Herrin Der Stürme - 2
Ich werde jeden Eid schwören, den du forderst, mein Bruder und Fürst.«
In Damon-Rafaels Blick vermischte sich Triumph mit Verachtung. Allart wußte, daß er, wenn ihre Positionen vertauscht gewesen wären, bis zum Tod für sein Erbe hätte kämpfen müssen.
Sein Körper spannte sich vor Abneigung, als Damon-Rafael ihn umarmte und sagte: »Ich werde also deinen Eid haben, und deine starke Hand, um meine Söhne zu bewachen. Dann stimmt das alte Wort vielleicht doch, und ich brauche meinen Rücken weder entblößt noch mich bruderlos zu fühlen.«
Erneut blickte er bedauernd zu der in ihren blauen Schleier gehüllten Cassandra hinüber. »Ich schlage vor – nein, du mußt deine Braut nehmen. Alle Aillards wären beleidigt, machte ich sie zur Barragana, und ich kann euch auch angesichts der Möglichkeit, daß Cassilde sterben und ich frei sein könnte, mich erneut zu vermählen, nicht unverheiratet lassen.«
Cassandra in den Händen Damon-Rafaels, der sie nur als Schachfigur einer politischen Allianz sah, die ihm die Unterstützung ihrer Verwandten sicherte? Der Gedanke machte ihn krank. Doch Allart rief sich seinen eigenen Entschluß ins Gedächtnis: keine Frau zu nehmen und keine Söhne zu zeugen, die den Fluch seines Laran trugen. Er sagte: »Als Gegenleistung für meine Unterstützung, Bruder, erspare mir diese Hochzeit.«
»Ich kann nicht«, erwiderte Damon-Rafael bedauernd, »obwohl ich Cassandra nur zu gerne selbst nehmen würde. Aber ich wage es nicht, die Aillards auf diese Weise zu beleidigen. Mach dir nichts daraus, vielleicht wird sie dir nicht lange eine Last sein. Sie ist jung, und viele von den Aillard-Frauen sind bereits gestorben, als sie ihr erstes Kind zur Welt brachten. Es ist wahrscheinlich, daß auch ihr das widerfährt. Oder vielleicht ist sie wie Cassilde: zwar fruchtbar, aber nicht fähig, lebende Kinder zu gebären. Wenn du dafür sorgst, daß sie mehrere Jahre hintereinander schwanger wird und Fehlgeburten hat, würden meine Söhne sicher sein, und niemand könnte behaupten, daß du nicht das Beste für unseren Clan getan hättest. Es würde ihre Schuld sein, nicht deine.« »Ich würde eine Frau nicht so behandeln wollen!« warf Allart ein. »Bruder, mir ist es völlig gleichgültig, wie du sie behandelst, wenn du sie nur heiratest, mit ins Bett nimmst und die Aillards durch verwandtschaftliche Bande an uns gefesselt sind. Ich habe nur einen Weg vorgeschlagen, wie du sie loswerden kannst, ohne deine eigene Männlichkeit in Mißkredit zu bringen.« Er zuckte die Achseln und wechselte das Thema. »Aber genug davon. Morgen werden wir nach Thendara reiten. Wenn die Erbschaftsangelegenheit erledigt ist, werden wir zu deiner Hochzeit hierher zurückkehren. Trinkst du mit mir?«
»Ich habe genug getrunken«, log Allart, von dem Wunsch beseelt, jeden weiteren Kontakt mit seinem Bruder zu vermeiden. Sein Vorausblick hatte richtig gesehen. In keiner der Welten der Wahrscheinlichkeit stand irgendwo festgeschrieben, daß er und Damon-Rafael Freunde sein würden, und wenn Damon-Rafael auf den Thron gelangen sollte – und sein Laran sagte ihm, daß das sehr gut möglich war –, konnte es sein, daß er sein Leben und das seiner Söhne schützen mußte.
Heiliger Lastenträger, gib mir Kraft! Ein weiterer Grund, weswegen ich keine Söhne zeugen darf, die mir nachfolgen. Ich müßte wegen meines Bruders auch um sie fürchten!
7
Voller Liebenswürdigkeit und beseelt von dem Wunsch, seinen jungen Verwandten auszuzeichnen, hatte Seine Gnaden Regis II. die Zustimmung erteilt, die Hochzeitszeremonie durchzuführen. Sein runzliges Gesicht strahlte Freundlichkeit aus, als er die zeremoniellen Worte sprach und die getriebenen Kupfer-Armreife, die Catenas, zuerst um Allarts und dann um Cassandras Handgelenke legte.
»Sichtbar getrennt«, sagte er, während er die Armreifen aufschloß, »mögt ihr es nie im Geiste und im Herzen sein.« Sie küßten sich, und er fuhr fort: »Mögt ihr für immer eins sein.«
Allart spürte, wie Cassandra zitterte, als sie vor dem König standen, die Hände durch das kostbare Metall verbunden.
Sie hat Angst, dachte er, und das ist nicht verwunderlich. Sie weiß nichts von mir. Ihre Verwandten haben sie an mich verkauft, wie einen Falken oder eine Zuchtstute.
In früheren Zeiten (Allart hatte in Nevarsin einiges über die Reichsgeschichte gelesen) waren Trauungen wie diese undenkbar gewesen. Es wäre Frauen als eine Form von Selbstsucht ausgelegt worden, hätten sie nur einem Mann
Weitere Kostenlose Bücher