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Herren der Tiefe

Herren der Tiefe

Titel: Herren der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bewiesen.
André und Chris saßen zusammen mit einem vielleicht zwölfjährigen blonden Mädchen an einem großen Tisch unter dem Fenster, auf dem eine reichhaltige Mahlzeit aufgetragen worden
war, während Malcolm und seine Frau, wahrscheinlich angelockt durch das Geräusch der Tür, gerade in diesem Moment
aus einem angrenzenden Raum herauskamen.
Malcolms Gesicht zeigte die gleiche Blässe wie das aller Menschen hier unten, aber er war ordentlich frisiert und trug einen
streng ausrasierten, kurzgeschnittenen Vollbart. Und er war
auch nicht in Lumpen gekleidet, sondern trug eine dunkelblaue
Kapitänsuniform, die
zwar schon sehr alt sein mußte, sich aber
in tadellosem Zustand befand.
Malcolm begrüßte Trautman, Singh und die beiden anderen
Jungen mit einem flüchtigen, aber sehr warmen Lächeln, ehe er
auf Mike zutrat und ihm die Hand entgegenstreckte.
»Du bist also Mike«, sagte Malcolm. »Deine Freunde haben mir
schon eine Menge über dich erzählt. Ich freue mich, dich selbst
kennenzulernen.«
Malcolms Händedruck war kräftig und warm und sein Lächeln
offen und freundlich. »Das ist meine Frau Jennifer, und dort
drüben am Tisch sitzt meine Tochter Sarah«, fuhr Malcolm mit
einer entsprechenden Geste fort. »Warum gehst du nicht hin
und begrüßt sie? Sie brennt schon darauf, sich mit dir zu unterhalten.«
Vor einem Augenblick noch hatte Malcolm Mike gesagt, wie
sehr er sich freute, ihn zu sehen, und nun schickte er ihn praktisch fort – und der Blick, den er dabei mit Trautman tauschte,
war beredt genug, um Mike klarzumachen, daß er und der
Steuermann der NAUTILUS wohl etwas zu besprechen hatten,
was vielleicht nicht für seine Ohren bestimmt war. In Mike
wuchs die Überzeugung, daß Trautman und die anderen ihm
irgend etwas sehr Wesentliches verschwiegen. Er nahm sich
vor, Trautman bei nächster Gelegenheit zur Rede zu stellen.
Jetzt wandte er sich um und ging gehorsam zu dem Tisch am
Fenster. Während er es tat, verschwanden Malcolm, Trautman
und einen kurzen Augenblick später auch Singh im angrenzenden Zimmer.
Malcolms Tochter sah ihm mit einem herzlichen
Lächeln
entgegen. Sie hatte große Ähnlichkeit mit ihrer Mutter, und so
wie diese und auch ihr Vater war sie nicht auf die hier unten
anscheinend allgemein übliche Weise gekleidet, sondern trug
ein rüschenbesetztes Kleid, dem man ansah, daß es ursprünglich für einen Erwachsenen gedacht und mühsam (und nicht
besonders geschickt) auf die passende Größe zurechtgestutzt
worden war.
»Ihr glaubt nicht, was gerade draußen passiert ist«, begann
Ben aufgeregt, während Mike sich einen Stuhl heranzog und
setzte.
André wies mit der Hand zum Fenster. »Wir haben alles gesehen«, sagte er. Ben blinzelte. »Auch das Ungeheuer?«
»Wenn du den Fischmenschen meinst – ja«, erwiderte Sarah.
Sie lächelte noch immer, aber der tadelnde Ton, in dem sie diese
Worte sagte, war nicht zu überhören. Ben legte die Stirn in Falten, ging aber nicht weiter darauf ein.
»Es scheint euch ja nicht besonders zu interessieren.«
»Mein Vater wird später mit Denholm sprechen«, erwiderte
Sarah. »Er war sehr zornig, aber er meint, es wäre besser, ein
wenig zu warten.« Sie drehte den Kopf und sah aus dem Fenster, und Mike folgte ihrem Blick. Man konnte von hier aus nicht
nur den gesamten Platz, sondern auch das Gebäude sehen, in
dem der Gefangene untergebracht war. Zu den beiden Wachen
vor der Tür hatten sich zwei weitere Männer gesellt, und es begannen jetzt immer mehr Menschen herbeizuströmen. Sie waren
zu weit entfernt, als daß Mike ihre Gesichter erkennen oder gar
verstehen konnte, was sie sagten, aber er spürte deutlich, daß
von der vorhin noch so fröhlichen Stimmung nichts mehr geblieben war. Die Menge wirkte erregt, ja fast aufgebracht.
»Diese Fischmenschen«, fragte er, »was sind das für Geschöpfe? Woher kommen sie, und was wollen sie von euch?«
»Niemand weiß wirklich, wer die Fischmenschen sind«, antwortete Sarah. »Sie leben drüben in der Alten Stadt, aber auch
unten im Meer.«
»Und sie sind eure Feinde?« fragte Mike.
Sarah zögerte mit der Antwort. »Ich glaube, ja«, sagte sie
schließlich. »Du glaubst?«
Das Mädchen hob die Schultern. Plötzlich wirkte sie merkwürdig hilflos. »Sie sind schon so lange hier, wie dieser Ort besteht. Manche glauben, daß sie schon vor den Menschen hier
waren. Wir treffen sie selten. Manchmal tauchen sie unten im
Hafen auf und versuchen, eines der Schiffe zu plündern, aber im

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