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Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition)

Titel: Herrentag: Anwalt Fickels erster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans-Henner Hess
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wollte nur …«
    Die Pflegerin beachtete ihn gar nicht, sondern nahm sich gleich der aufgeregten alten Lady an und redete mit hart ausgesprochenen Konsonanten auf sie ein: »Ist ja gut, Elfriede! Sind mal wieder die Russen im Anmarsch?«
    Die Angesprochene nickte heftig und flüsterte angstvoll: »Der Iwan schneidet den Frauen die Bäuche auf und holt die Babys raus!«
    »Aber Elfi! Das sind doch Schauermärchen!«
    Der Fickel hätte sich jetzt am liebsten unauffällig entfernt, aber zu dumm: Seine Kreditkarte steckte noch oben in der Tür. Die Pflegerin musterte ihn mit leiser Ironie, der auch eine winzige Spur weiblichen Wohlgefallens beigemischt war. Immerhin war der Fickel noch etwas knackiger als die meisten in dem Laden hier, trotz der kleinen Wölbung unter dem Jackett.
    »Ich nehme mal an, sie hatten nicht vor, unserer Elfriede den Bauch aufzuschneiden?«, fragte sie mit leicht kokettem Unterton. Aber vielleicht war es auch überhaupt kein Unterton, sondern einfach nur ihr Akzent, nach menschlichem Ermessen slawisch. Der Fickel entzifferte das Namensschild, das sie auf ihrem Kittel trug: Schwester Ilona.
    »Ja ponimaju tolko woksal!« [ 30 ], erklärte der Fickel beruhigend, mit Blick auf die alte Dame, als er sich wieder gefangen hatte. Die Pflegerin sah ihn verblüfft an, dann brach sie in Lachen aus.
    »Sie sind ja ein Sprachgenie«, erklärte sie belustigt. Ihr Ton wurde strenger. »Jetzt aber mal im Ernst: Was haben Sie hier oben verloren?«
    Der Fickel ist um Ausreden jedoch nie verlegen, auch jetzt nicht. Ohne rot zu werden, erklärte er, er sei auf der Suche nach einer Unterbringung für eine Bekannte. Komfortabel, aber nicht zu teuer.
    »Das wollen alle: gut aber nicht teuer«, resümierte die Ilona augenrollend. »Aber hier sind Sie schief gewickelt. Am besten, Sie wenden sich an die Heimleitung.«
    Der Fickel dachte natürlich nicht im Traum daran, sich von irgendwem wickeln zu lassen, egal ob schief oder gerade. Trotzdem machte die Schwester Ilona immerhin einen äußerst patenten Eindruck auf ihn – auch wenn sie jetzt nicht direkt eine examinierte Krankenschwester aus der Region war, wie es die Internetseite versprochen hatte, sondern eher eine Polin oder Russin. Aber der Fickel ist der Letzte, der sich mit Kleinigkeiten wie der geografischen Herkunft aufhält. Auf den Mund gefallen war die Ilona jedenfalls nicht, und kurze Zeit später hatte der Fickel sie in eine hübsche Plauderei verwickelt.
    Da sieht man mal wieder: Obwohl der Fickel ein Novize in der Detektivbranche war, wusste er instinktiv, wie man in so einer Lage an wertvolle Informationen kam – im Grunde ein Naturtalent! Jedenfalls fischte er, ohne sich dabei persönlich sonderlich verbiegen zu müssen, von der freundlichen Ilona im Flirtmodus wichtige Informationen ab, zum Beispiel, dass die Heimleiterin Heike Dietz und der Exner längst wieder geschieden waren. Weitere Details wollte Ilona über diesen Sachverhalt leider nicht preisgeben, obwohl der Fickel spürte, dass sie eigentlich mehr wusste und es natürlich interessant gewesen wäre zu hören, wie man das organisiert unter Geschiedenen, wenn man weiterhin kollegial zusammenarbeiten muss. Doch da konnte er den Charmebolzen spielen und flirten, was die grauen Schläfen hergaben, Schwester Ilona blieb standhaft wie die heilige Juliana von Nikomedia unter der Folter.
    Was den Landrat Kminikowski anging, war die Ilona schon gesprächiger, auch wenn sie ihn erst ein- oder zweimal im Heim gesehen hatte. »So einen scheenen Mann« vergisst man eben nicht. Aber leider war der ja schon verheiratet. Offenbar las die Ilona keine Zeitungen, zumindest nicht das regionale Boulevardblatt. Also blieb es dem Fickel vorbehalten, ihr vom Ableben der Richterin Kminikowski zu berichten. Da bekreuzigte sich die Ilona und meinte: »Der findet bestimmt bald wieder eine neue Frau!« Und ein bisschen kam es dem Fickel so vor, als würde sie sich am liebsten selbst für die Stelle bewerben wollen.
    Da der Fickel mit der Ilona nun sozusagen schon eine Vertrauensbasis hatte, wagte er schließlich auch, sich angelegentlich zu erkundigen, was sich eigentlich hinter der geheimnisvollen Tür im Treppenhaus verbarg. Doch da biss er erneut auf Granit. Ilona wurde mit einem Mal direkt abweisend und erkundigte sich misstrauisch, was ihn das eigentlich angehe. »Sind Sie etwa von der Presse?«
    In der Hinsicht konnte der Fickel sie schnell beruhigen, denn es gibt ja nichts Schlimmeres als diese Journalisten,

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