Herrin auf Kimbara
sah sehr imposant aus.
»Ich habe Sie überall gesucht, Rebecca«, sagte er ein wenig vorwurfsvoll.
»Das Haus ist sehr groß, Stewart«, erinnerte sie ihn sanft.
»Es ist das größte Wohnhaus, das ich kenne, abgesehen von den englischen Landsitzen.«
»Im Vergleich zu denen muss das hier eine bescheidene Hütte sein.«
»Das hier wäre nirgends eine bescheidene Hütte«, erwiderte sie trocken. »Ich muss etwas mit Ihnen besprechen, Stewart.«
»Ziehen Sie erst mal Ihre Reitsachen an. Ich brauche jetzt einen Galopp, um mich von den Feierlichkeiten zu erholen.«
»Glauben Sie nicht, dass es heute ein Gewitter geben könnte?« wandte sie ein. »Es ist sehr heiß.«
»Schon möglich«, räumte er ein, »aber das ist kein Grund zur Sorge. Ich habe oft erlebt, dass sich große Wolken am Himmel aufgetürmt haben und nicht ein Tropfen gefallen ist. Bald kommt Wind auf und vertreibt die Wolken. Wenn Sie sich umziehen, gehe ich zu den Ställen und hole zwei Pferde. Und wenn Sie ein braves Mädchen sind, dürfen Sie Jeeba reiten.«
Dann verließ Stewart die Bibliothek, und Rebecca ging nach oben in ihr Zimmer. Obwohl es ganz still im Haus war, schien die Luft elektrisch geladen zu sein. Doch erst als Rebecca in ihren Reitsachen auf der vorderen Veranda stand und ihren Hut aufsetzte, nahm sie sich die Zeit, zum Himmel hochzublicken.
Noch war er blau, aber aus irgendeinem Grund musste sie an Blitze denken. Sie war einmal mit einem Freund beim Segeln von einem Gewitter überrascht worden. Sie waren meilenweit von der Küste entfernt gewesen, und es war eine der schlimmsten Erfahrungen ihres Lebens gewesen, obwohl ihnen nichts passiert war.
Stewart und Rebecca ritten in Richtung Süden an mehreren Wasserlöchern entlang, wo die Eukalyptusbäume mit ihren frischen grünen Blättern Schatten spendeten. Keines der Wasserlöcher war tief, doch man hatte ihr erzählt, dass die Flüsse nach starken Regenfällen meilenweit über die Ufer treten konnten, und Stewart hatte ihr gezeigt, wie hoch das Wasser gekommen war. Ein kleiner Tafelberg in einigen Meilen Entfernung hob sich in der Nachmittags-sonne feuerrot gegen den blauen Himmel ab und ließ diesen an dieser Stelle violett erscheinen.
Die Luft war erfüllt vom Gesang und Gekreische der Wüstenvögel, die am frühen Morgen oder gegen Sonnen-untergang am aktivsten waren. Wellensittiche im Käfig hatten ihr immer Leid getan, und nun erfreute Rebecca sich an ihrem Anblick in freier Wildbahn. In Schwärmen flogen sie durch die Lüfte und zeichneten sich gegen den Himmel ab, der in immer intensiveren Farben glühte. Im Unterholz am Ufer nisteten große Ibiskolonien. Kimbara war eines der Hauptbrutgebiete für Wasserzugvögel wie Reiher, Enten und Wasserhühner. Die Pelikane hielten sich in den entfernteren Sumpfgebieten auf, während die bunten Papageien, die rosafarbenen und grauen Kakadus und die weißen Corellas das Mulga-Scrub zu bevorzugen schienen.
Als sie den Weg zu den grasbewachsenen Ebenen hinauf ritten, auf denen unzählige winzige violette Blumen blühten, duckte Stewart sich im Sattel und forderte Rebecca zu einem Rennen heraus. Sie gab ihrer Stute Jeeba die Sporen und ritt hinter ihm her. Es war hoff-nungslos, denn Stewart war ein viel besserer Reiter als sie und sein Wallach wesentlich kräftiger als Jeeba. Allmählich alarmierte der Anblick des Himmels Rebecca. Sie stoppte in der Nähe einiger Bauhinia-Sträucher und wandte sich besorgt zu Stewart um. »Sollten wir nicht lieber zurückreiten, Stewart?«
Er zügelte sein Pferd neben ihr und legte die Hand auf ihre. »Warum so nervös, meine Liebe?«
Langsam entzog sie ihm ihre Hand und tat so, als würde sie ihren Akubra zurechtrücken. »Normalerweise bin ich nicht nervös, aber das Gewitter scheint nicht mehr weit weg zu sein. Sehen Sie sich den Himmel an.«
»Ich habe schon Schlimmeres gesehen«, erklärte er angespannt und beobachtete, wie sie zusammenzuckte, als ein Kakadu in der Nähe einen schrillen Schrei ausstieß.
»Ich kenne mich mit dem Wetter aus. Es wird nicht regnen.«
»Wenn Sie meinen«, sagte sie skeptisch.
»So, jetzt können wir über das reden, was Sie auf dem Herzen haben«, schlug Stewart vor.
Rebecca beschloss, nicht um den heißen Brei herumzure-den. »Ich glaube, Sie wissen, worum es geht, Stewart. Ich hatte keine Ahnung, dass die Kette eine so große Bedeutung für Ihre Familie hat. Warum haben Sie es mir nicht gesagt?«
Er wirkte pikiert. »Normalerweise gebe ich für mein
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