Herrin Der Stürme - 2
Übung hast, Cassandra, wirst du es selbst spüren und kannst uns sagen, wenn du dich nicht wohl genug fühlst, um einem Kreis anzugehören. In dieser Zeit – und ich hatte gedacht, du weißt das – verläßt die psychische Energie deinen Körper mit dem Blut, und du benötigst all deine Kraft für dich selbst. Geh jetzt zu Bett und ruhe dich ein oder zwei Tage aus. Mit Sicherheit darfst du nicht wieder im Kreis arbeiten oder irgendeine Arbeit tun, die soviel Anstrengung und Konzentration erfordert.«
Besorgt trat Allart zu ihnen. »Bist du krank, Cassandra?«
Renata antwortete: »Überarbeitet, das ist alles. Sie braucht Essen und Ruhe.« Mira brachte etwas von den Speisen- und Weinvorräten, die in einem Schrank aufbewahrt wurden, damit der Kreis sich sofort von den enormen Energieverlusten seiner Arbeit erholen konnte. Renata suchte aus den Vorräten einen langen Riegel honigverklebter, gepreßter Nüsse heraus. Sie steckte ihn Cassandra in die Hand, aber die dunkelhaarige Frau schüttelte den Kopf.
»Ich mag keine Süßigkeiten. Ich warte auf ein richtiges Frühstück.« »Iß das«, sagte Renata mit Befehlsstimme. »Du brauchst die Kraft.« Cassandra brach ein Stück der klebrigen Süßspeise ab, steckte es in den Mund, verzog das Gesicht zu einer Grimasse, kaute es aber gehorsam weiter. Arielle gesellte sich zu ihnen, legte das Instrument weg und nahm eine Handvoll getrockneter Früchte, die sie gierig in den Mund steckte. Als sie wieder deutlich sprechen konnte, sagte sie: »Das letzte Dutzend der Batterien ist nicht aufgeladen, und die letzten drei, bei denen wir aufhörten, haben keine volle Kapazität.«
»Wie ärgerlich!« Coryn blickte Cassandra an.
»Laß sie in Ruhe!« beharrte Renata. »Wir haben uns alle wie Anfänger verhalten!«
Coryn schenkte sich etwas Wein ein und nahm einen Schluck. »Es tut mir leid«, sagte er schließlich und lächelte Cassandra an. Seine gute Laune kehrte zurück.
Arielle wischte ihre von den honiggetränkten Früchten klebenden Finger ab. »Falls es eine ermüdendere Arbeit zwischen Dalereuth und den Hellers gibt, als Batterien aufzuladen, kann ich mir sie nicht vorstellen.« »Besser das, als Metall fördern«, sagte Coryn. »Immer wenn ich mit Metall arbeite, bin ich einen halben Mond erschöpft. Ich bin froh, daß es dieses Jahr keine Arbeit mehr zu tun gibt. Jedesmal, wenn wir zum Fördern in die Erde gehen und ich ins Bewußtsein zurückkehre, fühle ich mich, als hätte ich jedes Gramm mit meinen eigenen Händen hochgeholt.«
Allart, durch die Jahre mühseligen körperlichen und geistigen Trainings in Nevarsin abgehärtet, war weniger erschöpft als die anderen, aber seine Muskeln schmerzten vor Spannung und der langen Bewegungslosigkeit. Cassandra brach noch ein Stück des klebrigen Honig-NußNaschwerks ab und zog, als sie es in den Mund steckte, eine weitere Grimasse. Sie standen noch immer in enger Verbindung, und er spürte ihren Widerwillen vor dem übersüßen Stoff, als äße er ihn selbst. »Iß es nicht, wenn du es nicht magst. Sicher steht auf den Regalen etwas, das dir besser schmeckt«, sagte er und ging hinüber, um sie zu durchstöbern.
Cassandra zuckte die Schultern. »Renata meint, das würde mich eher als alles andere wiederherstellen. Mir macht es nichts aus.«
Allart nahm sich ein Stück. Barak, der an einem Kelch Wein genippt hatte, stellte ihn ab und kam zu ihnen hinüber.
»Bist du erholt, Cousine? Die Arbeit ist in der Tat ermüdend, wenn sie einem neu ist, und hier gibt es keine passenden Stärkungsmittel.« Er lachte laut. »Vielleicht solltest du einen Löffel Kireseth-Honig nehmen. Es ist das beste Stärkungsmittel nach erschöpfender Arbeit, und besonders du solltest…» Unvermittelt hustete er und wandte sich ab, wobei er vorgab, sich am letzten Schluck aus seinem Glas verschluckt zu haben. Dennoch vernahm jeder seine Gedanken, als hätte er sie laut ausgesprochen. Besonders du solltest solche Stärkungsmittel nehmen, weil du erst seit kurzem verheiratet bist und sie um so nötiger brauchst… Noch ehe die Worte seiner Zunge entschlüpfen konnten, war Barak eingefallen, was alle kannten, die in enger telepathischer Verbindung mit Allart und Cassandra standen: den tatsächlichen Stand der Beziehungen zwischen den beiden.
Er konnte den geschmacklosen Scherz nur abschwächen, indem er sich abwandte und so tat, als seien die Worte ebenso ungedacht wie ungesagt. In der Matrixkammer herrschte momentan Schweigen, dann fingen alle an, sehr laut
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