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Herrin Der Stürme - 2

Herrin Der Stürme - 2

Titel: Herrin Der Stürme - 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer-Bradley
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die ihn in erotische Träume versetzte, die er vor ihr verbergen mußte. Nein. Keine Frau außer Cassandra spielte in seinem Leben irgendeine Rolle, und sogar bei ihr stand fest, wie beschränkt diese Rolle war. Er wappnete sich gegen jeden Angriff auf diese Schranken und sah Renata mit dem kalten, unpersönlichen, fast feindseligen Blick des Nevarsin-Mönchs an.
Sie gingen nebeneinander her und hörten den flüsternden Klang der weichen Wolkenwellen. Allart war an den Ufern von Hali aufgewachsen und hat diesen Klang sein Leben lang gehört, aber jetzt erschien er ihm durch Renatas Ohren völlig neu.
»Ich werde dieses Klangs nie müde. Er ist dem Wasser gleichsam ähnlich und unähnlich. Ich nehme an, daß niemand in diesem See schwimmen kann?«
»Du würdest sinken. Langsam zwar, das stimmt, aber du würdest sinken. Er wird dich nicht tragen. Aber man kann ihn atmen, also macht es nichts, wenn man sinkt. Als Junge bin ich unzählige Male über den Grund des Sees gegangen, um die merkwürdigen Dinge in ihm zu beobachten.«
»Man kann ihn atmen? Und man ertrinkt nicht?«
»Nein, nein, er besteht überhaupt nicht aus Wasser – ich weiß nicht, was es ist. Wenn man ihn zulange einatmet, fühlt man sich schwach und müde und verliert die Lust, überhaupt noch Luft zu holen. Es besteht dann die Gefahr, daß man ohnmächtig wird und stirbt, weil man das Atmen vergißt. Aber eine kurze Zeitlang ist es anregend. Und es gibt merkwürdige Lebewesen dort. Ich weiß nicht, ob ich sie Fische oder Vögel nennen soll und könnte auch nicht sagen, ob sie in der Wolke schwimmen oder durch sie fliegen, aber sie sind sehr schön. Man sagt gewöhnlich, daß es ein langes Leben gibt, die Wolke des Sees zu atmen, und daß die Hasturs deshalb so langlebig sind. Man sagt auch, daß Hastur, der Sohn des Herrn des Lichts, denen, die dort wohnten, als er an die Ufer von Hali fiel, Unsterblichkeit gab, und wir Hasturs diese Gabe wegen unseres sündigen Lebens verloren. Aber das sind alles Märchen.«
»Glaubst du das, weil du ein Cristofero bist?«
»Das glaube ich, weil ich ein Mensch der Vernunft bin«, erwiderte Allart lächelnd. »Ich kann mir keinen Gott vorstellen, der sich in die Gesetze der Welt, die er erschaffen hat, einmischt.«
»Aber die Hasturs sind doch wirklich langlebig.«
»In Nevarsin hat man mir gesagt, daß alle vom Blut Hasturs Chieri-Blut in sich haben. Und die Chieri sind nahezu unsterblich.«
Renata seufzte. »Ich habe aber auch gehört, daß sie Emmasca sind, weder Mann noch Frau, und frei von der Gefahr, eins von beiden zu werden. Ich glaube, darum beneide ich sie.«
Allart fiel ein, daß Renata unermüdlich von ihrer eigenen Kraft gab. Aber es gab niemanden, der sich um sie kümmerte, wenn sie selbst erschöpft war.
»Geh jetzt zur Ruhe, Cousine. Was immer du mir sagen willst: Es kann nicht so dringend sein, daß es nicht warten kann, bis du die Mahlzeit und die Ruhe, die du meiner Frau so schnell verordnetest, selbst genossen hast.«
»Ich würde es lieber sagen, solange Cassandra schläft. Einem von euch muß ich es sagen, auch wenn ich weiß, daß es für dich eine Einmischung bedeutet. Aber du bist älter als Cassandra und wirst besser ertragen, was ich sagen muß. Aber genug der Entschuldigung und Vorrede … Du hättest erst nach dem Vollzug deiner Ehe hierherkommen sollen.« Allart öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber sie bedeutete ihm mit einer Handbewegung zu schweigen. »Denk daran, ich habe dich gewarnt, daß du es als Einmischung in deine Privatsphäre einschätzen würdest. Ich bin im Turm, seit ich vierzehn war und kenne die höfliche Zurückhaltung bei solchen Dingen. Aber ich bin als Überwacherin auch für das Wohlergehen aller verantwortlich. Alles, was störend ist – nein, laß mich ausreden, Allart –, alles, was deine Arbeit beeinträchtigt, zerbricht auch uns. Du warst noch keine drei Tage hier, da wußte ich, daß deine Frau noch Jungfrau ist, aber ich habe mich nicht eingeschaltet. Ich dachte, ihr seid vielleicht aus politischen Gründen miteinander verheiratet worden und liebtet euch nicht. Aber jetzt, nach einem halben Jahr, ist offenkundig, wie verliebt ihr seid. Die Spannung zwischen euch zersplittert uns und macht Cassandra krank. Sie ist so angespannt, daß sie nicht einmal den Zustand ihrer Nerven und ihres Körpers überwachen kann, und dazu sollte sie jetzt eigentlich in der Lage sein. Ich kann ein wenig für sie tun, wenn du im Kreis bist, aber nicht die ganze Zeit über.

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