Herrin auf Kimbara
bewusst aus dem Weg gegangen. Jetzt suchte er sie auf.
Warum? Um sie zu bitten abzureisen? Sie warf ein Kissen beiseite und stand auf.
»Gehen Sie nicht, Rebecca«, bat er und verstellte ihr den Weg. Sein Ton war forsch, aber nicht unfreundlich.
»Was ist, Brod?« fragte sie, ohne zu zögern, und stellte bestürzt fest, dass ihre Stimme ganz heiser klang.
»Ich finde, wir müssen miteinander reden. Mir ist klar, dass Sie unter Schock stehen, aber ich muss wissen, was gestern vorgefallen ist.«
Es war ganz still, man hörte nur die Vögel zwitschern.
Rebecca hatte das Gefühl, in der Falle zu sitzen.
»Ich kann nicht darüber reden, Brod«, sagte sie und wandte sich unvermittelt ab. Sie wollte Trost. Sie spürte, dass dieser Mann ihn ihr hätte geben können, doch er wollte nichts von ihr wissen.
»Sie werden es mir sagen, Rebecca«, warnte Brod sie leise.
»Sie sind es mir schuldig.« Er streckte die Hand aus und zwang sie, ihn anzusehen. »Tränen. So viele Tränen.
Wegen meines Vaters?« In diesem Moment sah sie aus wie ein Kind.
»Ich fühle mich irgendwie für seinen Tod verantwort-lich.«
Ihre Stimme klang so gequält, dass er das Bedürfnis verspürte, ihren Schmerz zu lindern. »Mein Vater wusste, dass er irgendwo Schutz suchen musste, Rebecca.«
Eindringlich sah er sie an und versuchte zu ergründen, was in ihr vorging. »Aber es überrascht mich, dass Sie mit ihm geritten sind. Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass ein Gewitter aufzieht.«
Rebecca setzte sich wieder und rang die Hände. »Ich wollte ihn nicht begleiten, aber Ihr Vater hat behauptet, es würde keinen Regen geben.«
Insgeheim verfluchte er seinen Vater. »Das kann passieren, aber mein Vater war genauso in der Lage, die unterschiedlichen Wolkenformationen zu interpretieren, wie ich es bin.« Da er ihr nicht zu nahe kommen wollte, setzte er sich auf die niedrige Mauer, die ein Blumenbeet umgab. »Wohin sind Sie geritten?«
Flüchtig blickte sie auf. Ihre grauen Augen wirkten unnatürlich groß in ihrem blassen Gesicht. »Ihr Vater wollte mir die Zeichnungen der Aborigines in den Höhlen zeigen.«
Genau das hatte er vermutet. »Das hat er gesagt, ja?«
»Ich wollte sie nicht sehen.« Heftig schüttelte sie den Kopf. »Ich meine, ich möchte sie irgendwann mal sehen, aber ich war den ganzen Tag so nervös. Jetzt weiß ich, warum.«
»Sie sind also nicht so weit gekommen?« hakte Brod nach.
Sie zuckte die Schultern. »Ich bin in eine andere Richtung geritten. An den Wasserlöchern entlang. Ich liebe die Vögel und die Seerosen dort.«
»Was verschweigen Sie mir, Rebecca?« fragte er plötzlich.
»Was wollen Sie denn von mir hören? Ich muss schließ-
lich damit leben.«
Nur Gott weiß, was geschehen ist, dachte er, und auf einmal hatte er das alles so satt. »Sie machen einen verzweifelten Eindruck.«
»Das bin ich auch.« Ihre Augen funkelten. »Ich möchte nach Hause.«
Ihm wurde bewusst, dass er sie auf keinen Fall gehen lassen wollte. »Sie sind kein Kind mehr. Sie sind eine Frau, und Sie haben berufliche Verpflichtungen.« Das war das Erste, was ihm eingefallen war.
Rebecca machte eine hilflose Geste. »Ihre Familie kommt.
Ihre Freunde. Für mich ist hier kein Platz mehr.«
»Sie haben sich hier einen Platz geschaffen, Rebecca. Hat mein Vater Ihnen gesagt, dass er Sie liebt?« Er musste unbedingt wissen, was passiert war.
Sie wandte das Gesicht ab. »Was spielt das noch für eine Rolle, Brod?«
»Er hat es also getan.«
»Ich weiß nicht, was er gesagt hat«, schwindelte sie.
»Erzählen Sie mir doch nichts. Rebecca, bitte. Sie haben ihm so viel bedeutet.« Einige Sonnenstrahlen fielen durch die Blätter auf sein Gesicht, das sehr angespannt wirkte.
»Sie wissen es.«
»Ich habe es auf schmerzliche Weise erfahren.« Jetzt hatte sie sich fast verraten.
»Wie?« fragte er schroff.
»Ihr Vater hat mich nie angefasst«, flüsterte sie, ein wenig schockiert über seinen Gesichtsausdruck.
»Na gut«, beschwichtigte er sie. »Beruhigen Sie sich.
Aber er hat etwas zu Ihnen gesagt, dass Sie veranlasst hat, wie der Teufel wegzureiten.«
»Und dann hat sich die Tragödie ereignet.« Rebecca seufzte tief. »Ich möchte nicht mehr darüber reden.«
»Die Sache ist die, dass unser Verhalten nicht ohne Folgen bleibt, Rebecca. Sehen Sie mich an, und sagen Sie mir, es war nicht Ihre Absicht, dass mein Vater sich in Sie verliebt.«
Sein harter Unterton verletzte sie zutiefst. »Was würde das für einen Unterschied
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