrn Hase und ihr, die man scheinbar sehr wohl ausspioniert hatte. Wirklich ein fabelhafter Feind, der sich so gut tarnte. Egal, jetzt ging es darum, dass sie sich aus ihrer misslichen Lage befreite. Immer der Reihe nach, dachte Marlene und begann, ein Loch in den Stoffbeutel zu kratzen.
Wie wild schabte sie mit den Fingernägeln an dem Stoff herum. Als sie gerade mit den Zähnen nachhelfen wollte, öffnete sich scheppernd eine Metalltür und ein kalter Luftzug wehte herein. Pfoten wuselten über den Fußboden, und dann fiel die Tür scheppernd wieder zu.
»Hallo?«, rief Marlene. »Ist da noch jemand? Hallo?«
Sie hatte das Gefühl, dass nach wie vor Füchse im Raum waren. Es roch ein wenig muffig nach ihrem Fell. Und dann roch es da noch irgendwie komisch, nach … nach … genau, nach Knoblauch!
»Sind wir hier auf einer Knoblauchfarm?«, fragte sie.
»Das wüsstest du wohl gern«, antwortete die Stimme.
»Wer bist du?«, fragte sie.
»Das wüsstest du wohl auch gern.«
»Wo sind Flo und Mildred? Geht’s ihnen gut?«
»Wo sind Flo und Mildred?«, äffte die Stimme sie ein letztes Mal nach, dann war Marlene in der Dunkelheit allein. Sie fing an zu weinen.
Seit sie denken konnte, war sie immer so selbstständig gewesen, und eigentlich hatte ihr das nie etwas ausgemacht. Sie war sogar stolz darauf. Hatten Flo und Mildred nicht immer gesagt, Marlene sei erwachsener als sie selbst? Löste sie nicht deren Probleme? Noch dazu ziemlich gut? Aber jetzt hatte sie dazu keine Lust mehr. Sie hatte sich so an die Hases gewöhnt, an Frau Hases Tee zum Trost in allen Lebenslagen, an Herrn Hases unerschütterliche Zuversicht. Auf die beiden konnte man sich verlassen, das war ein gutes Gefühl. Und sie fehlten ihr, ihre Hasenfreunde! Aber hier fanden sie Marlene bestimmt nicht. Wegen ihrer blöden Selbstständigkeit würde kein Mensch je erfahren, was ihr zugestoßen war. Außerdem kamen die Hases morgen ja wahrscheinlich selber hinter Gitter und konnten sich nicht erklären, warum Marlene ihnen nie einen Karottenkuchen vorbeibrachte, oder eine Feile, oder einen Karottenkuchen mit einer Feile drin. Bestimmt würden sie glauben, es wäre ihr egal! Die armen, armen Hases. Und ich arme, arme Marlene, dachte Marlene und vergoss ganze Ströme von Tränen, bis sie endlich einschlief.
Der Hasenrat
Herr Hase schlief so schlecht, dass er in aller Herrgottsfrühe aufstand, seine Latzhose anzog und das Haus verließ, um ein paar Schindeln auf Marlenes Dach festzunageln. Hämmern beruhigte nämlich so schön.
Er hatte vollkommen die Zeit vergessen, als plötzlich Frau Hase vor dem Smart auftauchte und rief: »Schluss jetzt, Herr Hase, sonst weckst du noch Marlene! Und schwing die Pfoten, wir müssen los.«
»Ich dachte, sie sei längst auf den Beinen.« Herr Hase kletterte die Leiter hinunter.
»Nein, sie hat mich doch gestern gebeten, sie heute nicht aufzuwecken. Sie ist erschöpft, das arme Ding. Ein Vormittag im Bett wird ihr guttun. Und jetzt komm!«
Marlene würde glatt den Weltuntergang verschlafen, dachte Herr Hase, der eine gute Stunde lang auf ihr Dach eingehämmert hatte. »Ich bin gleich so weit. Muss mich nur noch umziehen.«
»Vergiss es!
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