Herrin der Schädel
aber er entspannte sich wieder, denn der mit edlen Möbeln ausstaffierte Raum vor ihm war leer.
Für einen Moment verzog Suko sein Gesicht. Er schüttelte auch den Kopf und irgendwo ärgerte er sich auch, aber er konnte es nun mal nicht ändern. Es war niemand zu sehen, aber es gab die Spuren auch hier auf dem Teppich. Wenn er genau hinschaute, bewegten sie sich auf etwas Bestimmtes zu.
Es sah im ersten Augenblick aus wie eine Wand. Aber die anderen Wände besaßen keine Holzlamellen. Sie waren ebenso glatt wie die Decke. Suko’s Ansicht nach konnte diese Abtrennung mit dem Lamellenmuster keine normale Wand sein.
Sie war sein neues Ziel.
Er schaute auch zurück, weil er gern den Rücken frei haben wollte. Dort passierte nichts, er war allein und zog dann behutsam die Tür mit den Holzlamellen auf.
Es erwartete ihn niemand, und er schaute hinein in einen begehbaren Kleiderschrank, der allerdings die Größe eines normalen Wohnzimmers besaß oder noch größer war.
Eine Wand war frei!
Nein, sie war nicht frei. Sie war nur im Begriff, frei zu werden, denn das Bild, das sich dort abmalte, löste sich allmählich auf. Er kannte es, denn zusammen mit Shao und John hatte er es auf dem Bildschirm des Computers gesehen.
Das blaue Licht. Die Schädel, die dunkelhaarige Frau, die hier allerdings anders aussah, denn sie war fast nackt und hatte eine Kette über ihre linke Schulter gehängt.
Atlantis!
Das musste eine Szene aus Atlantis sein, und sie war jetzt in diesem Moment auch greifbar.
Suko huschte auf die Wand zu, die für ihn zugleich ein Tor in die Vergangenheit war.
Er erwischte sie – und prallte dagegen. Es hatte sich nichts mehr geöffnet. Es war nicht mehr offen, und es blieb auch geschlossen.
Voller Frust musste Suko sich eingestehen, dass er zu spät gekommen war. Alle wichtigen Personen waren verschwunden…
***
Von einem Schock wollte der Inspektor nicht sprechen, aber er war schon enttäuscht, dass er jetzt allein auf weiter Flur stand und die Gegner ihn reingelegt hatten.
Da er zu den Menschen gehörte, die den Dingen auf den Grund gingen, suchte er noch einmal die Wand ab. Er tastete mit den gespreizten Händen über sie hinweg und forschte nach irgendwelchen Kontaktstellen, die er berühren musste, um in die andere Welt und damit in die Vergangenheit einzutauchen.
Nein, da war nichts zu machen. Die Zimmerwand hatte wieder ihr normales Aussehen erhalten. Es gab keinen Schlüssel, um wieder das Tor herzustellen. Der Weg blieb verschlossen.
Suko gehörte zu den Menschen, denen Gefühle normalerweise nur selten anzusehen waren. In diesem Fall änderte sich das. Der Ärger, den er spürte, malte sich auf seinem Gesicht ab. Der Mund bildete einen Strich, die Wangen zuckten, und der Blick seiner Augen war scharf wie der eines Raubvogels.
Er gehörte zu den Menschen, die sich Niederlagen ungern eingestanden, aber diesmal musste er es tun, und er konnte die Niederlage auch nicht für sich behalten.
Er kehrte zurück ins Wohnzimmer, holte sein Handy hervor und wählte die Nummer seines Chefs.
»Suko hier.«
»Ah, es gibt Sie auch noch.«
»Aber nur mich, Sir.«
»Das hört sich nicht gut an.«
»Stimmt. Wir haben unsere Gegner wohl unterschätzt. Oder unsere Gegnerin.«
»Ich höre.«
Suko brauchte nicht lange, um zu berichten, was passiert war. Er schämte sich fast ein wenig, aber er musste bei der Wahrheit bleiben.
Sir James musste erst nachdenken, und so blieb Suko für eine Weile in der Stille sitzen. Dann hörte er die Stimme seines Chefs erneut. Sie klang etwas dunkel, als er sagte: »So, auch wenn sich die Frage leicht dumm anhört oder auch naiv, möchte ich sie trotzdem stellen. Wie geht es jetzt weiter?«
»Das weiß ich nicht, Sir. Da könnte uns John eventuell eine Antwort geben, aber der ist ebenso wenig greifbar wie die anderen Akteure in diesem Spiel.«
»Das muss ich akzeptieren. Aber ich möchte von Ihnen trotzdem wissen, wie Sie diese Person einschätzen.«
»Das weiß ich auch nicht so genau. Jedenfalls ist Dana Crow gefährlicher und raffinierter als wir angenommen haben. Außerdem ist sie nicht allein. Sie hat genügend Helfer.«
»Die drei Musiker?«
»Ja, auch sie sind keine normalen Menschen.«
Sir James konnte das Lachen nicht unterdrücken. Es klang nur nicht echt, sondern eher bitter. »Da sagen Sie was, Suko. Das bringt mich auf ein Thema. Wenn wir davon ausgehen, dass diese Dana Crow kein Mensch ist, so legt sie doch ein menschliches Verhalten an den
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