Herrin auf Kimbara
wieder in ihr Zimmer zu laufen und sich darin zu verbarrikadieren.
Brod war also nicht, wie geplant, nach Marlu zurückge-flogen. Einen Moment lang stand sie regungslos da, bis Jean Matthews, die Haushälterin, in der Eingangshalle erschien.
»Guten Morgen, Rebecca«, grüßte sie. »Wie war’s mit Frühstück?«
Rebecca lachte. »Nur Tee und Toast, aber lassen Sie mich es holen.«
»Das Angebot nehme ich gern an«, erwiderte Jean Matthews. »Ich habe alle Hände voll zu tun. Kommen Sie mit in die Küche. Ich trinke eine Tasse mit Ihnen.«
»Ist Fee noch nicht auf?« fragte Rebecca, als sie zusammen in die große, alte Küche gingen, die bestens ausges-tattet war.
»Natürlich nicht!« Jean lächelte. »Ich schätze, sie hat einen Kater. Mr. Kinross und Broderick dagegen sind schon wieder zur Tagesordnung übergegangen.«
»Ich dachte, Brod würde heute nach Marlu zurückkehren«, bemerkte Rebecca betont beiläufig.
»Das dachte ich auch.« Jean tat Brot in den Toaster, während Rebecca Tee machte. »Er bleibt leider nie lange.
Aber soweit ich weiß, steht eine Besprechung mit Ted Holland, dem Vorarbeiter, an. Broderick ist an den Entscheidungen beteiligt, auch wenn er und sein Vater nie einer Meinung sind.«
»Es ist keine glückliche Familie«, sagte Rebecca seufzend und goss kochendes Wasser über die Teeblätter in der Kanne.
»Das haben Sie ja schnell gemerkt.« Jean schnitt ein Gesicht. »Mr. Kinross hat die Liebe seiner Kinder zurück-gewiesen. Ich bin schon lange hier, deswegen weiß ich es.
Früher war ich Kindermädchen hier. Hat Fee Ihnen das erzählt? Ich habe als Hausangestellte hier angefangen, als ich kaum sechzehn war. Ich kann immer noch nicht glauben, dass Miss Lucille nicht mehr unter uns weilt. Sie war ein Engel. Ich habe sie sehr gemocht.«
Der Ausdruck in ihren Augen bewies, dass sie es längst aufgegeben hatte, ihren Arbeitgeber zu mögen. »Ich bin wegen der Kinder geblieben. Es hat einem schier das Herz zerrissen. Ich habe unter Mrs. Harrington, meiner Vorgängerin, im Haus gearbeitet. Sie hat mich so nervös gemacht, aber sie war eine wundervolle Haushälterin und eine hervorragende Köchin. Hat mir alles beigebracht. Als sie aufgehört hat, hat Mr. Kinross mich gebeten, ihre Stelle zu übernehmen. Alles ist anders als damals. Broderick ist auf Marlu. Ally lebt in Sydney. Meine Güte, sie hätte Rafe Cameron haben können!« Jean, die untersetzt war, sank auf einen Küchenstuhl. »Aber ich fürchte, es ist zu spät.
Sie können die Scherben nie wieder kitten.«
Ihre Augen glänzten verräterisch, und sie nahm ihre Brille ab, um sie zu putzen. »Hab versucht, es ihr auszureden. Broderick hat es auch versucht. Rafe ist sein bester Freund. Sogar Mr. Kinross war außer sich.«
»Halten Sie es nicht für möglich, dass die beiden wieder zusammenkommen?« fragte Rebecca.
»O nein, meine Liebe«, erwiderte Jean seufzend. »Die Camerons sind sehr stolze Männer.«
»Aber bisher hat keine Frau Rafe vor den Altar bekommen«, wandte Rebecca ein.
Jeans Miene hellte sich auf. »Stimmt.«
Unterdessen war im Arbeitszimmer der letzte Punkt auf der Tagesordnung geklärt, nämlich die Entscheidung über die Teilnahme an der Versteigerung einer bekannten Schaf-und Rinderzuchtfarm im Innern von Queensland.
Brod stand auf und ordnete einen Stapel Papiere. Er hatte die ganze Zeit gemerkt, dass sein Vater etwas auf dem Herzen hatte. Nun sprach er es an.
»Bevor du gehst, Brod…« Stewart Kinross nahm seine Lesebrille ab und rieb sich die Nase. »Ich würde gern mit dir über das reden, was gestern Abend vorgefallen ist.«
»Der Ball war ein großer Erfolg«, sagte Brod. »Alle haben sich ganz begeistert darüber geäußert.«
»Das habe ich nicht gemeint.« Sein Vater blickte ihn kalt an. »Rebecca hat mir zu verstehen gegeben, dass sie dich gebeten hat, die Kette in den Safe zu legen.«
»Ja, das hat sie. Du warst beschäftigt, und sie konnte es gar nicht erwarten, das verdammte Ding abzunehmen.
Allerdings hat man es ihr nicht angemerkt. Sie hat wirklich die Ruhe weg.«
»Können wir nicht mal einen Moment ernst bleiben?«
fragte sein Vater scharf.
»Was willst du von mir hören, Dad?« Brod wandte sich wieder um. »Unter ihrem zarten Äußeren verbirgt sich ein harter Kern.«
»Rebecca soll hart sein? Ich hoffe, du hast sie nicht beleidigt.«
»Warum sollte ich sie beleidigen?« erkundigte Brod sich mühsam beherrscht.
»Weil du andere gern aufstachelst. Hast du dafür gesorgt,
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