Herrin der Falken - 3
finden werden, ohne erst die Schläferinnen von den Tischen werfen zu müssen. Das war der einzige Grund, warum ich nicht gern dort auf dem Fußboden schlafen wollte. Ich wußte, die Frauen, die diese zehn Tage Dienst in Küche und Speiseraum haben, würden uns bei Tagesanbruch wecken, um an ihre Töpfe zu kommen.«
Tatsächlich war der Speisesaal leer, bis sie sich angezogen hatten. Nur ein paar alte Frauen saßen noch bei heißer Milch, in der Brot eingeweicht war. Jandria und Romilly bedienten sich selbst mit Brei aus dem Kochtopf und aßen. Dann kam Betta, die auf der Suche nach ihnen war.
»Ihr sollt zur Hausmutter kommen, Lady Jandria, und Mistress Romilly in den Stall.«
Jandria lachte gutmütig. »Nur Jandria oder Janni. Hast du die Regeln der Schwesternschaft vergessen?«
»Dann also Janni.« Trotzdem behielt Betta ihren ehrerbietigen Ton bei. »Übung im waffenlosen Kampf ist mittags im Grashof; Fechten zur vierten Stunde danach. Wir sehen uns dann dort.«
In den Ställen und Koppeln fand Romilly eine Anzahl Rappen aus den Kilghardbergen, die edelsten, die sie je gesehen hatte. Es würde ein Vergnügen und ein Vorrecht sein, sie an den Sattel zu gewöhnen.
»Die Armee braucht sie so schnell wie möglich«, erklärte Tina, die sie begleitet hatte. »Sie müssen es lernen, einen Sattel zu tragen, einen ruhigen Schritt beizubehalten und bei lauten Geräuschen nicht zu erschrecken. Ich kann dir so viele Helferinnen zur Verfügung stellen, wie du brauchst. Aber wir haben keine Fachkräfte, und Lady Jandria berichtete uns, du habest die MacAran-Gabe. Deshalb mußt du die Leitung dieser Arbeit übernehmen.«
Romilly sah sich die Pferde an; es waren gut zwei Dutzend. Sie fragte: »Ist eins davon schon einmal an einer Longe gegangen?«
»Etwa ein Dutzend«, antwortete Tina. Romilly nickte.
»Gut, dann such mir zwölf Frauen zusammen, die die Gangarten mit ihnen durchnehmen, und bringe sie hinaus in die Koppel. Ich werde beginnen, die übrigen Pferde kennenzulernen.«
Die Frauen kamen. Romilly sah, daß Betta unter ihnen war, und begrüßte sie mit einem Nicken und einem Lächeln. Sie trug den Helferinnen auf, die Pferde ein paar Minuten lang an der Longe im Kreis laufen zu lassen, und ging in den Stall, um das Pferd auszusuchen, mit dem sie selbst als erstes arbeiten wollte. Jeder Helferin wollte sie das Pferd zuteilen, mit dem sie heute geübt hatte. Es ging leichter, wenn sich ein festes Band zwischen Trainerin und Pferd bildete.
»Denn dann wird das Tier euch vertrauen«, setzte sie ihnen auseinander, »und sich Mühe geben, euch zufriedenzustellen. Es darf jedoch keine einseitige Beziehung sein«, warnte sie. »Wie das Pferd euch liebt und euch vertraut, müßt ihr es lieben und vertrauenswürdig sein, damit das Pferd in euren Gedanken lesen kann, daß es geliebt wird. Ihm etwas vortäuschen könnt ihr nicht, denn es wird eine Lüge sofort durchschauen. Auch müßt ihr aufgeschlossen für die Gefühle des Pferdes sein. Noch etwas«, sie zeigte auf die kurzen Trainingspeitschen, die die Frauen in den Händen hielten. »Ihr dürft mit der Peitsche knallen, wenn ihr möchtet, um die Aufmerksamkeit des Pferdes zu erregen. Aber wer ein Pferd so schlägt, daß eine Spur zurückbleibt, ist kein Trainer. Sehe ich, daß eine von euch die Peitsche ernsthaft benutzt, kann sie gehen und sich statt dessen im Fechten üben!«
Sie schickte sie an die Arbeit, und sie hörte sie im Hinausgehen miteinander reden.
»Wir sollen unsere Peitschen nicht benutzen? Wozu haben wir sie dann?«
»Ich verstehe diese Frau nicht. Woher kommt sie, aus den fernen Bergen? Sie spricht so seltsam.«
Romilly fand, die anderen sprächen seltsam, langsam und bedächtig, als kauten sie eine Weile auf jedem Wort, bevor sie es über die Lippen brachten, während sie selbst doch ganz natürlich redete. Als sie schließlich von einem Dutzend Frauen gehört hatte, man verstehe sie nicht, versuchte sie, eine langsamere, ihrer Meinung nach affektierte Sprechweise anzunehmen.
Wenn sie auf Falkenhof wären, würde jeder ihre Sprache dumm, ausländisch, geziert finden. Vermutlich hängt das davon ab, wie man es gewöhnt ist.
Entschieden erleichtert wandte sie sich den Pferden zu. Bei ihnen konnte sie wenigstens sie selbst sein, und sie würden ihre Sprache und ihr Benehmen nicht kritisieren. Die Pferde sprechen meine eigene Sprache, dachte sie voller Freude.
Es waren so viele und alle möglichen Rassen, von kräftigen, zottigen Bergponys wie das, das sie auf
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