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Herrgottschrofen

Herrgottschrofen

Titel: Herrgottschrofen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Ritter
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vor!«
    Das tat Veit Gruber bereits. Er malte sich den Erfolg dieser Shows in den buntesten Farben aus. Und die Millionen, die er damit scheffeln konnte. »Wenn das Eisstadion reicht. Da passen ja bestuhlt nur sechstausend Menschen rein. Vielleicht müssen wir größer denken. Das Skistadion. Überdacht. Wie wäre das? Oder … wartens: Die Garmischer Fußgängerzone überdachen. Nein, da kann man keine Tribünen aufstellen. Jetzt hab ich’s: den Rießersee! Dort, wo das mit dem Eislaufen hier in Garmisch angefangen hat vor hundert Jahren!«
    »Und wo die Jo Saunders herkommt. Vom Stillerhof neben dem See«, spann Hartinger mit.
    »Mein Gott, jetzt wird ein Schuh draus! Da kann man Bücher drüber schreiben, Filme machen, das ist ja oscarreif. Als Bauernmädel weggegangen. Als alte Dame zurück an den Ort ihrer Jugend. Fast ein ganzes Jahrhundert an Sportgeschichte vereint. Geil, Herr Hartinger, richtig geil.«
    Hartinger lehnte sich zurück und genoss den Anblick des ins Schwärmen geratenen Gruber. Der löste seinen Blick von der Holzvertäfelung seiner Bürodecke und betätigte die Tastatur seines Computers. Er klickte und tippte wie ein Bessener darauf rum. »Ich find im Internet nix Aktuelles von der Frau Stiller oder Saunders.«
    »Das ist die schlechte Nachricht: Sie lebt vollkommen zurückgezogen in Kalifornien. Man muss sie erst dazu bewegen hierherzukommen.«
    »Ja, worauf warten Sie, Hartinger? Was machen Sie hier noch? Wartens, ich ruf im Reisebüro an. Oder machen Sie das gleich. Hier ist die Nummer. Sie holen die Frau hierher. Und dann sind wir im Geschäft. Flüge nach San Fransisco und Los Angeles gibt’s von München aus jeden Tag. Hopp, hopp – in einer Woche will ich die Dame hier sehen!«
    »Spesen?«
    »Gegen Beleg alles Notwendige. Aber bittschön Economy. Nicht übertreiben, Herr Hartinger, gell?«
    »So war das nicht gemeint, dass du dich gleich vom Acker machst, Gonzo!«, schimpfte Kathi Mitterer. »Die Läden und der Zaun …« Mitten im Satz verstummte sie, denn ihr ging auf, dass ja sie es gewesen war, die Hartinger zum Gruber Veit geschickt hatte.
    »Nur für eine Woche. Den Zaun kann ich eh erst im Mai machen. Wenn der Schnee bis dahin geschmolzen ist. Und die Läden laufen auch nicht weg.«
    »Das fürchte ich auch. Die lehnen jetzt da ewig im Hof rum. Sauber.« Sie blies sich eine Strähne aus dem Gesicht und klemmte sie unter der Haarspange fest.
    »Und er zahlt wirklich alles?« Albert Frey saß an seinem Stammplatz unter dem Gottessohn.
    »Habe das Ticket schon auf meinem Handy. Um zwanzig vor vier geht’s los. Ich glaub’s selbst nicht.«
    »Ich habe Frau Saunders schon geschrieben, dass sie Besuch bekommt. Ein Telegramm. Dass ich so was noch mal mache …« Frey hatte seine Freude daran gehabt, in die Hauptpost am Bahnhof zu gehen, um ein gutes altes Telegramm aufzugeben. Er war gespannt gewesen, ob die jungen Postbediensteten das überhaupt noch konnten. Außerdem konnte man Telegramme abheften und irgendwann dem Marktarchiv hinterlassen. E-Mails waren so flüchtig …
    »Dann ist sie nicht so überrascht, wenn ich bei ihr vor der Wohnungstür stehe«, meinte Hartinger. »Das ist gut.«
    »Wohnungstüre ist gut. Portal würde ich das nennen. Ich hab mir die Adresse in Google Earth angesehen«, erklärte Albert Frey. »Das ist eine veritable Villa mit einem Park drum herum. Am Meer. Trotzdem Swimmingpool. Tennisplatz. Die hat da auch ein Nebengebäude, das könnte, von oben betrachtet, eine kleine Eishalle sein. Stell dich darauf ein, dass du da erst mal an Sicherheitsleuten vorbeimusst, Karl-Heinz.«
    Hartinger nickte und wandte sich an die Hausherrin: »Könntest mir vielleicht schnell zwei oder drei Hemden …«
    »Das auch noch.« Kathi schnaubte. »Aber nur, weil ich dich nicht als Repräsentanten meiner Heimat so abgerissen nach Amerika reisen lass, damit das klar ist, Gonzo. Musst eigentlich eine Jeans da rüber anziehen?«
    »Hab nix anderes.«
    »Der Trachtenanzug von meinem Vater passt dir doch wie angegossen. Der hat genau die gleiche Figur gehabt.«
    »Im Trachtenanzug nach Kalifornien? Da hat’s dreißig Grad aufwärts. Lieber die Lederhosn von deinem Opa.«
    »In einer halben Stunde musst du los. Ess jetzt noch mal was Gscheits, und ich bügel dir derweil die Hemden.« Damit stellte Kathi die Reine mit den Rindsrouladen auf den Tisch.
    Der Mann am Zoll musterte Hartinger ganz genau. Dann blätterte er den Pass aufmerksam durch und legte ihn auf den Scanner.

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